Naumburg (dpa) - Das antijüdische Relief an der Wittenberger Stadtkirche in Sachsen-Anhalt muss vorerst nicht entfernt werden. Das Oberlandesgericht Naumburg wies am Dienstag die Berufungsklage eines Mannes gegen die evangelische Stadtkirchengemeinde zurück, die Schmähplastik zu entfernen.
Die als »Judensau« bezeichnete Sandsteinplastik, die im 13. Jahrhundert entstanden ist, sei isoliert betrachtet eine Beleidigung. Jedoch habe sie als Teil eines heutigen Mahnmals mit Erklärtafel an der Kirche keinen beleidigenden Charakter mehr, hieß es in der Urteilsbegründung des Vorsitzenden Richters des 9. Zivilsenats, Volker Buchloh.
Zugleich ließ der 9. Zivilsenat des OLG eine Revision vor dem Bundesgerichtshof zu. Das Urteil ist damit noch nicht rechtskräftig. Der Kläger Michael Dietrich Düllmann ist Mitglied einer jüdischen Gemeinde in Deutschland. Er hatte argumentiert, die Schmähplastik sei eine Beleidigung von Menschen jüdischen Glaubens, diffamiere das Judentum und symbolisiere täglich den Antisemitismus in der Kirche und in der Gesellschaft.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, erklärte zu dem Urteil: »Das Oberlandesgericht Naumburg hat entschieden, dass das «Judensau»-Relief an der Stadtkirche in Wittenberg hängen bleiben darf. Umso mehr bedarf es der Anbringung einer Tafel, die das Schmährelief eindeutig erläutert und in den historischen Kontext einordnet. Dies gilt in gleicher Form für «Judensau»-Reliefs an anderen Kirchen.«
Antijüdische Plastiken gibt es in Deutschland auch an anderen Kirchen wie dem Kölner Dom. Gegen das Urteil des OLG kann der Kläger innerhalb von vier Wochen nach Zustellung Revision einlegen, wie ein Gerichtssprecher erklärte.
Mitteilung Oberlandesgericht Naumburg
Position der Stadtkirchengemeinde Wittenberg zum Relief
Das Oberlandesgericht Naumburg mit seinen Senaten