WASHINGTON. Der frühere US-Präsident Barack Obama hat dem republikanischen Amtsinhaber Donald Trump Versagen vorgeworfen.
»Donald Trump ist nicht in den Job hineingewachsen, weil er es nicht kann. Und die Folgen dieses Versagens sind schwerwiegend«, sagte Obama beim virtuellen Parteitag der Demokraten, zugeschaltet von Philadelphia. Obama sprach mit Blick auf die Wahl am 3. November eine düstere Warnung aus: »Diese Regierung hat gezeigt, dass sie unsere Demokratie niederreißen wird, wenn das nötig ist, um zu gewinnen.«
Mit Kritik an seinem Nachfolger hat sich Obama bislang zurückgehalten, während Trump ihn ständig attackiert. Generell ist es nicht üblich, dass ein Ex-Präsident den Amtsinhaber scharf kritisiert. Er verteidigte dies: »Es ist keine normale Zeit. Also möchte ich heute Abend so deutlich wie ich kann darüber sprechen, was bei dieser Wahl auf dem Spiel steht.« Es gehe um die Demokratie, warnte Obama. Was in den kommenden 76 Tagen passiere, werde sich auf die folgenden Generationen auswirken.
Obama warb für den demokratischen Herausforderer Trumps, seinen damaligen Vizepräsidenten Joe Biden. Er und seine Vize-Kandidatin Kamala Harris glaubten daran, dass niemand - auch nicht der Präsident - über dem Gesetz stehe, »und dass kein Amtsträger - auch nicht der Präsident - sein Amt nutzen sollte, um sich selbst oder seine Anhänger zu bereichern«.
Der eigentliche Höhepunkt des Abends rückte durch Obamas Rede fast in den Hintergrund: Harris nahm die Nominierung als Vize-Kandidatin der Demokraten an. In ihrer Rede in Wilmington (Delaware) - die bislang wichtigste in ihrer politischen Karriere - warb sie mit einer Botschaft der Hoffnung und Einheit für die Wahl von Biden. »Wir müssen einen Präsidenten wählen, der etwas anderes, etwas Besseres bringt«, sagte Harris. »Einen Präsidenten, der uns alle - Schwarze, Weiße, Latinos, Asiaten, Indigene - zusammenbringt, um die Zukunft zu erreichen, die wir uns gemeinsam wünschen.« Sie fügte hinzu: »Lasst uns mit Hoffnung kämpfen.«
Biden hatte sich vergangene Woche für die Senatorin und Juristin aus Kalifornien als seine mögliche Stellvertreterin entschieden und damit eine historische Wahl getroffen. Im Fall eines Wahlsiegs wäre Harris die erste Frau und Schwarze im Vizepräsidentenamt.
Harris warf Trump in ihrer Rede vor, Tragödien in politische Waffen zu verwandeln. Auch die übrigen hochkarätigen Redner des Abends attackierten den Amtsinhaber. Die frühere Außenministerin, Senatorin und First Lady Hillary Clinton, die Trump bei der Wahl 2016 unterlag, sagte: »Ich wünschte, Donald Trump wüsste, wie man ein Präsident ist.« Amerika brauche sofort einen besseren Präsidenten. »Wählen Sie, als stünden unsere Leben und unsere Lebensgrundlagen auf dem Spiel, denn das tun sie.«
Auf Obamas Abrechnung hatte Trump schon nach Bekanntwerden erster Redeauszüge reagiert. Er sei nur Präsident geworden, weil Obama selbst versagt habe. »Präsident Obama hat keinen guten Job gemacht. Und der Grund, warum ich hier bin, ist wegen Präsident Obama und Joe Biden«, sagte er bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.
Obama sagte: »Ich hatte gehofft - im Interesse unseres Landes -, dass Donald Trump etwas Interesse daran zeigen würde, den Job ernstzunehmen; dass er das Gewicht dieses Amtes spüren und etwas Ehrfurcht vor der Demokratie entdecken würde, die ihm anvertraut wurde. Aber er hat es nie getan.« Der 59-Jährige rief die Amerikaner auf, mit ihrer Stimmabgabe dafür zu sorgen, »dass die Grundprinzipien unserer Demokratie fortbestehen«. »Denn genau das steht jetzt auf dem Spiel. Unsere Demokratie.«
Trump habe die Macht seines Amtes lediglich dafür genutzt, sich selbst und seinen Freunden zu helfen, so Obama. Die Präsidentschaft habe er behandelt wie »eine weitere Reality-Show, mit der er die Aufmerksamkeit bekommen kann, nach der er sich sehnt«. Unter Trump seien während der Corona-Pandemie nicht nur 170.000 Amerikaner gestorben, sondern auch Millionen Arbeitsplätze verloren gegangen. Obama machte den Republikaner zudem dafür verantwortlich, dass die USA in der Welt an Ansehen verloren hätten und die demokratischen Institutionen »wie nie zuvor« bedroht seien.
Trump sagte, hätten Obama und und dessen Vizepräsident Biden bessere Arbeit geleistet, wäre er möglicherweise gar nicht ins Rennen um die Präsidentschaft eingestiegen. »Ich wäre sehr glücklich gewesen, ich habe mein vorheriges Leben sehr genossen.« Obama habe dem Land »Schrecken« hinterlassen, Trump führte aber nicht aus, was er damit meinte. Auf Twitter schob der Republikaner an Obama und Hillary Clinton gerichtet nach: »Wir sehen uns auf dem Schlachtfeld.« (dpa)