Luanda (dpa) - Kanzlerin Angela Merkel hat positiv auf die angolanische Bitte nach einer Lieferung deutscher Küstenwachboote reagiert. »Wir stehen der Sache grundsätzlich nicht ablehnend gegenüber«, sagte Merkel nach einem Treffen mit dem angolanischen Präsidenten João Manuel Gonçalves Lourenço.
Das Thema könnte zu neuem Ärger mit dem Koalitionspartner SPD sorgen - die Spitze der Sozialdemokraten und auch der SPD-Fraktion im Bundestag stehen Rüstungslieferungen sehr kritisch gegenüber.
Lourenço hatte nach dem Treffen mit Merkel öffentlich den Wunsch nach einer Lieferung deutscher Küstenschutzboote zur Kontrolle der 1600 Kilometer langen Küstenlinie wiederholt. Dort kämpft Angola unter anderem gegen Piraterie. Merkel hatte Angola bereits im Juli 2011 als erste deutsche Regierungschefin besucht. Schon damals hatte der Wunsch der angolanischen Regierung nach einer Lieferung deutscher Küstenwachboote erheblichen politischen Wirbel in Berlin ausgelöst.
Merkel sagte nun, was die Zusammenarbeit im militärischen Bereich angehe, liefen die Gespräch noch. Präsident Lourenço habe sein Interesse noch einmal bekundet, das Thema habe in ihrem Gespräch aber keine wesentliche Rolle gespielt. Die Verhandlungen dauerten an, allerdings weniger auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs, als auf jener der betroffenen Unternehmen, sagte die Kanzlerin.
Lourenço sagte, die Ausrüstung einer Teilstreitkraft wie der Marine sei sehr teuer. Es gebe Signale aus Deutschland, dass es finanzielle Unterstützung geben könnte. Die Gespräche seien in einer sehr frühen Phase. Er sei aber zuversichtlich, dass sich die Verhandlungen positiv entwickeln würden.
Bei einem deutsch-angolanischen Wirtschaftsforum wurden in Anwesenheit von Merkel und Lourenço Verträge im Gesamtvolumen von etwa 900 Millionen Euro unterzeichnet. Die fünf Vereinbarungen betreffen die Bereiche Straßenbau, Ausbildung, Verkehr, Logistik und Wasserkraft. Mit einem Projekt im Verkehrsbereich mit einem Wert von allein etwa 622 Millionen Euro sollen die wirtschaftliche Erschließung von Provinzen und ihre Anbindung an die Nachbarländer Namibia, Botsuana, Sambia und Simbabwe erreicht werden.
In Angola sind derzeit erst 25 deutsche Unternehmen engagiert. Korruption und fehlende Rechtsstaatlichkeit gelten als größte Bremse für deutsche Investitionen. Die ehemalige portugiesische Kolonie ist einer der größten Erdölproduzenten Afrikas. Dennoch gilt das Land als eines der ärmsten der Welt. In Angola ist auch China stark engagiert. Mit China hat das Land einen Handelsumsatz von 24 Milliarden Dollar im Jahr - 22 Milliarden davon entfallen auf Öllieferungen Angolas.
Merkel sicherte Lourenço Unterstützung bei den Ermittlungen zu den Korruptionsvorwürfen gegen Isabel dos Santos zu, der Tochter von Lourenços Amtsvorgänger, des Langzeitpräsidenten José Eduardo dos Santos. Isabel dos Santos gilt als reichste Frau Afrikas. Sollten deutsche Unternehmen oder Finanzinstitutionen in diesem Zusammenhang »eine Rolle spielen, dann sagt Deutschland natürlich zu, dass wir sehr transparent bei der Aufklärung helfen wollen«. Transparenz und eine fallweise spezifische Prüfung seien gerade im Blick auf künftige Investoren wichtig. »Ich kann nur begrüßen, dass man sich hier der Aufklärung der Korruption sehr stark stellt.«
Lourenço stellte sich hinter Forderungen, weltweit alle Vermögenswerte und Beteiligungen von Isabel dos Santos einzufrieren. Er unterstütze entsprechende Forderungen, sagte der Präsident. Er betonte aber auch, dass es vor allem darum gehe, die Vermögenswerte wieder nach Angola zurückzuholen.
Isabel dos Santos war auch durch journalistische Enthüllungen in die Kritik geraten. Ein Gericht in Angola hatte die Vermögenswerte von dos Santos zum Jahreswechsel wegen Korruptionsvorwürfen eingefroren. Der investigative internationale Medienverbund ICIJ hatte nach Auswertung von ihm zugespielten Dokumenten (»Luanda-Leaks«) Vorwürfe der Vetternwirtschaft erhärtet gesehen. Dem Medienverbund gehören in Deutschland der NDR, der WDR und die »Süddeutsche Zeitung« an.
Vertreter von Deutschland und Angola unterzeichneten ein Luftverkehrsabkommen, das den Austausch zwischen beiden Ländern erleichtern soll. Mehr Zusammenarbeit soll es auch im Bildungsbereich geben. Angola sei ein rohstoffreiches Land, müsse seine Möglichkeiten aber breiter aufstellen, um der Jugend eine Zukunft zu bieten, sagte Merkel. Am Rande des Besuches wurde auch ein Stipendienprogramm unterzeichnet, in dessen Rahmen jährlich 30 Masterstipendien vergeben werden sollen.
Am Nachmittag stand für Merkel ein Besuch das angolanischen Nationalmuseums für Anthropologie auf dem Programm. Die Sammlung gibt Auskunft über Leben und Kultur der Bevölkerungsgruppen Angolas. Die meisten Stücke stammen aus der Sammlung des deutschen Ethnologen Hermann Baumann. Zum Abschluss stand die Besichtigung eines 2014 von Siemens fertiggestellten Umspannwerks an. Das Umspannwerk versorgt etwa 80.000 Haushalte und hat die Stromversorgung im Zentrum der angolanischen Hauptstadt erheblich verbessert.