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Optimismus im Opernhaus - FDP trainiert Selbstbewusstsein

Regieren kann wehtun - das spürt die FDP in der Ampel und beim Blick auf Umfragewerte. Beim Dreikönigstreffen in Stuttgart üben sich Lindner und Co. in liberaler Selbstvergewisserung.

Dreikönigstreffen
Judith Skudelny, Generalsekretärin der FDP Baden-Württemberg, spricht im Opernhaus beim traditionellen Dreikönigstreffen der FDP. Foto: Bernd Weißbrod
Judith Skudelny, Generalsekretärin der FDP Baden-Württemberg, spricht im Opernhaus beim traditionellen Dreikönigstreffen der FDP.
Foto: Bernd Weißbrod

Das traditionelle Dreikönigstreffen der FDP gibt es seit mehr als 140 Jahren. Es markiert den Startpunkt ins politische Jahr, ist eine Art Tankstelle für liberales Selbstbewusstsein. FDP pur sozusagen. Die vergangenen Jahre blieb das Stuttgarter Opernhaus wegen der Pandemie leer. Nun durften endlich wieder Gäste in die Staatsoper - doch waren nicht nur FDP-Fans darunter: Eine Handvoll Klimaschützer schlich sich am Freitag mit Transparenten (»Besser nicht regieren als falsch«) ins Gebäude, unterbrach die Rede von FDP-Chef Christian Lindner, grölte von den Rängen.

Lindner reagierte bissig. »Um ehrlich zu sein, ich würde es vorziehen, ihr würdet euch festkleben«, rief er den Aktivisten von der Bühne entgegen: »Klebt euch fest, nehmt viel Kleber, denn wenn ihr hier klebt, könnt ihr niemanden sonst behindern.«

Die FDP hat ein wenig Selbstliebe gerade bitte nötig - weil es an Liebe aus der eigenen Wählerschaft mangelt. Die Liberalen hadern mit der Ampel. Von einer kulturellen Fremdheit in einem Bündnis mit zwei linken Parteien ist die Rede in der Partei. Der baden-württembergische Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach zuletzt sogar davon, dass die FDP in der Ampel regelrecht leide.

Streicheleinheiten für die liberale Seele

Der Bundesparteivorsitzende versucht beim Dreikönigstreffen, die liberale Seele zu streicheln - und dennoch die Regierungsarbeit zu verteidigen. »Wir haben das Land gut durch die Krise geführt«, sagt Lindner in der Oper. Die Liberalen würden ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht, um Schaden vom Land abzuwehren. Darauf komme es an, nicht auf vereinzelte Kritik oder Schlagzeilen. Man habe viel erreicht in der Ampel, sagt Lindner - und verteidigt etwa das Bürgergeld, bei dem das Leistungsprinzip nun im Mittelpunkt stehe.

Die FDP sei eben eine Gestaltungspartei, und 2023 werde ein Gestaltungsjahr, so Lindner. Er weiß, dass er ein wichtiges Jahr mit vier Landtagswahlen vor der Brust hat, in Berlin, Bremen, Bayern und Hessen. Man wolle das Land allen Schwierigkeiten zum Trotz voranbringen, sagt er. Und: Es sei eine Illusion zu glauben, mit der Union hätten es die Liberalen einfacher: »Das wäre nur anders.«

»Wir wussten damals schon, wie kompliziert das Ganze werden könnte, wie kommunikationsintensiv diese Koalition werden könnte«, meint auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Aber die FDP habe Verantwortung übernommen, während die Union mit sich selbst beschäftigt gewesen sei. Die FDP habe zudem die besondere Verantwortung, dass das Land nicht von links, sondern aus der Mitte regiert werde.

Sticheleien gegen Kabinettskollegen

Parteichef Lindner wandert in der Oper durch die politischen Ressorts und liefert in seiner Rede Sätze, die auch als Spitzen gegen Kabinettskollegen gelesen werden können. Etwa zur Verteidigung: Finanzmittel reichten da nicht, auch »Strategie, Struktur und Führung« der Bundeswehr bedürften dringend eines Updates. Mit Blick auf die deutsche Außen- und China-Politik warnt er vor »Naivität und einem gesinnungsethischem Überschuss«. Man dürfe sich nicht von China abkoppeln, dafür sei der Markt zu bedeutend für Deutschland.

Lindner warnt vor Protektionismus, fordert Milliarden für die Bildung, eine leichtere Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und ein Technologiefreiheitsgesetz. Die FDP bringt Deutschland wirtschaftlich wieder nach vorn, das ist die Kernbotschaft des Dreikönigstreffens. »Wenn die Koalition aus SPD, Grünen und FDP eine Wiederwahlchance haben will, wird das nur gelingen, wenn sie das Land wieder auf die wirtschaftliche Erfolgsspur zurückführt«, sagt der Parteichef.

Und am Ende wirbt er mit perspektivischen Steuersenkungen. 2023 brauche es eine Zäsur in der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Wenn Mittelständler und Handwerker den Eindruck hätten, die Bundesregierung beschäftige sich nur mit der Verteidigungspolitik, obwohl es ans wirtschaftliche Eingemachte gehe, gäbe es für das Bündnis keine Chance auf eine Wiederwahl, ist Lindner überzeugt. Man müsse über die effektive Gesamtbelastung sprechen. »Sie wissen es noch nicht: Aber SPD und Grüne müssen geradezu ein Eigeninteresse daran haben, dass zumindest die FDP in der Steuerpolitik das Denken nicht eingestellt hat.«

© dpa-infocom, dpa:230106-99-129013/2