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Papst versetzt Gänswein ohne Ämter nach Freiburg

Georg Gänswein war lange an der Seite von Papst Benedikt - und fast drei Jahrzehnte in Rom. Nun muss er in seine Heimat zurück, nach Freiburg. Dort erhält er erst einmal kein wichtiges Amt.

Georg Gänswein
Kehrt zum Heimatbistum Freiburg zurück: Georg Gänswein. Foto: Peter Kneffel
Kehrt zum Heimatbistum Freiburg zurück: Georg Gänswein.
Foto: Peter Kneffel

Der einstige Privatsekretär von Papst Benedikt XVI., Georg Gänswein, muss nach fast drei Jahrzehnten den Vatikan verlassen. Auf Anordnung des heutigen Papstes Franziskus kehrt der 66 Jahre alte Deutsche zum 1. Juli in sein Heimatbistum Freiburg zurück, wie der Heilige Stuhl in Rom bekanntgab. Ein neues wichtiges Amt bekommt der langjährige Vertraute des vor einem halben Jahr gestorbenen früheren Papstes zunächst allerdings nicht.

Der Heilige Stuhl teilte nun mit, dass Gänswein schon seit 28. Februar offiziell nicht mehr Präfekt des päpstlichen Hauses sei. Diesen Top-Posten nahe am Pontifex hatte der Erzbischof seit Ende 2012 inne. Vor rund drei Jahren wurde er aber von Franziskus bereits dauerhaft beurlaubt. Nachfolger dürfte der Italiener Leonardo Sapienza werden, der Gänsweins Aufgaben - etwa die Organisation von Audienzen und nicht-liturgischen Feiern - bereits übernommen hat.

Gänswein muss nun auch seine erst vor Kurzem bezogene Dienstwohnung neben dem Petersdom räumen. Das Erzbistum Freiburg teilte mit, dass seine möglichen neuen Aufgaben »künftigen Überlegungen« vorbehalten seien. In der ersten Juli-Woche sei der Umzug geplant. Danach werde Gänswein in Freiburg wohnen, in der Nähe seines Geburtsorts Riedern am Wald im Schwarzwald.

Seit 2003 Assistent von Joseph Ratzinger

In Freiburg hatte Gänswein Theologie studiert. Dort wurde er 1984 auch zum Priester geweiht. Mit rund 1,8 Millionen Katholiken gehört das Erzbistum zu den größten der 27 Diözesen in Deutschland. Geführt wird es von Erzbischof Stephan Burger (61) - der nun mit der ungewöhnlichen Situation konfrontiert sein wird, einen zweiten Erzbischof bei sich im Sprengel zu haben. In Rom hatte Gänswein unter Franziskus keine Zukunft mehr, das schien seit Monaten klar. Anfang Juni berichtete die Tageszeitung »Welt« bereits über seine Heimkehr.

Der Geistliche war 1995 in den Vatikan gerufen worden, wo er ein Jahr später innerhalb der Kurie in die Glaubenskongregation kam. Dort war Joseph Ratzinger Präfekt und machte Gänswein 2003 zu seinem Assistenten. Nach der Wahl des bayerischen Kardinals zum Papst folgte ihm Gänswein in den Apostolischen Palast und wurde Privatsekretär. Auf Anweisung von Nachfolger Franziskus kümmerte sich Gänswein um den emeritierten Pontifex bis zu dessen Tod am Silvestertag 2022.

Gänswein sorgte mit Buch für Empörung im Vatikan

Das Verhältnis zwischen dem heutigen Papst und Gänswein gilt seit vielen Jahren als belastet, weil sich Benedikt nach seinem Rücktritt häufig in kirchenpolitischen Fragen zu Wort meldete und den Kurs des Nachfolgers kritisierte. Dahinter vermuteten Beobachter den Einfluss Gänsweins, was dieser zurückwies. Für Unverständnis und Empörung sorgte im Vatikan, dass der Deutsche kurz nach Benedikts Tod ein Buch über ihn herausbrachte und es offensiv etwa in Interviews bewarb.

In dem Buch zitierte er auch aus privaten Konversationen mit Franziskus und äußerte seine Enttäuschung über einige Entscheidungen des Argentiniers. Dieser wiederum tat mit subtilen Bemerkungen sein Missfallen kund. Nach Benedikts Beerdigung trafen sich Franziskus und Gänswein zu drei offiziellen Audienzen. Es gab Spekulationen über Versetzungen etwa als Nuntius - also vatikanischer Botschafter - nach Costa Rica oder als Erzbischof nach Bamberg. Diese Szenarien waren aber extrem unwahrscheinlich. Gänswein selbst äußerte sich noch nicht zur Versetzung.

© dpa-infocom, dpa:230615-99-64400/4