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Orban siegt bei Wahl in Ungarn mit Rekord-Mehrheit

Das Ausmaß seines Sieges kam selbst für Orban überraschend. Der starke Mann Ungarns sieht sich in seiner Politik bestätigt. Im Umgang mit der EU könnte das neue Konflikte bedeuten.

Parlamentswahl in Ungarn
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban dankt jubelnden Anhängern während einer Wahlparty in Budapest. Foto: Petr David Josek
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban dankt jubelnden Anhängern während einer Wahlparty in Budapest.
Foto: Petr David Josek

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat mit seiner rechtsnationalen Fidesz-Partei die Wahl am Sonntag deutlicher gewonnen als erwartet.

Die Regierungspartei kam auf 53 Prozent der Stimmen und 135 der 199 Parlamentsmandate, wie das ungarische Wahlbüro am Montagmorgen nach Auszählung von 99 Prozent der Voten mitteilte. Es ist der überragendste Wahlsieg einer politischen Formation in Ungarn seit dem Ende des Kommunismus vor mehr als 30 Jahren.

Der 58-jährige Orban kann folglich das vierte Mal in Folge mit einer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit regieren. Es wird seine fünfte Amtszeit als Regierungschef, nachdem er von 1998 bis 2002 erstmals an der Macht war.

Freundschaftliches Verhältnis mit Putin

Seine Laufbahn hatte er als liberaler Studentenführer und Gegner des Kommunismus begonnen. Nach 1998 wurde er als Schützling des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl dem bürgerlichen Spektrum zugeordnet. Seit 2010 sehen viele in ihm einen Rechtspopulisten. Die Fidesz-Partei wurde vor einem Jahr aus der Europäischen Volkspartei (EVP) gedrängt, der auch CDU und CSU angehören.

Zuletzt entwickelte Orban ein freundschaftliches Verhältnis zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Mit ihm verbinden ihn nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern auch ein Weltbild, das den Westen in einem historischen Niedergang sieht.

Die Opposition, die sich zum bunten Bündnis »Ungarn in Einheit« zusammengeschlossen hat, blieb bei der Wahl mit ihrem konservativen Spitzenkandidaten Peter Marki-Zay hinter den Erwartungen zurück. Die Allianz aus linken, grünen, liberalen und rechten Parteien vereinte 35 Prozent der Stimmen auf sich und errang 56 Mandate.

Rechtsextreme Partei zieht ins Parlament ein

Den Einzug ins Parlament schaffte erstmals die rechtsextreme Partei Unsere Heimat. Sie kam auf sechs Prozent der Stimmen und sieben Mandate. Ein weiterer Parlamentssitz ging an den Vertreter der deutschen Minderheit, der über die Nationalitätenliste gewählt wurde. Er gilt als loyal zur Fidesz-Regierung.

In der Wahlnacht sah sich Orban durch den Wahlausgang in seinem politischen Kurs bestätigt. »Wir haben zu einem Zeitpunkt am meisten gewonnen, als sich jeder gegen uns stemmte«, erklärte er mit siegestrunkener Stimme vor Anhängern in Budapest. Unter die zahlreichen Feinde seiner nationalistischen Politik zählte er »die internationale Linke, Brüssel, die internationalen Medien und den ukrainischen Präsidenten.« Wolodymyr Selenskyj hatte Orban zuletzt aufgefordert, von Kremlchef Putin abzurücken und sich auf die Seite der von Russland angegriffenen Ukraine zu stellen.

Der Wahlausgang lässt weitere Konfrontationen des streitbaren Ungarn mit der EU erwarten. In der Vergangenheit hatte die Union das Donauland unter anderem wegen Missachtung der Rechtsstaatlichkeit und wegen Verstößen gegen das Asylrecht zu sanktionieren getrachtet.

In Stellung gebracht, aber noch nicht aktiviert ist ein neuer Rechtsstaatsmechanismus, der Mitgliedsländern EU-Fördermittel entziehen kann, wenn diese sie missbräuchlich verwenden. Mit Bezug auf Ungarn besteht der Verdacht, dass Orban beträchtliche EU-Mittel in die Taschen von Oligarchen lenkt, die von ihm abhängig sind und im Gegenzug dafür Orbans Medien und Propagandafeldzüge finanzieren.

Putin gratuliert

Einer der ersten Gratulanten war Kreml-Chef Putin. »Ungeachtet der schwierigen internationalen Lage entspricht die Weiterentwicklung der partnerschaftlichen Beziehungen im höchsten Maße den Interessen des russischen und des ungarischen Volkes«, hieß es in einer Mitteilung des Kremls.

Gratulationen kamen auch vom Vize-Fraktionschef der AfD im Bundestag, Norbert Kleinwächter, von der französischen Rechten Marine Le Pen und von dem niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders.

Der Spitzenkandidat der Opposition, Marki-Zay, gestand in der Wahlnacht die Niederlage umgehend ein. Am Montag ließ er es gegenüber dem Nachrichtenportal »telex.hu« offen, ob er sein Parlamentsmandat als Listenführer der Allianz annehmen werde. »Ich werde mich auf Hodmezövasarhely konzentrieren«, sagte er mit Bezug auf die südostungarische Kleinstadt. Dort ist Marki-Zay Bürgermeister.

Zufriedenheit im Land bestätigt Orban

Wahlforscher führten den unerwartet deutlichen Erfolg des Regierungslagers darauf zurück, dass die Mehrheit der Wähler mit den Zuständen im Land zufrieden sei. In der seit zwölf Jahren währenden Regierungszeit Orbans hatten sich die Lebensbedingungen für viele Ungarn verbessert.

Zugleich sei es dem Regierungschef gelungen, die Gemüter angesichts des russischen Kriegs gegen die Ukraine zu beruhigen. Mit seiner Beteuerung, dass nur er »Ungarn aus dem Krieg heraushalten« könne, täuschte er über sein enges Verhältnis zur Führung in Moskau hinweg. Die Sanktionsmaßnahmen der EU gegen Russland trug er halbherzig mit. Die Opposition beschuldigte er wiederum, ohne Beweise vorzulegen, dass sie das Land »in den Krieg hineinziehen« würde.

Orbans Dominanz über die Politik in Ungarn weist Kritikern zufolge autoritäre Züge auf. Unabhängige Zeitungen, Radiosender und Internet-Portale schaltete er aus, meist indem er sie von ihm nahestehenden Oligarchen aufkaufen ließ. Im Wahlkampf war der Opposition im Vergleich zur Fidesz-Werbung gerade mal ein Achtel der Plakatflächen zugeteilt worden. In den öffentlich-rechtlichen Medien wird die Orban-Regierung seit zwölf Jahren kritiklos gelobt, während Oppositionelle entweder ignoriert oder diffamiert werden.

© dpa-infocom, dpa:220404-99-783857/6