BOZEN/BRATISLAVA/WIEN. Immer mehr Staaten in Europa setzen im Kampf gegen die Pandemie auch auf Massentests: Im italienischen Südtirol lief heute eine dreitägige, kostenlose Reihenuntersuchung an.
Zum Auftakt bildeten sich dort lange Schlangen vor vielen Teststationen, wie Medien berichteten. Die Slowakei bereitet für 2. Dezember zum wiederholten Mal eine landesweite Corona-Massenuntersuchung vor. Österreich kündigte am Freitag für Anfang Dezember erste Massentests unter Lehrern und Polizisten an.
Die kleine Alpen-Provinz Südtirol mit gut einer halben Million Menschen möchte bis zum Sonntag bei rund 350.000 Menschen einen Abstrich machen. Das wären zwei Drittel der Bürger. Der Antigen-Schnelltest dort ist freiwillig. Die Landesregierung in Bozen will mit der Aktion Virusträger aufspüren, die nichts von ihrer Infektion ahnen. Sie gelten als gefährliche Ansteckungsquelle. So soll die zweite Corona-Welle schneller gebrochen werden. Italien war in der ersten Welle im Frühjahr heftig getroffen worden. Nach einer Erholung im Sommer sind die Ansteckungszahlen jetzt - auch im Vergleich zu Deutschland - wieder hoch.
Wer ein positives Ergebnis bekommt, aber beschwerdefrei ist, soll sich zehn Tage zu Hause isolieren. Mitmachen können Männer, Frauen sowie Kinder ab fünf Jahren. Das Testresultat soll nach spätestens einer halben Stunde vorliegen. Im Internet veröffentlichten die Behörden Ergebnisse: Danach gab es bis Freitag 10 Uhr mehr als 24.000 Teilnehmer. Fast 600 Menschen wurden positiv getestet.
Der Erfolg eines solchen Massentests hängt nach Einschätzung des Experten Stephan Ortner stark von der Teilnahmequote ab. Wie der Direktor des Eurac Research Zentrums in Bozen erläuterte, kann ein gut organisierter Test mit hoher Beteiligung so gut wirken »wie ein totaler Lockdown von vielen Wochen«. Ein starker Erfolg sei möglich bei einer Quote ab 70 Prozent, wie Studien seines Instituts zeigten. In einem großen Staat, etwa in ganz Italien oder Deutschland, lasse sich so ein freiwilliger Test aber wohl nicht in ähnlicher Weise durchführen, meinte er. In einzelnen Bundesländern jedoch schon.
Die Autonome Provinz gehört in Italien wegen der hohen Corona-Zahlen zu den Roten Zonen mit besonders strengen Ausgangsbeschränkungen. Am Freitag hatten die Behörden dort mehr als 700 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden registriert. Im Rest Italiens wurde die Untersuchung mit viel Interesse verfolgt.
In der Region Venetien startete Anfang der Woche ein Probelauf mit Do-It-Yourself-Tests für zu Hause. Die Test-Tüten enthalten ein Stäbchen, das in die Nase gesteckt wird, und ein Kontroll-Röhrchen für die Probe. Regionalpräsident Luca Zaia hatte die Funktionsweise in einem Video vorgeführt. Die Region will zunächst rund 5000 der Antigen-Test-Kits ausgeben. Die Studie soll einen Monat laufen.
Die Slowakei sieht sich als Vorreiter für Massentests in Europa. Ende Oktober und Anfang November hatte das Land größere Reihenuntersuchungen gemacht. Daran beteiligten sich mehrere Millionen Menschen. Donnerstagabend kündigte Ministerpräsident Igor Matovic für den 2. Dezember die nächste Testung fast der gesamten Bevölkerung an. Am Freitag liefen letzte Vorbereitungen für lokal begrenzte Tests an diesem Wochenende. In knapp 500 kleinen Gemeinden mit vorher besonders hohen Infektionsraten soll bis Sonntag ein drittes Mal durchgetestet werden.
Wegen heftiger Kritik am bisherigen Vorgehen versprach Matovic, bei diesen lokalen Tests für rund 400.000 Menschen werde es keine Sanktionen für die Nicht-Teilnahme geben. Nach den ersten beiden Testrunden wurden Nicht-Getestete fast wie Personen mit positivem Ergebnis behandelt. Ohne negativen Test durfte man nicht einmal zur Arbeit gehen.
In Österreich sollen alle 200.000 Lehrerinnen und Lehrer sowie Betreuungskräfte in Kindergärten auf das Virus getestet werden. Vorgesehen ist dafür das Wochenende vom 5. und 6. Dezember, wie die Regierung bekanntgab. Am 7. und 8. Dezember sollen dann die 40.000 Polizisten folgen.
Kurz vor Weihnachten könnte sich dann die gesamte Bevölkerung von neun Millionen Menschen checken lassen. Die Teilnahme sei freiwillig, betonte Bundeskanzler Sebastian Kurz. »Diese Massentests sind bis zur Impfung eine große Chance für Österreich, den Weg zur Normalität zurückzufinden«, teilte er mit. Eine weitere Testreihe ist in Österreich Anfang 2021 geplant. (dpa)