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Nahles & Co: Seehofers Islam-Debatte beenden

Berlin (dpa) - Führende SPD-Politikerinnen haben gefordert, die vom neuen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) abermals entfachte Islam-Diskussion zu beenden.

Muslimische Frauen
Muslimische Frauen in Berlin-Kreuzberg. Foto: Kay Nietfeld
Muslimische Frauen in Berlin-Kreuzberg. Foto: Kay Nietfeld

»Das ist eine acht Jahre alte Debatte, die innerhalb der Union immer noch geführt wird, aber niemanden weiterbringt«, sagte Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles der »Rhein-Neckar-Zeitung« (Samstag). Justizministerin Katarina Barley sagte der »Rheinischen Post« (Samstag): »Theoretische Debatten wurden lange genug geführt.« Es gehe darum, die Probleme praktisch zu lösen. Und Familienministerin Franziska Giffey (SPD) - bisher Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln - erklärte im ZDF: »Vor Ort helfen solche Debatten überhaupt nicht.« Es gehe darum, ein gutes Zusammenleben zu organisieren mit Menschen unterschiedlicher Herkunft.

Seehofer hatte in seinem ersten Interview nach der Amtsübernahme der »Bild«-Zeitung (Freitag) gesagt: »Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt. (...) Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland.« Kanzlerin Angela Merkel hatte sich davon distanziert: Deutschland sei zwar stark vom Christen- und vom Judentum geprägt, aber inzwischen lebten auch Millionen Muslime hier. »Diese Muslime gehören auch zu Deutschland, und genauso gehört ihre Religion damit zu Deutschland, also auch der Islam.«

Die in Nordrhein-Westfalen für Integration zuständige CDU-Staatssekretärin Serap Güler sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland und ähnlich der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung« (jeweils Samstag), Aufgabe eines Innen- und Heimatministers sei es, »die Gesellschaft zusammenzubringen, zu vermitteln und nicht zu spalten«. »Natürlich gibt es Tendenzen im Islam, die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind, aber dann erfordert dies auch eine Differenzierung zu sagen: Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland, aber der Islam, an den die 4,5 Millionen Menschen in unserem Land glauben, die gehören natürlich mit ihrem Glauben dazu.«

Andrea Nahles
»Das ist eine acht Jahre alte Debatte, die innerhalb der Union immer noch geführt wird, aber niemanden weiterbringt«, sagte Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles. Foto: Wolfgang Kumm Foto: DPA
»Das ist eine acht Jahre alte Debatte, die innerhalb der Union immer noch geführt wird, aber niemanden weiterbringt«, sagte Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles. Foto: Wolfgang Kumm
Foto: DPA

Nahles wollte sich den Vorwurf der Spaltung nicht zu eigen machen: "Ich glaube nicht, dass Seehofer die Spaltung der Gesellschaft im Sinn hat. Er hat ja auch den Koalitionsvertrag unterschrieben, in dessen Überschrift es heißt: "Ein neuer Zusammenhalt für unser Land", sagte sie. "Seehofer glaubt wohl, damit im Bayern-Wahlkampf punkten zu können." In Bayern wird im Oktober ein neuer Landtag gewählt. Hauptaugenmerk der CSU ist es dabei, die AfD klein zu halten.

Dagegen verteidigte der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster (CDU) Seehofers Äußerung. Dieser habe recht, sagte er der »Berliner Zeitung« und der »Bild«-Zeitung (jeweils Samstag). »Seine Aussage ist ein richtiger und wichtiger politischer Akzent in dieser Debatte.«

Bundestags-Vizepräsident Hans-Peter Friedrich - wie Schuster ein Gegner der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) - warf Seehofers Kritikern vor, diesen bewusst falsch zu verstehen. »Wir sind ein vom Judentum und Christentum geprägtes Land. Nichts und niemand wird uns dazu bringen, diese Identität zu verleugnen, in Frage zu stellen oder zu verwässern«, sagte er der
»Augsburger Allgemeinen« (Samstag) weiter.

Scharfe Kritik an Seehofer übte Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir. Christen, Juden, Muslime und andere wie Atheisten lebten überwiegend gut zusammen. "Damit gehören auch ihre Weltanschauungen, Religionen und
Konfessionen zu unserem Land. Frauen- und Schwulenfeindlichkeit,
Befürwortung von Gewalt und Hassprediger haben dagegen bei uns
nichts zu suchen", sagte er "Bild".