Der Kongress der Kommunistischen Partei Chinas hat Xi Jinping den Weg für eine historische dritte Amtszeit als Parteichef geebnet. Zum Abschluss des nur alle fünf Jahre stattfindenden Parteitages am Samstag in Peking verankerten die rund 2300 Delegierten seine Ideologie und dauerhafte Führungsrolle tief in der Parteiverfassung. In einem Personalwechsel im Zentralkomitee traten Regierungschef Li Keqiang und Parlamentschef Li Zhanshu den Rückzug an. Mit dem mächtigen Ständigen Ausschuss wird Xi Jinping am Sonntag seine neue Führungsmannschaft mit möglichen Nachfolgern vorstellen.
Der 67-jährige Premier Li Keqiang hatte bereits angekündigt, bei der Regierungsneubildung auf der Jahrestagung des Volkskongresses im März abtreten zu wollen. Es war aber spekuliert worden, dass er vielleicht noch Parlamentschef werden könnte. Zum neuen Regierungschef könnte Vizepremier Hu Chunhua aufrücken. Der 59-Jährige müsste dann auch in den Ständigen Ausschuss des Politbüros aufsteigen. Auch wurde Shanghais Parteichef Li Qiang (63) genannt. Ihm wird aber das Chaos beim Covid-Lockdown in der Hafenstadt angelastet.
Im bisher siebenköpfigen Ständigen Ausschuss werden vier Mitglieder ausscheiden, weil sie aus Altersgründen nicht mehr dem neuen Zentralkomitee angehören. Der Chefideologe Wang Huning (67) und der Chef der mächtigen Disziplinkommission, Zhao Leji (65), dürften weiter dem inneren Zirkel angehören. Es wurde damit gerechnet, dass Xi Jinping vor allem Gefolgsleute wie seinen Stabschef Ding Xuexiang (60) in das Machtgremium berufen dürfte.
Zwischenfall um früheren Staatschef Hu Jintao
Die sorgfältig orchestrierte, einwöchige Sitzung wurde am Ende von einem Zwischenfall um den früheren Staats- und Parteichef Hu Jintao überschattet. Der gebrechlich wirkende 79-Jährige wurde kurz vor den Verfassungsänderungen von zwei Saalordnern offensichtlich gegen seine Willen von seinem Platz neben Xi Jinping vom Podium in der Großen Halle des Volkes geführt. Hu Jintao gilt nicht unbedingt als Unterstützer des Parteichefs und dessen Alleinherrschaft.
Die Delegierten sprachen sich für die Aufnahme mehrerer theoretischer Konzepte in die Verfassung auf. Darunter sind die »Zwei Etablierungen« (Liang ge queli), mit denen die Machtposition von Xi Jinping als Kern der Partei und die »Ideen Xi Jinpings für den Sozialismus chinesischer Prägung in einer neuen Ära« als Leitlinie festgeschrieben werden. Auch wurden andere Losungen ergänzt, die Loyalität, Integrität, Unterstützung der Führung und ein Einhalten der Parteilinie von den 96 Millionen Parteimitgliedern fordern.
»Die wichtigste politische Neuerung dieses Parteitags ist nicht auf dem Papier zu finden: Anstatt nach zwei Amtszeiten als Generalsekretär für einen jüngeren Nachfolger Platz zu machen, stellt sich Xi Jinping als sein eigener Nachfolger auf«, sagte Katja Drinhausen vom China-Institut Merics in Berlin. In seinem ersten Jahrzehnt im Amt habe Xi Jinping »große Ambitionen« für China und die Kommunistische Partei formuliert. »Er hat diese nun untermauert und den Weg dafür bereitet, sie Wirklichkeit werden zu lassen.«
Zentralkomitee soll Xis dritte Amtszeit bestätigen
Das neu besetzte Zentralkomitee soll am Sonntag zu seiner ersten Plenarsitzung zusammenkommen, um die Umbildung des Politbüros und seines mächtigen Ständigen Ausschusses zu bestätigen. Dabei soll Xi Jinping als Generalsekretär und Chef der Militärkommission für eine ungewöhnliche dritte Amtszeit bestätigt werden. »Er könnte feststellen, dass seine dritte Amtszeit an der Macht die bisher schwerste ist«, sagte Richard McGregor vom australischen Lowy-Institut. Ein potenzieller Nachfolger ist nicht in Sicht.
Was hinter dem Vorfall mit Ex-Präsident Hu Jintao steckte, blieb unklar. Er zählt zum Lager der kommunistischen Jugendliga in der Partei, das von Xi Jinping geschwächt worden war. Hu Jintao hatte das Amt des Generalsekretärs nach zwei Amtszeiten 2012 an Xi Jinping übergeben. Er steht für das alte »kollektive« Führungsmodell mit Vertretern verschiedener Fraktionen und mit Altersbegrenzungen. Damit sollte verhindert werden, dass kein Führer wieder so mächtig wird wie der Revolutionär Mao Tsetung, der das Land ins Chaos gestürzt hatte. Geschichte sollte sich nicht wiederholen können.
Doch habe Xi Jinping diese Institutionalisierung abgeschafft und ein personalisiertes System geschaffen, indem ihm kein anderer zu nahe kommen könne, stellte der bekannte US-Politikwissenschaftler Francis Fukuyama in »The Atlantic« fest. »Die Konzentration der Autorität durch eine Person hat zu schlechten Entscheidungsprozessen geführt.«
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