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Melnyk: Deutsche Russlandpolitik eine »Katastrophe«

Der Diplomat Andrij Melnyk fordert von Deutschland eine Aufarbeitung der Russlandpolitik. Bereits zuvor hatte er dem Bundespräsidenten eine gefährliche politische Nähe zu Russland attestiert.

Andrij Melnyk
Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gefährliche politische Nähe zu Russland vorgeworfen. Foto: Fabian Sommer
Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gefährliche politische Nähe zu Russland vorgeworfen.
Foto: Fabian Sommer

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat erneut eine Aufarbeitung der deutschen Russlandpolitik gefordert.

»Wenn diese außenpolitische Katastrophe der Bundesrepublik nicht aufgearbeitet wird (...) dann läuft man Gefahr, dass sich etwas Ähnliches wiederholt und dass man sich wieder in eine Abhängigkeit begibt«, sagte Melnyk im Interview der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin« am Sonntagabend.

Zudem äußerte sich der Diplomat zu einem geplanten Treffen mit Bundespräsident Steinmeier nächste Woche. Bereits am ersten Kriegstag habe er ein Gespräch mit Steinmeier angefragt. »Es gab keine Antwort« - eingeladen habe ihn nun sein außenpolitischer Berater. »Natürlich werde ich nächste Woche kommen, um Gespräche zu führen.«

Melnyk wirft Steinmeier Russland-Nähe vor

Andrij Melnyk hatte zuvor Steinmeier eine höchst bedenkliche politische Nähe zu Russland attestiert. »Für Steinmeier war und bleibt das Verhältnis zu Russland etwas Fundamentales, ja Heiliges, egal was geschieht. Auch der Angriffskrieg spielt da keine große Rolle«, sagte Melnyk dem »Tagesspiegel«. Aus Sicht des russischen Präsidenten Wladimir Putin gebe es kein ukrainisches Volk, keine Sprache, keine Kultur, und daher auch keinen Staat. »Steinmeier scheint den Gedanken zu teilen, dass die Ukrainer eigentlich kein Subjekt sind«, kritisierte Melnyk.

Dem Sender Bild Live sagte er, die aus der Stadt Butscha berichteten Gräueltaten an Bewohnern müssten für die Bundesregierung eine rote Linie sein. Nötig sei nun ein Importstopp für Öl, Gas und Kohle sowie für Metalle. In Richtung Bundesregierung sagte er: »Man sieht diese Gräueltaten und ist immer noch nicht bereit, wirklich alles zu unternehmen, damit Putin seinen Appetit auf diese Gräueltaten verliert. Wie kann man schlafen, wenn man nach diesen Bildern starke Worte findet, aber nichts tut?«, fragte er. Und fügte an: »Was soll noch passieren, damit man die härtesten Sanktionen auf den Tisch legt? Chemische Attacken - oder worauf wartet man?«

© dpa-infocom, dpa:220403-99-782545/3