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Misstrauensvotum gegen Australiens Ex-Premier

Im Zuge der Corona-Pandemie übernahm Australiens damaliger Premierminister heimlich etliche Ministerposten, ohne die Betroffenen zu informieren. Das hat jetzt Konsequenzen - zumindest symbolisch.

Scott Morrison
Australiens ehemaliger Premierminister Scott Morrison bei einer Pressekonferenz in Sydney. Foto: Flavio Brancaleone
Australiens ehemaliger Premierminister Scott Morrison bei einer Pressekonferenz in Sydney.
Foto: Flavio Brancaleone

In Australien tobt ein Politskandal um den früheren Premierminister Scott Morrison. Grund: Während der Corona-Pandemie hatte der konservative Politiker neben seinem Amt als Regierungschef heimlich noch fünf weitere Ministerposten übernommen - ohne die Öffentlichkeit oder sein Kabinett darüber zu informieren.

Seit dies im August bekannt wurde, gab es immer wieder Forderungen nach einer öffentlichen Entschuldigung Morrisons und nach seinem Rückzug aus dem Parlament. Heute sprach ihm das Parlament nun das Misstrauen aus - mit 86 zu 50 Stimmen.

Das Misstrauensvotum sei aber nur »ein symbolischer Akt«, der keine rechtlichen Folgen habe, berichtete der australische Sender ABC. Die Zeitung »Sydney Morning Herald« bezeichnete die Abstimmung dennoch als »historisch«: Morrison sei der erste Ex-Premier, dem das Parlament das Misstrauen ausspreche, hieß es.

Minister tappten im Dunkeln

Eine Entschuldigung hatte Morrison in der vorausgegangenen Debatte erneut abgelehnt. Er werde sich nicht dafür entschuldigen, dass er in einer nationalen Krise Maßnahmen ergriffen habe, um Menschen und ihre Lebensgrundlagen zu retten, sagte Morrison.

Morrison hatte von März 2020 bis Mai 2021 die Kontrolle unter anderem über die Ressorts Gesundheit, Finanzen und Inneres übernommen, während die Grenzen Australiens geschlossen wurden und das Land vom Rest der Welt abgeschottet war. Über den Schritt informierte er nur wenige Vertraute. Die Übernahme zusätzlicher Ämter wurden vom Generalgouverneur schriftlich abgesegnet. Die eigentlichen Minister wussten fast alle nicht, dass sie sich ihren Posten faktisch mit Morrison teilten.

Albanese erwartet »Anschein von Reue«

Morrisons Nachfolger Anthony Albanese, der seit Mai im Amt ist, warf ihm »Hochmut, Arroganz und Verleugnung« vor und betonte, er erwarte von seinem Vorgänger zumindest einen »Anschein von Reue«. Schon kurz nach Bekanntwerden des Skandals hatte Albanese das Vorgehen als »beispiellose Zerstörung der Demokratie« bezeichnet.

Eine frühere Richterin des Obersten Gerichts wurde daraufhin um eine Untersuchung des Falls und einen detaillierten Bericht gebeten. Sie kam vor wenigen Tagen zu dem Schluss, dass Morrisons Vorgehen »das Vertrauen in die Regierung untergraben« habe und empfahl, Schlupflöcher in der Gesetzgebung zu schließen.

© dpa-infocom, dpa:221130-99-716514/2