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Putin bietet Westen nach triumphaler Wiederwahl die Stirn

Moskau (dpa) - Nach seiner triumphalen Wiederwahl hat der russische Präsident Wladimir Putin dem Westen im Konflikt wegen des Giftanschlags auf einen Ex-Agenten die Stirn geboten.

Putin nach Wahl
Wladimir Putin hatte bei der Präsidentenwahl seine sieben Konkurrenten vernichtend geschlagen und steuert mit drei Vierteln aller Stimmen auf das beste Wahlergebnis seiner Karriere zu. Foto: Sergei Chirikov/POOL EPA/AP
Wladimir Putin hatte bei der Präsidentenwahl seine sieben Konkurrenten vernichtend geschlagen und steuert mit drei Vierteln aller Stimmen auf das beste Wahlergebnis seiner Karriere zu. Foto: Sergei Chirikov/POOL EPA/AP

Der Vorwurf, Russland sei in den Anschlag mit Nervengift auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal verwickelt, sei Unsinn, sagte Putin am späten Sonntagabend in Moskau. »Russland hat dieses Mittel nicht, wir haben alle unsere chemischen Waffen unter Kontrolle internationaler Beobachter vernichtet.«

Putin hatte bei der Präsidentenwahl seine sieben Konkurrenten vernichtend geschlagen und steuert mit drei Vierteln aller Stimmen auf das beste Wahlergebnis seiner Karriere zu. Allerdings war von vornherein keinem seiner Mitbewerber eine Siegeschance eingeräumt worden. Der heftige Streit mit London über den Fall Skripal dürfte Putin weitere Wähler zugetrieben haben. Sein Wahlkampfsprecher Andrej Kondraschow bedankte sich ironisch für die Schützenhilfe aus London: »Immer wenn Russland laut und ohne Beweise beschuldigt wird, was macht das russische Volk? Es schließt sich um das Zentrum der Macht zusammen.«

Großbritannien geht davon aus, dass Skripal und seine Tochter Yulia mit dem in der Sowjetunion entwickelten Nervengift Nowitschok vergiftet wurden, und vermutet daher eine Verstrickung Russlands. Putin sagte am Sonntag, er habe aus den Medien von dem Fall erfahren. »Als erstes habe ich gedacht: Wenn das ein militärischer Kampfstoff war, dann wären die Leute auf der Stelle tot gewesen.«

Putin bekräftigte, Moskau sei zur Zusammenarbeit bei der Aufklärung des Falls bereit. Großbritannien warf er vor, nicht an Kooperation interessiert zu sein. In dem Streit hatten beide Seiten Diplomaten ausgewiesen. Deutschland, Frankreich und die USA hatten in seltener Geschlossenheit Großbritannien den Rücken gestärkt.

Der Fall ist nur die jüngste Eskalation in den schärfsten Spannungen zwischen Russland und dem Westen seit dem Kalten Krieg. Durch seine klare Wiederwahl geht Putin gestärkt in den Konflikt mit dem Westen.

Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, geht davon aus, dass Putin aus dem Wahlergebnis Kraft schöpfen wird. Er werde weiterhin versuchen, Russland als eine Ordnungsmacht in einem multipolaren Weltsystem zu etablieren, sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend im ZDF-»heute journal«. Es sei wichtig, dass die EU in der Lages sei, »eine aktive Politik mit Russland zu führen«. Auf die Frage, ob Europa in seiner derzeitigen Verfasstheit Putin gewachsen sei, sagte Erler: »Europa muss zulegen, das ist ganz klar.« Das Entscheidende sei die Einigkeit.

Der Unions-Außenpolitiker Johann David Wadephul rief Putin nach dessen Wiederwahl auf, seine neue Amtszeit zur Verbesserung der Beziehungen zum Westen zu nutzen. »Dazu müssen insbesondere die fortgesetzten Verstöße gegen internationale Regeln beendet werden«, sagte der Vizevorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die AfD-Chefs Jörg Meuthen und Alexander Gauland wünschten Putin »viel Erfolg und politische Umsicht« in der neuen Amtszeit und versicherten, die AfD werde alles daran setzen, dass die Sanktionen gegen Russland abgebaut würden.

Bei der Wahl kam Putin nach Auszählung von über 95 Prozent der Stimmenzettel nach Angaben der Wahlkommission vom Montagmorgen auf 76,5 Prozent der Stimmen. Erstmals durfte auch die 2014 annektierte ukrainische Krim an der Präsidentenwahl teilnehmen. Auf der Halbinsel wurde ein noch deutlicheres Ergebnis erwartet als im nationalen Durchschnitt. Das Endergebnis wird im Laufe des Montags erwartet.

Putins offizielle Amtseinführung ist für Mai angesetzt. Im Anschluss werde es Veränderungen in der Regierung geben, kündigte er an. Details nannte er nicht.

Der Auftritt Putins bei der Siegesfeier seiner Anhänger fiel weniger emotional aus als 2012. Damals hatte Putin auf der Bühne Tränen vergossen. Diesmal dankte er für das Vertrauen in ihn, animierte Tausende Fans zu »Russland«-Rufen und ging nach gut drei Minuten.

Bei der Wahl hatte der Kommunist Pawel Grudinin mit rund zwölf Prozent den zweiten Platz belegt. Dritter wurde der Rechtspopulist Wladimir Schirinowski mit knapp sechs Prozent. Für die liberale Fernsehjournalistin Xenia Sobtschak wurden zunächst nur etwa 1,6 Prozent gezählt, alle anderen erhielten noch weniger. Der Oppositionelle Alexej Nawalny durfte wegen einer Bewährungsstrafe nicht antreten und hatte zum Wahlboykott aufgerufen. Wenige Stunden vor Schließung der Wahllokale hatte die Wahlbeteiligung bei knapp 60 Prozent gelegen und damit höher als 2012 zur selben Zeit.

Oppositionsnahe russische Wahlbeobachter berichteten von Hunderten Manipulationsversuchen wie Mehrfachabstimmung. Mit Spannung wird die Bewertung der Wahl durch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Montagnachmittag erwartet. Die OSZE hatte rund 600 Beobachter im Einsatz.

Putin, Ex-Agent des sowjetischen Geheimdienstes KGB, führt Russland seit 18 Jahren. Von 2008 bis 2012 war er Regierungschef. Seine Wiederwahl 2012 mit 63,6 Prozent war von Massenprotesten begleitet worden. Dieses Mal zeichneten sich zunächst keine Demonstrationen ab.

Webseite Wahlkommission

Bereits zum vierten Mal tritt Wladimir Putin bei der Präsidentenwahl in Russland an. Seine bisherigen Ergebnisse und die Wahlbeteiligung:

2000: Rund 52,9 Prozent der Wähler stimmen für Putin. Die Wahlbeteiligung liegt offiziell bei 68,7 Prozent.

2004: Mit 71,3 Prozent wird Putin im Amt bestätigt. 64,4 Prozent der wahlberechtigten Russen stimmen ab.

2012: Nach vier Jahren als Regierungschef (2008-2012) wird Putin mit 63,6 Prozent wieder ins Präsidentenamt gewählt. Offiziell geben 65,3 Prozent der Wähler ihre Stimme ab.