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Netanjahu: Krieg bis zur Erreichung aller Ziele

Israel will den Gaza-Krieg fortsetzen, bis alle Ziele erreicht sind. Eine weitere Runde der indirekten Verhandlungen über den Gaza-Krieg ist ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Die Ereignisse im Überblick.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hält an seinem Kurs fest. Foto: Abir Sultan/DPA
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hält an seinem Kurs fest.
Foto: Abir Sultan/DPA

Israel wird den Gaza-Krieg nach Worten des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu fortsetzen, bis alle Ziele erreicht sind. Mit Blick auf die Verhandlungen in Kairo über eine neue Feuerpause und Freilassung von Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge sagte Netanjahu in einer Videobotschaft: »Eine Kapitulation gegenüber den Forderungen der Hamas wäre eine furchtbare Niederlage für den Staat Israel.« 

Es wäre ein Sieg für »die Hamas, den Iran, die gesamte Achse des Bösen«, erklärte der Regierungschef weiter. Würde Israel auf diese Weise Schwäche zeigen, werde es nur den nächsten Krieg näherbringen »und den nächsten Friedensvertrag in die Ferne rücken lassen«, warnte er. »Bündnisse schließt man nicht mit dem Schwachen und dem Besiegten, Bündnisse schließt man mit dem Starken und dem Sieger.« Blinken: Schwer zu verstehen, was die Hamas denkt

Die USA baten derweil Katar, die politische Führung der Hamas des Landes zu verweisen, sollte die Islamistenorganisation in Kairo einem Abkommen nicht zustimmen, zitierte das »Wall Street Journal« am Samstagabend einen nicht genannten Beamten. Das Golfemirat sei bereit, dem nachzukommen, wenn es darum gebeten werde, hieß es. Die eigentlichen Entscheidungsträger der Hamas seien allerdings »die Leute, die sich im Gazastreifen selbst befinden und mit denen keiner von uns direkten Kontakt hat«, hatte zuvor US-Außenminister Antony Blinken gesagt. »Es ist also eine Herausforderung zu verstehen, was sie denken.« Es gebe verschiedene Theorien dazu, was die Entscheidungen der Hamas momentan antreibe.

Netanjahu: Israel verteidigt sich auch alleine

Ungeachtet internationaler Kritik wegen des Gaza-Kriegs hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu anlässlich des Holocaust-Gedenktags betont, dass Israel sich verteidigen müsse - notfalls auch ganz alleine. »Während des furchtbaren Holocausts gab es wichtige Staatenlenker, die abseits standen. Die erste Lektion aus dem Holocaust ist deshalb: wenn wir uns nicht selbst verteidigen, wird uns niemand anders verteidigen«, erklärte er aus Anlass des am Montag bevorstehenden Holocaust-Gendenktags. »Und wenn wir für uns alleine stehen müssen, dann werden wir für uns alleine stehen.«  

Hamas-Delegation verlässt Kairo - Wohl ohne Durchbruch

Eine weitere Runde der indirekten Verhandlungen über den Gaza-Krieg ist in der ägyptischen Hauptstadt Kairo zu Ende gegangen. Dies teilte die islamistische Hamas in ihrem Telegram-Kanal mit. Ihre Delegation habe eine Antwort auf die Vorschläge der Vermittler überbracht und sie mit den Vertretern Ägyptens und Katars erörtert. Die Delegation wollte am Sonntagabend aus Kairo abreisen und sich mit den Führern der Organisation in Katar beraten. 

Die Verhandlungsrunde hatte am Samstag begonnen. Israel hatte keine Abordnung entsandt. Die Führung in Jerusalem wollte abwarten, ob die Hamas den jüngsten Vorschlag der Vermittler annimmt, zu denen auch die USA zählen. Dieser sieht eine mehrstufige Abmachung zwischen Israel und der Hamas vor, die zur Freilassung der israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas, der Freilassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen sowie zu einer Beendigung des Gaza-Kriegs führen soll. 

Die Hamas betonte in ihrer Mitteilung vom Sonntag, dass sie die Verhandlungen »im positiven Geist und verantwortungsvoll« führe. Ein Durchbruch scheint sich aber nicht abzuzeichnen. Die Islamisten beharren auf einem Abkommen, in dem sich Israel von vornherein zur Beendigung des Krieges und zum vollständigen Abzug seiner Truppen aus dem Gazastreifen verpflichtet. Israel lehnt aber eine derartige Verpflichtung ab und möchte sich weitere militärische Handlungsmöglichkeiten vorbehalten. 

Wichtiger Grenzübergang geschlossen

Der wichtigste Grenzübergang für die Lieferung von Hilfsgütern aus Israel in den Gazastreifen ist nach einem Raketenangriff der islamistischen Hamas vorübergehend für humanitäre Transporte geschlossen worden. Der militärische Arm der palästinensischen Terrororganisation reklamierte den Angriff auf den israelischen Grenzübergang Kerem Schalom am Sonntag für sich. Ziel seien israelische Truppen gewesen, hieß es in einer Mitteilung der Kassam-Brigaden. 

Nach Angaben der israelischen Armee feuerte die Hamas zehn Raketen auf die Ortschaft Kerem Schalom nahe der Grenze zum Gazastreifen ab. Das Militär bombardierte im Anschluss nach eigenen Angaben im Gazastreifen den Ort in der Nähe des Grenzübergangs Rafah zu Ägypten, von dem der Angriff ausgegangen war. In israelischen Medien gab es nach dem Beschuss Berichte über mehrere Verletzte, zu denen sich die Behörden zunächst nicht äußerten.

Der Chef des UN-Hilfswerks für Palästinenser (UNRWA), Philippe Lazzarini, verlangte auf der Plattform X, vormals Twitter, eine unabhängige Untersuchung des Beschusses durch »bewaffnete palästinensische Gruppen«. Für die »unverhohlene Missachtung« von Helfern, deren Einsätzen und Einrichtungen, die allesamt nach internationalem Recht geschützt seien, müssten die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. 

Bericht: Extremisten sollen hohe Summen geraubt haben

Bewaffnete Palästinenser sollen laut einem Medienbericht im vergangenen Monat bei einer Serie von Überfällen auf die Bank of Palestine im Gazastreifen sehr hohe Summen gestohlen haben. Insgesamt habe die Bank Verluste von umgerechnet mehr als 66 Millionen Euro, schrieb die französische Zeitung »Le Monde« am Samstag. Das Blatt bezog sich dabei auf ein Bankdokument vom 20. April, das das Geldinstitut an internationale Partner übermittelt habe. 

Das Bargeld - in israelischen Schekeln - sei aus Tresorräumen verschiedener Zweigstellen in dem Küstenstreifen entwendet worden, teilweise unter Einsatz von Sprengstoff. Es werde davon ausgegangen, dass militante Palästinenser mit Verbindungen zur Terrororganisation Hamas, die bis zum Gaza-Krieg uneingeschränkt in dem Gebiet herrschte, mindestens einen der Überfälle verübt haben. 

Tausende demonstrieren in Israel für Geisel-Freilassung 

Mehrere tausend Menschen demonstrierten derweil am Samstagabend in der israelischen Stadt Tel Aviv für eine Verhandlungslösung zur Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. Dabei gab es auch laute Kritik am israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu und Forderungen nach Neuwahlen. »Netanjahu versucht einmal mehr, die einzige Chance zu torpedieren, die wir haben, um die Geiseln zu retten«, hieß es in einer Stellungnahme der Angehörigen der Geiseln. Eine israelische Militäroffensive in Rafah wäre das »Todesurteil« für die Geiseln, betonte der Bruder eines in Gaza festgehaltenen Mannes. Oppositionsführer Jair Lapid forderte, die Regierung sollte noch in der Nacht Unterhändler nach Kairo entsenden »und ihnen sagen, nicht ohne einen Deal zurückzukehren«.

Israelisches Militär meldet Tötung von Islamisten-Kommandeur 

Israels Militär hat unterdessen nach eigenen Angaben einen Kommandeur der Terrororganisation Islamischer Dschihad bei einem Luftangriff im Süden Gazas getötet. Der Mann habe zahlreiche Angriffe gegen Israel in den vergangenen Jahren geleitet, erklärte die Armee am Samstagabend. Er sei auch verantwortlich gewesen für den Angriff auf einen Kibbuz und einen Militärposten am 7. Oktober. Terroristen der Hamas und anderer Gruppen hatten an dem Tag bei Angriffen auf Kibbuzim, Armeeposten und ein Musikfestival ein Massaker verübt und mehr als 1200 Menschen getötet. Es war der Auslöser des Krieges. 

Bei einem Anti-Terror-Einsatz israelischer Sicherheitskräfte im Westjordanland wurden derweil vier Palästinenser getötet und ein Polizeibeamter verletzt. Ein Terrorverdächtiger sei festgenommen worden, hieß es am späten Samstagabend - nachdem zunächst von fünf Toten die Rede gewesen war. Soldaten und Polizisten umringten den Angaben zufolge nördlich der Stadt Turkam ein Haus, in dem sich mutmaßliche Mitglieder einer Terrorzelle aufhielten. Nach Schüssen aus dem Gebäude hätten die Sicherheitskräfte das Feuer erwidert. Das Haus sei auch von einer israelischen Drohne aus angegriffen worden. In dem Gebäude seien militärisches Gerät und Waffenteile sichergestellt worden, hieß es weiter.

© dpa-infocom, dpa:240505-99-918723/6