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Marx: Missbrauchsskandal stellt »Gesamtsystem infrage«

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs gesprochen. Das System Kirche im Missbrauchsskandal sehe er heute »radikaler« als früher.

Reinhard Marx
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx nimmt an einem Podiumsgespräch teil. Foto: Sven Hoppe
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx nimmt an einem Podiumsgespräch teil.
Foto: Sven Hoppe

Der Missbrauchsskandal stellt nach Ansicht des Münchner Kardinals Reinhard Marx die katholische Kirche als »Gesamtsystem infrage«.

Er sehe das heute »radikaler« als früher, sagte der Erzbischof von München und Freising am Montag bei der Veranstaltung »Betroffene hören« in München, bei der er mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs sprach. Er glaube inzwischen, »dass wir noch tiefer graben müssen«, sagte er. »Dass wir noch tiefer sehen müssen, dass wir alle in diesem System miteinander verbunden sind.«

Gutachten machte weltweit Schlagzeilen

Im Januar hatte die Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl im Auftrag des Erzbistums München und Freising ein Gutachten vorgestellt, das weltweit Schlagzeilen machte. Es war zu dem Ergebnis gekommen, dass Fälle von sexuellem Missbrauch in der Diözese über Jahrzehnte nicht angemessen behandelt worden waren.

Die Gutachter gehen von mindestens 497 Opfern und 235 mutmaßlichen Tätern, zugleich aber von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus - und davon, dass Münchner Erzbischöfe - darunter auch der spätere Papst Benedikt XVI. - sich im Umgang damit falsch verhalten hätten.

Seither berichten Kommunen in Bayern und auch die katholische Kirche selbst von rasant steigenden Austrittszahlen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, sagte kürzlich bei der Frühjahrsvollversammlung im Wallfahrtsort Vierzehnheiligen, die Gläubigen kehrten ihrer Kirche »in Scharen« den Rücken. Allein in München traten nach Angaben des Kreisverwaltungsreferates seit Jahresbeginn knapp 7000 Menschen aus der Kirche aus. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum rund 3300 und im Jahr 2020 rund 3800.

© dpa-infocom, dpa:220321-99-617864/2