Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hält die Entscheidung mehrerer Bundesländer, die Isolationspflicht für Corona-Infizierte zu streichen, für vertretbar.
»Beim ersten Lesen der Nachricht hatte ich ein gewisses Unbehagen«, sagte Merz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. »Beim längeren Nachdenken erscheint es mir aber verantwortbar zu sein, so vorzugehen wie Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein dies nun tun.« Corona-Regeln seien nur noch in einem »sehr eingeschränkten Umfang« erforderlich, sagte Merz.
Isolationspflicht in einigen Bundesstaaten beendet
Wer sich mit dem Coronavirus infiziert hat, muss sich nicht mehr überall in Deutschland in Isolation begeben: Bayern und Baden-Württemberg hatten die entsprechende Regelung am Mittwoch abgeschafft, Schleswig-Holstein folgt am Donnerstag. Auch Hessen hatte dies angekündigt, der Zeitpunkt dafür ist aber noch offen.
Das Vorgehen der Länder wurde unter anderem von Patientenschützern und Gewerkschaftern kritisiert. Vor allem Rufe nach einem gemeinsamen Vorgehen der Bundesländer wurden laut.
»Die Zeit der hohen Infektionsgefahr mit schwerem Krankheitsverlauf ist vorbei«, sagte Merz den Funke-Zeitungen. »Damit sollten wir auch versuchen, so schnell wie möglich wieder in ein weitgehend normales Leben zurückzukehren - auch mit Corona.« Merz sagte, er teile den »fast schon sirenenhaften Alarmismus« von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht. »Wir sollten zur Normalität zurückkehren und spätestens im Frühjahr nächsten Jahres Corona offiziell als beendet erklären.«
Der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Johannes Nießen, sagte den Funke-Zeitungen, er sei »erschrocken darüber, dass die vier Bundesländer in Bezug auf die Isolationspflicht einen Alleingang wagen«. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel empfahl Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, »sich mit Infektionskrankheiten nach jeweils geltenden Regeln arbeitsunfähig zu melden und freiwillig Kontakte auch im privaten Umfeld drastisch zu reduzieren«.
Kassenärzte-Chef Andreas Gassen kritisierte im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Donnerstag) einen sich abzeichnenden Flickenteppich bei den Schutzregeln. »Das alles spricht dafür, dass die Politik nun über einen geordneten und einheitlichen Übergang nachdenken sollte, Corona wie andere endemische Erkrankungen zu behandeln, auch wenn die WHO die Pandemie noch nicht für weltweit beendet erklärt hat«, sagte er.
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Andrew Ullmann, hält staatliche Maßnahmen für verzichtbar. »Wir befinden uns in der Endphase der Pandemie und haben effektive Impfstoffe, antivirale Medikamente und eine Basisimmunisierung von über 95 Prozent«, sagte Ullmann dem RND. »Die Krankheitslast in der Bevölkerung ist nicht so hoch wie befürchtet. Die logische Folge ist, dass wir keine staatlich verpflichtenden Maßnahmen mehr brauchen.« Je nach Verordnung könnten diese aufgehoben werden oder schlicht auslaufen.
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