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Nato-Staaten und EU: Der Plan für die Ukraine-Hilfen

Geht die Unterstützung für die Ukraine langsam zurück? Die Nato will diesen Eindruck vermeiden. Auch die EU treibt die Hilfen trotz Blockade von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban voran.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht Russlands Angriffskrieg scheitern. Foto: Federico Gambarini/DPA
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht Russlands Angriffskrieg scheitern.
Foto: Federico Gambarini/DPA

Die Ukraine kann auf zusätzliche Unterstützung von Nato-Staaten für die anhaltende Abwehrschlacht gegen Russland setzen. Bei einem Treffen des Nato-Ukraine-Rats in Brüssel hätten zahlreiche Alliierte Pläne für die Bereitstellung von weiteren Fähigkeiten skizziert, teilte das Verteidigungsbündnis am Abend mit. Es gehe um Unterstützung im Wert von Milliarden Euro.

Was konkret in Aussicht gestellt wurde, blieb zunächst offen. Als ein Beispiel für Hilfszusagen nannte die Nato die geplante Bereitstellung von weiteren Flugabwehrsystemen. »Die Verbündeten haben der Ukraine bereits eine Vielzahl von Luftverteidigungssystemen zur Verfügung gestellt und heute ihre Bereitschaft bekräftigt, die Verteidigung der Ukraine weiter zu stärken«, hieß es.

Über die Nato beschafften Alliierte derzeit bis zu 1000 Patriot-Flugabwehrraketen zur Wiederauffüllung ihrer Lagerbestände. Aus diesen wird auch die Ukraine beliefert.

Kritik am Einsatz von Raketen aus Nordkorea

Thema bei dem Treffen auf Botschafterebene waren nach Angaben der Nato auch Waffenlieferungen aus dem Iran und Nordkorea nach Russland. Die Alliierten verurteilten die Eskalation der russischen Luftangriffe auf die Ukraine sowie den russischen Einsatz von ballistischen Raketen aus Nordkorea und Drohnen aus dem Iran, hieß es.

Stoltenberg sieht Scheitern Russlands

Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte: »Während Moskau seine Angriffe auf ukrainische Städte und Zivilisten verstärkt, verstärken die Nato-Verbündeten die Luftverteidigung der Ukraine.« Russlands Präsident Wladimir Putin versuche im zweiten Jahr in Folge, die Ukraine mit massiven Schlägen zu zermürben, aber dies werde ihm nicht gelingen. Als ein Beispiel für bereits erfolgte Hilfen nannte die Nato die jüngst von Deutschland gelieferten Luftverteidigungssysteme vom Typ Patriot und Skynex.

Der Nato-Ukraine-Rat hatte zuletzt im November auf Ebene der Außenminister getagt. Das Gremium war im vergangenen Sommer beim Bündnisgipfel in Litauen eingerichtet worden und soll eine engere Zusammenarbeit ermöglichen, bis die Voraussetzungen für eine Aufnahme der Ukraine in die Nato erfüllt sind. Zu diesen zählen unter anderem ein Ende des russischen Angriffskriegs und Reformen in der Ukraine.

Ukraine bat um Treffen

Um das Treffen hatte die Regierung in Kiew gebeten. Hintergrund waren insbesondere die schweren russischen Raketenangriffe über Neujahr. Russland hatte die Ukraine dabei kombiniert mit Raketen, Marschflugkörpern und Kampfdrohnen angegriffen. Es waren die bislang schwersten Luftangriffe. Eine russische Rakete verletzte nach Angaben der Regierung in Warschau kurzfristig den polnischen Luftraum und damit Nato-Gebiet.

EU-Pläne vorerst ohne Ungarn

Auch die EU treibt ungeachtet des anhaltenden Widerstands aus Ungarn die Vorbereitungen für neue Milliardenhilfen für die Ukraine voran. In Brüssel beschlossen Vertreter der Mitgliedstaaten per Mehrheitsentscheidung, zu den Unterstützungsplänen Verhandlungen mit dem Europaparlament aufzunehmen, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur sagten.

Ziel ist es demnach, das Hilfsprogramm nach einem möglichen Einlenken des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban möglichst schnell umsetzen zu können. Dafür braucht es auch die Zustimmung des Europaparlaments.

Konsens für Ukraine-Hilfsprogramm bisher nicht gegeben

Eigentlich hatte auf Ebene der Mitgliedstaaten bereits beim EU-Gipfel im vergangenen Dezember ein neues Ukraine-Hilfsprogramm über 50 Milliarden Euro für die kommenden vier Jahre vereinbart werden sollen. Dort brauchte es allerdings einen Konsens.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban verhinderte den Beschluss mit einem Veto. Er hatte zuvor mehrfach die Sinnhaftigkeit der Pläne in Frage gestellt und in diesem Zusammenhang auch darauf verwiesen, dass die EU aus seiner Sicht zu Unrecht für sein Land vorgesehene Gelder aus dem Gemeinschaftshaushalt eingefroren hat.

Das weitere Vorgehen

Sollte in den kommenden Wochen keine Lösung mit Ungarn gefunden werden, wollen die anderen EU-Staaten im 26er-Kreis - also ohne Ungarn - handeln. Für den 1. Februar ist ein EU-Sondergipfel zum weiteren Vorgehen angekündigt. In Brüssel wird gehofft, dass Ungarn spätestens dann seinen Widerstand aufgeben wird.

In der Sitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten warb der ungarische Vertreter nach Angaben von Diplomaten für einen Kompromiss, der vorsehen würde, dass die Finanzhilfen jedes Jahr von den EU-Mitgliedstaaten bestätigt werden müssen. Viele andere lehnen dies aber ab - unter anderem, weil es Ungarn die Möglichkeit zu weiteren Blockaden geben würde.

Mit den Finanzhilfen will die EU es dem ukrainischen Staat ermöglichen, weiter Löhne und Renten zu zahlen. Zudem soll der Betrieb von Krankenhäusern, Schulen und Notunterkünften für umgesiedelte Menschen garantiert werden.

Darüber hinaus kann das Geld auch genutzt werden, um durch den russischen Angriffskrieg zerstörte Infrastruktur wiederherzustellen. Dazu gehören etwa Stromleitungen, Wassersysteme sowie Straßen und Brücken. Im vergangenen Jahr zahlte die EU Finanzhilfen in Höhe von 18 Milliarden Euro aus.

© dpa-infocom, dpa:240110-99-557741/3