»Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen«, erklärte die Kanzlerin am Samstag.
Ziel der gezielten Luftschläge sei es gewesen, »die Fähigkeit des Regimes zum Chemiewaffeneinsatz zu beschneiden und es von weiteren Verstößen gegen die Chemiewaffenkonvention abzuhalten«. Die Kanzlerin weiter: »Wir unterstützen es, dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben.«
Merkel rief dazu auf, »einer Erosion der Chemiewaffenkonvention« entgegenzuwirken. »Deutschland wird alle diplomatischen Schritte in diese Richtung entschlossen unterstützen.«
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte, angesichts der Abscheulichkeit des Einsatzes von Chemiewaffen durch den syrischen Machthaber Baschar al-Assad »sind diese Maßnahmen der drei Mitglieder des Weltsicherheitsrates, die sich ja ausdrücklich gegen das Chemiewaffenprogramm Assads richten, verhältnismäßig und erforderlich«.
Die Verteidigungsministerin sagte weiter, sie sei in der Nacht von amerikanischer und französischer Seite unterrichtet worden. »Jetzt muss alles getan werden, damit der politische Prozess der Genfer Gespräche wiederbelebt wird und das Leiden der Bevölkerung in Syrien ein Ende findet.«
Außenminister Heiko Maas rechtfertigte die Angriffe auch mit der schwierigen Situation im UN-Sicherheitsrat. »Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist in der Syrienfrage, auch im Hinblick auf die Frage von Chemiewaffeneinsätzen, durch das Agieren Russlands schon seit Monaten blockiert und war auch im vorliegenden Fall nicht in der Lage, seine Aufgaben zu erfüllen«, sagte der SPD-Politiker laut einer Mitteilung des Auswärtigen Amtes in Berlin. Moskau hatte als Verbündeter Syriens zuletzt mehrmals Resolutionen zum Syrien-Konflikt im UN-Sicherheitsrat blockiert.
In dieser Situation sei »der begrenzte Angriff auf militärische Strukturen des syrischen Regimes« durch die drei ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats »ein angemessenes und erforderliches Signal« gewesen. Maas sagte mit Blick auf einen mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien, die jetzigen Angriffe leisteten »einen Beitrag dazu, Wiederholungen dieses Leids zukünftig zu erschweren«.
Immer wieder habe das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad Kriegsverbrechen begangen und dabei Chemiewaffen gegen Teile der eigenen Bevölkerung eingesetzt - »so nach allen vorliegenden Erkenntnissen auch jüngst wieder in Duma«. Chemiewaffen seien international geächtet und ihr Einsatz ein Kriegsverbrechen, »das nicht folgenlos bleiben dürfte«, sagte Maas.
AfD-Parteichef Alexander Gauland warf Merkel eine halbherzige Politik im Syrien-Konflikt vor. »Die Position von Frau Merkel läuft wie gewohnt halbherzig nach dem Motto «Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass»«, sagte Gauland der Deutschen Welle mit Blick auf Merkels rechtfertigende Worte für die Angriffe, obwohl sie eine deutsche Beteiligung an einem Militärschlag früh ausgeschlossen hatte.
FDP-Chef Christian Lindner forderte die Bundesregierung auf, den Dialog mit Russland und der Türkei nicht abreißen zu lassen. »Der Einsatz von Giftgas in Syrien ist ein Zivilisationsbruch, auf den die internationale Gemeinschaft reagieren muss. Mir graut es aber vor diesem Pulverfass Syrien, das ja längst nicht mehr nur ein Bürgerkrieg ist, sondern Schauplatz internationaler Konfliktlinien«, sagte Lindner auf einem Parteitag der nordrhein-westfälischen FDP in Siegen.
Die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles unterstrich auf einem SPD-Landesparteitag im niedersächsischen Bad Fallingbostel: »Dieses Sterben und Morden in Syrien wird nur beendet durch eine diplomatische Lösung mit Russland.«
Die Grünen forderten nach den Angriffen der Westmächte ein gemeinsames Vorgehen der EU-Länder und warnten vor einer weiteren militärischen Eskalation. Parteichefin Annalena Baerbock sagte, wenn die EU-Außenkommissarin jetzt nicht alle EU-Staats- und Regierungschefs einlade, um eine klare Strategie zu verabreden, müsse Kanzlerin Merkel die Initiative ergreifen.
Die Linke wirft den USA, Frankreich und Großbritannien einen Bruch des internationalen Völkerrechts vor. »Völkerrechtsbruch regiert die Welt. Die, die anderen Völkerrechtsbruch vorwerfen, brechen das Völkerrecht«, twitterte Bundestagsfraktionschef Dietmar Bartsch. Die Bundesregierung mache sich mitschuldig durch Unterlassung. »Solange Bomben und nicht Diplomaten sprechen, steuert die Welt auf eine ungeheuere Konfrontation zu.«
Linken-Parteichef Bernd Riexinger twitterte, die Logik der Bundesregierung laute offenkundig »erst schießen, dann fragen«. »Statt den Völkerrechtsbruch zu verteidigen, sollte Merkel die Angriffe verurteilen«, forderte er.
Die Co-Chefin der Linken-Bundestagsfraktion, Sahra Wagenknecht, sagte der »Heilbronner Stimme«: »Wir können jetzt nur hoffen, dass Moskau besonnener reagiert als Washington, London und Paris und die angedrohten «Konsequenzen» nicht zu einer weiteren gefährlichen Eskalation führen.« Russland ist Verbündeter Syriens.
Das Prinzip der territorialen Integrität ist Bestandteil des internationalen Völkerrechts und soll die Unverletzlichkeit des staatlichen Hoheitsgebiets garantieren. Die Charta der Vereinten Nationen legt den Mitgliedsstaaten ein Verbot militärischer Gewalt auf und verbietet deren Androhung.