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Merz weist Populismusvorwürfe zurück

Bald zwei Jahre nach ihrem Desaster bei der Bundestagswahl arbeitet die CDU weiter an ihrer grundsätzlichen Neuaufstellung. Im Raum steht aber auch ein »weißer Elefant« mit aktuell hohen Umfragewerten.

Friedrich Merz
»Die AfD darf uns den Sprachraum nicht verstellen. Den bestimmen wir selbst«, sagte sagte CDU-Chef Friedrich Mer. Foto: Michael Kappeler
»Die AfD darf uns den Sprachraum nicht verstellen. Den bestimmen wir selbst«, sagte sagte CDU-Chef Friedrich Mer.
Foto: Michael Kappeler

CDU-Chef Friedrich Merz hat Populismusvorwürfe zurückgewiesen und davor gewarnt, heikle Themen aus Sorge vor einem Vergleich mit der AfD nicht anzusprechen. »Wir müssen auch in der Lage sein, mal Probleme zu adressieren. Auch mal mit Formulierungen, die nicht jedem gefallen«, sagte er in Berlin bei einem Konvent für das geplante neue Grundsatzprogramm seiner Partei. »Das ist dann nicht gleich rechts. Und das ist dann auch nicht gleich rassistisch. Und das ist vor allen Dingen nicht irgendwo AfD-Sprech.«

»Die AfD darf uns den Sprachraum nicht verstellen. Den bestimmen wir selbst«, betonte Merz in einer Diskussion mit dem früheren Vorstand der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, Ralf Fücks. Die AfD wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. In Umfragen liegt sie im Bund aktuell teils bei 19 Prozent und damit als zweitstärkste Kraft hinter der Union und vor SPD und Grünen.

Merz: Volk nach dem Mund reden ist Populismus

Merz machte deutlich, er definiere die Abgrenzung so: »Dem Volk aufs Maul zu schauen, ist Demokratie. Dem Volk nach dem Mund zu reden, ist Populismus.« Aufgabe einer Volkspartei sei es, »hinzuhören und hinzuschauen, was in der Bevölkerung diskutiert wird, wie die Emotionen sind in einem Land«. Diese Emotionen müssten abgeholt, gebündelt und dann in die politische Mitte gehoben werden.

CDU-Chef: Ampel beschädigt Institutionen der Demokratie

Merz, der auch Unionsfraktionschef und damit Oppositionsführer im Bundestag ist, kritisierte den Kurs der Regierung beim Klimaschutz scharf. Die Grünen und besonders Wirtschaftsminister Robert Habeck versuchten, das nicht bestrittene Ziel »mit einer Methodik zu erreichen, die einen großen Teil der Bevölkerung vor den Kopf stößt«. Es gebe bei der Ampel »eine Rigorosität« im Durchsetzen ihrer Forderungen im Parlament, die keine Rücksicht auf Minderheitenrechte der Opposition nehme. Merz sprach von einer massiven Beschädigung der Institutionen der Demokratie.

Von der politischen Konkurrenz, aber hinter vorgehaltener Hand teils auch in den eigenen Reihen, wird Merz gelegentlich ein Hang zur populistischen Zuspitzung vorgeworfen. Er räumte ein, ihn belaste immer noch, im Zusammenhang mit Ukraine-Flüchtlingen von angeblichem »Sozialtourismus« gesprochen zu haben. Er habe sich entschuldigt. Zugleich betonte Merz: »Bei den Paschas bleibt's.« Nach Silvester-Krawallen in Berlin hatte er auf Integrationsprobleme in Schulen hingewiesen - und darauf, dass Väter es sich verbäten, dass Lehrerinnen »ihre Söhne, die kleinen Paschas, da mal etwas zurechtweisen«.

Grünen-Politiker Fücks lobt Merz

Fücks lobte Merz für dessen mehrfache harte Abgrenzung zur AfD. Die CDU solle sich aber auch davor hüten, deren Vokabular zu übernehmen. Demokratische Parteien sollten keine politische Brunnenvergiftung betreiben und den Gegner nicht dämonisieren. Die CDU müsse sich zwar gegenüber den Grünen abgrenzen, erläuterte Fücks - aber ohne gleich große Distanz wie zur AfD. Zwischen Grünen und CDU gebe es einen Wettbewerb darum, wer die moderne bürgerliche Partei sei. Merz entgegnete: »Wir führen doch hier keine Koalitionsdebatten.«

Linnemann: Mit neuem Programm wieder auf Höhe der Zeit

Programmkommissionschef und CDU-Vize Carsten Linnemann betonte, die Bundestagswahl 2021 sei verloren worden, »weil die CDU nicht mehr gut genug war«. Das neue Programm solle die Partei »wieder auf die Höhe der Zeit« bringen. Es soll von einem Parteitag im Mai 2024 beschlossen werden. Das aktuelle Programm stammt noch von 2007.

Diskussionen auf dem Konvent

Bei dem Konvent wollte die CDU auch Impulse aus der Gesellschaft für ihre Programmdiskussion einholen. Generalsekretär Mario Czaja sagte, die Partei wolle politische Heimat für alle Menschen in Deutschland sein - egal, wo sie herkämen, woran sie glaubten, wen sie liebten. Der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, rief die CDU zum Einsatz für soziale Sicherheit beim Umbau der Wirtschaft auf. Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Tanja Gönner, nannte als Erwartung, dass sich die CDU vor allem für den EU-Binnenmarkt als Erfolgsfaktor für die sozialen Marktwirtschaft einsetzt.

Die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein warb für eine Stärkung des Vereins- und Schulsports. Sie mahnte auch Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber an. Das sorge für mehr Sicherheit im Alltag. Öffentliche Verkehrsmittel »ohne ängstliche Blicke« nutzen zu können, gehöre zu Problemen, die besonders Ältere und Frauen belasteten. Verbesserungen dort sollten wichtiger sein, »als darüber nachzudenken, ob wir ein Gendersternchen setzen oder ob ein Konzert noch deutscher Liederabend heißen darf oder ob es noch erlaubt ist, ein Zigeunerschnitzel zu bestellen«, sagte Pechstein, die in Uniform der Bundespolizei kam.

© dpa-infocom, dpa:230617-99-90522/4