Bremerhaven/Berlin (dpa) - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will die Mangelwirtschaft in der Bundeswehr beenden und Milliarden für eine umfassende Modernisierung ausgeben.
»Nach langen Zeiten des Schrumpfens sind wir jetzt wieder in einer Zeit des Wachstums«, sagte die CDU-Politikerin am Dienstag bei einem Besuch der Marineoperationsschule in Bremerhaven. Dazu hat die Ministerin ein sogenanntes Fähigkeitsprofil vorlegen lassen, in dem der Aufbau einer modernen Armee bis zum Jahr 2031 beschrieben wird.
Der Plan wurde der Geheimschutzstelle des Bundestags übermittelt, wo Abgeordnete es unter Bedingungen einsehen können. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, hat es unterzeichnet.
Wie aus den veröffentlichten Grundzügen hervorgeht, ist in drei Zwischenschritten bis 2023, 2027 und 2031 vorgesehen:
- Eine vollständige persönliche Ausrüstung aller Soldaten mit dem gleichen Gerät, so dass hochmoderne Ausrüstung auch in Deutschland zur Verfügung steht, nicht vor allem für Auslandseinsätze.
- »Hohle Strukturen füllen«: Das Ausleihen von Großgerät zwischen Verbänden soll beendet werden, indem die Lücken gefüllt werden.
- Digitalisierung: »Jeder Konflikt der Zukunft wird auch über den Cyberraum ausgeführt werden«, so von der Leyen. Dazu gehört auch Cyberverteidigung.
- Kapazitäten im Weltraum für satellitengestützte Überwachung und vernetzte Luftverteidigungsanlagen.
- Bis 2023 legt das Fähigkeitsprofil aber den Schwerpunkt auf die Aufgaben Deutschlands als Rahmennation der Nato-Speerspitze (VJTF), für die Deutschland eine vollausgestattete Brigade stellen muss.
Im kommenden Jahr übernimmt Deutschland die Führung dieser schnellen Eingreiftruppe (Very High Readiness Joint Task Force - VJTF). Sie soll innerhalb von drei Tagen an jeden Ort verlegbar sein, wo sie benötigt wird. Die Speerspitze war 2014 gegründet worden - eine Reaktion auf die russische Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim, die auch in Deutschland zur Neubewertung der Sicherheitslage führte.
"Heer, Luftwaffe und Marine werden künftig kräftig aufwachsen müssen, um den veränderten Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung gerecht zu werden", erklärt der verteidigungspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Henning Otte (CDU). "Die Planungen gehen davon aus, dass wir uns bis 2023 auf einen jährlichen Finanzbedarf von etwa 60 Milliarden Euro hinbewegen müssen. Aktuell umfasst der deutsche Verteidigungsetat etwa 39 Milliarden Euro.
An dem Papier wurde zwei Jahre lang gearbeitet. Es ist keine unmittelbare Reaktion auf die Forderung des US-Präsidenten Donald Trump, der von Deutschland zwei Prozent der Bruttoinlandsprodukts als Verteidigungsausgaben erwartet - auch wenn der Diskussionsfaden um die Prozentwerte aufgenommen wird.
2019 würden für den Verteidigungsetat 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zur Verfügung gestellt, 2024 seien es 1,5 Prozent, sagte die Ministerin in Bremerhaven weiter. »Wir haben einen genau festgelegten Finanzrahmen, der von der Bundesregierung bei der Nato auch so angezeigt worden ist.«
Der Grünen-Politiker Tobias Lindner sieht das aber kritisch: »Diese Pläne gehen weit über eine Vollausstattung bereits bestehender Strukturen hinaus. Es ist unverständlich, wieso die Verteidigungsministerin und die große Koalition den Bundestag vor vollendete Tatsachen stellen, statt im Vorfeld hierüber zu diskutieren«, erklärt er.
Auch die Linke hält dagegen: »Pünktlich zu den anstehenden Haushaltsverhandlungen im Herbst wird mit einem neuen Grundsatzpapier aus dem Verteidigungsministerium Druck gemacht, um heute und in Zukunft noch mehr Geld für die Bundeswehr durchzusetzen«, kritisierte Matthias Höhn. Er fordert, nur ein Prozent der Wirtschaftsleistung auszugeben und »Deutschland international zum Vorreiter für Abrüstung und Entspannung« zu machen.