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Prozess 31 Jahre nach Anschlag auf Asylbewerberheim

Heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen sei die Tat geschehen, so lautet die Anklage gegen einen heute 51-Jährigen. Der Deutsche soll 1991 ein Asylbewerberheim in Brand gesteckt haben. Dabei starb ein Mann.

Koblenz
Demonstranten stehen vor dem Prozessbeginn am Eingang des Oberlandesgerichts. Foto: Thomas Frey
Demonstranten stehen vor dem Prozessbeginn am Eingang des Oberlandesgerichts.
Foto: Thomas Frey

31 Jahre nach einem Brandanschlag auf ein saarländisches Asylbewerberheim hat am Mittwoch in Koblenz ein Mordprozess begonnen. Der 27-jährige Asylbewerber Samuel Yeboah aus dem westafrikanischen Ghana war 1991 infolge der Flammen gestorben. Die Bundesanwaltschaft wirft dem 51-jährigen Angeklagten in dem Prozess vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz vor, das Feuer aus rassistischer Gesinnung gelegt zu haben.

Der Deutsche sitzt seit April 2022 in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft hat Anklage unter anderem wegen Mordes und versuchten Mordes in 20 Fällen erhoben. Die Tat sei heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen geschehen. Der Angeklagte bestreitet laut seinem Anwalt Guido Britz die Vorwürfe. »Das Ziel der Verteidigung ist ein Freispruch«, sagte der Jurist am Rande des Prozesses. Es gebe bis heute Anhaltspunkte, die auf andere Menschen als Täter hindeuteten.

Der Angeklagte soll laut Staatsanwältin Sophie Gößl in der allgemeinen »Pogromstimmung« mit rechtsextremistischen Ausschreitungen Anfang der neunziger Jahre nachts Benzin auf die Holztreppe des Asylbewerberheims in Saarlouis gegossen und angezündet haben. Der damals 20-jährige Angeklagte sei von »tiefer Menschenverachtung« getrieben worden. Das Feuer breitete sich in der Nacht zum 19. September 1991 rasch aus. Im Dachgeschoss erlitt Samuel Yeboah schwerste Verbrennungen und eine Rauchgasvergiftung. Er starb noch am selben Tag. Zwei andere Hausbewohner sprangen laut Gößl aus einem Fenster und brachen sich Knochen. 18 weitere Bewohner hätten unverletzt fliehen können.

Die Bundesanwaltschaft nahm den Fall im April 2020 neu unter die Lupe. Eine Sprecherin des OLG Koblenz erklärte: »Eine Zeugenaussage hat zu neuen Ermittlungen geführt.« Die ursprünglichen Ermittlungen der saarländischen Justiz waren schon lange eingestellt worden. Die Saar-Polizei entschuldigte sich für »Defizite in der damaligen Polizeiarbeit«. Die Zuständigkeit des OLG Koblenz in Rheinland-Pfalz ergibt sich aufgrund eines Staatsvertrages mit dem Saarland.

© dpa-infocom, dpa:221116-99-541880/4