Russland hat Äußerungen von UN-Generalsekretär António Guterres zur Lage in der umkämpften Ostukraine scharf kritisiert.
»Zu unserem großen Bedauern hat der UN-Generalsekretär (...) sich dem Druck des Westens gebeugt und neulich mehrere Erklärungen zu den Vorgängen in der Ostukraine abgegeben, die seinem Status und seinen Vollmachten laut UN-Charta nicht entsprechen«, sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch.
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen habe die Neutralität zu wahren und sei »immer verpflichtet, für einen direkten Dialog zwischen den Konflikt-Staaten einzutreten«, sagte Lawrow.
Guterres hatte Russland am Dienstag für die Eskalation im Ukraine-Konflikt verurteilt und die Einhaltung des Völkerrechts gefordert. »Wenn Truppen eines Landes ohne dessen Zustimmung das Hoheitsgebiet eines anderen Landes betreten, sind diese keine unparteiischen Friedenswächter, sie sind überhaupt keine Friedenswächter«, sagte Guterres in New York in einer selten offenen Kritik an einer UN-Vetomacht.
Putin wirft Westen Ignoranz russischer Interessen vor
Russlands Präsident Wladimir Putin warf dem Westen unterdessen Ignoranz gegenüber russischen Sicherheitsinteressen vor. »Unser Land ist immer offen für einen direkten und offenen Dialog, für eine Suche nach diplomatischen Lösungen für die schwierigsten Probleme«, sagte Putin in einer Videobotschaft zum Tag des Vaterlandsverteidigers.
»Aber ich wiederhole: Die Interessen Russlands und die Sicherheit unserer Bürger sind für uns bedingungslos«, betonte er anlässlich des Feiertags, an dem Russland und andere ehemals sowjetische Staaten ihre Streitkräfte ehren. »Heute bleibt die Sicherung der Verteidigungsfähigkeit unseres Landes die wichtigste staatliche Aufgabe.«
Die Aufrufe Moskaus nach Garantien dafür, dass die Sicherheit eines Landes nicht auf Kosten eines anderen geht, seien bislang unbeantwortet geblieben, kritisierte Putin. Russland fordert unter anderem ein Ende der Nato-Osterweiterung und insbesondere einen Verzicht auf die Aufnahme des Nachbarlands Ukraine in das Militärbündnis.
Ukraine-Einsatz: Russisches Oberhaus stimmt zu
Am Montag hatte das Oberhaus des russischen Parlaments einem Truppeneinsatz in der Ostukraine zugestimmt. Der Föderationsrat votierte einstimmig für eine entsprechende Anordnung von Präsident Putin.
Der Kremlchef bestimme die Zahl der Soldaten und die Dauer der Stationierung »im Ausland«, hieß es. Zuvor hatte sich Putin an den Föderationsrat mit einem Antrag gewandt, »über den Einsatz russischer Streitkräfte außerhalb des Gebietes der Russischen Föderation« zu beraten, wie die Vorsitzende Valentina Matwijenko sagte.
Mit Blick auf die nun von Moskau anerkannten »Volksrepubliken« Donezk und Luhansk sagte Russlands Vize-Verteidigungsminister Nikolai Pankow während der Sitzung: »Wir müssen die Bürger dieser jungen Staaten beschützen.« Zudem warf er der Ukraine vor, rund 60.000 Soldaten an der Kontaktlinie zu den Separatistengebieten zusammengezogen zu haben.
Das Unterhaus des Parlaments, die Staatsduma, hatte zuvor die Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine als unabhängige Staaten ratifiziert. Russland nimmt zudem diplomatische Beziehungen mit den Regionen auf.
Territorialanspruch der Separatisten
Dabei erkennt Putin die Separatistenregionen in ihren deutlich größeren ursprünglichen ukrainischen Grenzen an. Das bedeutet, dass der Territorialanspruch der Separatisten, die bislang nur etwa 32 Prozent der Gebiete kontrollieren, deutlich über ihr bisher verwaltetes Gebiet hinausgeht. Das birgt die Gefahr neuer Kämpfe mit den ukrainischen Regierungstruppen, die den übrigen Teil kontrollieren.
Bei einer Pressekonferenz erklärte Putin auch den Minsker Friedensplan für die Ostukraine für erledigt. Die Vereinbarungen hätten sich mit der Anerkennung der souveränen Staaten erübrigt. Er sagte auch, die Ukraine-Krise könne gelöst werden, wenn das Nachbarland entmilitarisiert werde und nicht der Nato beitrete. Die Ukraine besteht auf Aufnahme in dem westlichen Bündnis, weil sie sich von Russland bedroht sieht. Die Nato betont das Prinzip der freien Bündniswahl der Länder.
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