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Memorial-Mitbegründer zum Auslandsagenten erklärt

Oleg Orlow ist einer der bekanntesten Menschenrechtler Russlands, seine Organisation Memorial hat den Friedensnobelpreis erhalten. Doch wegen seiner Kriegskritik gerät er in den Blick des Kremls.

Oleg Orlow
Der russischen Bürgerrechtler Oleg Orlow wurde von Moskau zum »ausländischen Agenten« erklärt. Foto: Alexander Zemlianichenko/DPA
Der russischen Bürgerrechtler Oleg Orlow wurde von Moskau zum »ausländischen Agenten« erklärt.
Foto: Alexander Zemlianichenko/DPA

Das russische Justizministerium hat den bekannten Bürgerrechtler Oleg Orlow zum »Auslandsagenten« erklärt. Der 70-Jährige ist nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax neben fünf anderen Personen wegen seiner Kritik an Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Verbreitung von angeblichen Falschinformationen über die politische Führung in Moskau in die Schwarze Liste aufgenommen worden.

Mit der Bezeichnung Auslandsagent lässt die russische Führung Oppositionelle und Kritiker brandmarken. Wer in Russland als »ausländischer Agent« gelistet ist, muss mit zahlreichen Nachteilen rechnen. Die Organisationen, Medien und Personen in dem Register unterliegen einer verstärkten Aufsicht über ihre Finanzen. Die Einstufung soll Misstrauen gegen sie schüren und ihre Arbeit in Russland erschweren. Nichtregierungsorganisationen beklagen, dass sich Russen abwenden - aus Angst, der Zusammenarbeit mit »ausländischen Agenten« bezichtigt zu werden.

Prozess soll neu aufgerollt werden

Orlow ist seit den 1980er Jahren Mitarbeiter der Nichtregierungsorganisation Memorial, die ursprünglich zur historischen Aufarbeitung politischer Gewaltherrschaft - insbesondere der Zeit der Repressionen unter Sowjetdiktator Josef Stalin - gegründet worden war. Jahrelang leitete Orlow die Menschenrechtsabteilung von Memorial und hat während der Tschetschenienkriege als Vermittler Gefangenenaustausche organisiert. 2022 erhielt Memorial den Friedensnobelpreis, in Russland war die Organisation da bereits verboten.

Auch Orlow, der den von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Krieg scharf kritisierte, geriet ins Visier der Justiz. Ende 2023 wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt - was politische Beobachter angesichts der verbreiteten Praxis langer Freiheitsstrafen für Kriegsgegner als milde bezeichneten. Der Prozess allerdings soll noch einmal neu aufgerollt werden. Die Einstufung als Auslandsagent sehen Beobachter als nächste Eskalationsstufe.

© dpa-infocom, dpa:240202-99-851924/2