Logo
Aktuell Ausland

Proteste auf den Philippinen - »Marcos Jr. hat keinen Plan«

Die berüchtigte Marcos-Dynastie hat sich Jahrzehnte darauf vorbereitet, wieder an die Macht zu kommen. Dies ist nun geglückt - auch dank gigantischer Wahlversprechen. Aber es gibt bereits Proteste.

Präsidentschaftswahl
Ein Demonstrant protestiert gegen das Wahlergebnis auf den Philippinen. Foto: Aaron Favila
Ein Demonstrant protestiert gegen das Wahlergebnis auf den Philippinen.
Foto: Aaron Favila

Auf den Philippinen hat der wahrscheinliche Wahlsieg von Diktatorensohn Ferdinand »Bongbong« Marcos Jr. Wut und Proteste ausgelöst.

Bei der Abstimmung am Montag bekam der 64-Jährige nach einer inoffiziellen Auszählung mehr als doppelt so viele Stimmen wie seine schärfste Rivalin, die Oppositionsführerin Leni Robredo. Hunderte Menschen gingen am Dienstag vor dem Gebäude der Wahlkommission auf die Straße und warfen der Behörde Wahlbetrug vor. Bei der Abstimmung hatten Berichten zufolge Tausende Bürger wegen defekter Stimmenzählmaschinen nicht wählen konnten.

Das offizielle Wahlergebnis wird der Kongress voraussichtlich erst in einigen Wochen bekanntgeben. Aber der Sieg von Marcos Jr. gilt als sicher. Seine Gegner sind bestürzt, dass die berüchtigte Familie 36 Jahre nach ihrer Vertreibung aus dem Inselstaat bald wieder in den Malacañang-Palast in der Hauptstadt Manila einziehen darf.

Hinzu kommt: Den Berechnungen zufolge wird Sara Duterte-Carpio Vize-Präsidentin. Sie ist die Tochter des scheidenden Präsidenten Rodrigo Duterte, der wegen seines harten Kampfes gegen Drogenkriminalität international am Pranger steht. Unter seiner Führung sollen in den vergangenen sechs Jahren Tausende Menschen von Todeskommandos ermordet worden sein.

»Bongbong« und Duterte-Carpio kandidierten als Duo, ihre einflussreichen Familien gelten als eng verbandelt. »Die beiden repräsentieren die schlimmste Art traditioneller Politik und Regierungsführung in der Geschichte unserer Nation«, teilte die Menschenrechtsgruppe Karapatan mit. »Wir fordern daher das philippinische Volk auf, das notorische Tandem entschieden abzulehnen und sich gegen eine mögliche weitere Unterdrückung und Verletzung der Bürgerrechte zu stellen.«

Wahlkampf mit TikTok und Youtube

Unter Ferdinand Marcos (1917-1989) und der schuhverliebten früheren First Lady Imelda (92) waren Morde, Folter und Kleptokratie an der Tagesordnung. Die Familie soll auch Milliarden aus der Staatskasse abgezweigt haben.

»Bongbong« Marcos hatte in seinem Wahlkampf das Regime seines Vaters aber zu einem »goldenen Zeitalter« des Wohlstands verklärt. Kritiker sprachen von einer »Desinformationskampagne«, die er vor allem über soziale Netzwerke wie TikTok und Youtube führte, wo er Millionen Follower hat. Damit konnte er vor allem junge Wähler gewinnen, die keine Erinnerung an die Zeit des Kriegsrechts haben.

Politische Beobachter halten Marcos Jr. aber für weniger repressiv. »Er ist irgendwie entspannt. Ich glaube nicht, dass er autoritär ist«, sagte der Analyst Tony La Vina der Deutschen Presse-Agentur. »Ich denke, Marcos Jr. will gefallen, er will keinen Ärger und wird Schwierigkeiten vermeiden.« Das bedeute aber auch, dass er möglicherweise keine schwierigen Entscheidungen treffen wolle.

Politikwissenschaftler: »Es gibt keinen Plan«

Andere glauben, dass »BBM« (wie sich Marcos selber nennt) keinen Plan hat, wie er seine ambitionierten Wahlversprechen einlösen soll. »Billiger Reis, billiges Benzin, Arbeitsplätze, Infrastruktur, Frieden und Ordnung - wie will er das machen?«, fragte der Politikwissenschaftler Aries Arugay. Einziges Ziel der Kampagne sei es gewesen, mittels »gigantischer Versprechen« den Sieg davonzutragen. »Aber es gibt keinen Plan. Es scheint, dass sie jetzt nur improvisieren können.«

Auf den Philippinen mit 110 Millionen Einwohnern leben viele in bitterer Armut. Weil frühere Regierungen kaum etwas an der desaströsen Lage geändert haben, kamen die Wahlversprechen gut an. Experten befürchten, dass auch der neue Präsident keinen Wandel bringen wird.

Amnesty International forderte am Dienstag, dass die neue Regierung speziell mit Blick auf die Menschenrechte aber »eine dramatische Kurskorrektur vornehmen und sich von den letzten sechs Jahren unter Rodrigo Duterte lösen sollte«. Die Organisation zeigte sich aber pessimistisch, dass dies geschehen werde.

Das Marcos-Regime wurde 1986 gestürzt und musste nach Hawaii fliehen. Nach dem Tod von Ferdinand Marcos kehrte die Familie schon fünf Jahre später auf die Philippinen zurück. Viele Mitglieder - darunter Mutter Imelda und Marcos Jr. - haben seither immer wieder politische Ämter bekleidet. Experten sagen, die Familie habe sich in all der Zeit nur darauf vorbereitet, wieder an die Macht zu kommen.

Wahlkommission

Mitteilung Amnesty International

© dpa-infocom, dpa:220510-99-226062/5