Nein, die USA werden sich nicht entschuldigen. »Und ich entschuldige mich nicht.« US-Präsident Joe Biden richtet deutliche Worte an seinen Gast Emmanuel Macron. Was Biden hier verteidigt ist sein Klimapaket, das neue Jobs schaffen und die US-Industrie mit milliardenschweren Subventionen ankurbeln soll.
Einziger Haken, zumindest aus Sicht der Europäer: Unternehmen müssen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren. Das im Sommer verabschiedete Gesetz erinnert einige an die America-First-Politik von Bidens Vorgänger Donald Trump - und überschattet den Staatsbesuch des französischen Präsidenten.
Der ist zwar in Washington mit ordentlich Prunk und Pomp empfangen worden - ließ es sich aber auch dort nicht nehmen, gegen Bidens Gesetz zu wettern. Zwar stößt der US-Präsident seinen französischen Kollegen bei dem Besuch nichts vollends vor den Kopf - doch eine Lösung des Konflikts kann Macron nach seiner Abreise am Freitag nicht zu Hause präsentieren. Dabei ist der Franzose der erste Staatsgast, den Biden seit seinem Einzug ins Weiße Haus empfängt. Das ist ein wichtiges Symbol und zeigt, wie sehr der Amerikaner Macron schätzt. Und auch welche Rolle er dem 44-Jährigen in Europa beimisst.
Macron ist schon am Dienstag angereist - das Programm ist gespickt mit pompösen Terminen und einer Reise nach New Orleans. Auf dem Südrasen des Weißen Hauses empfängt Biden Macron und dessen Ehefrau Brigitte mit militärischen Ehren. Bei Eiseskälte aber strahlendem Sonnenschein demonstrieren sie Einigkeit - vor allem mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und China. Hunderte Zuschauer jubeln und schwenken ihre Fähnchen, die Militärkapelle spielt die Hymnen beider Länder. Macron und Biden umarmen sich, reichen sich die Hände.
Macron liebt den großen Auftritt
In einem Fischrestaurant in der US-Hauptstadt posieren sie gemeinsam mit ihren Ehefrauen für ein Foto - es soll Freundschaft, Vertrautheit vermitteln. So nennen sich beide auch immer wieder gegenseitig einen »Freund«. Biden hat sich nicht lumpen lassen. An einem Staatsbankett hat das Weiße Haus monatelang gefeilt. Macron hat die Reise mit einer riesigen Delegation angetreten, gibt ein Interview im US-Fernsehen. Es ist der große Auftritt, den der Franzose so liebt.
Macron ist in seinem Element. Immer schon hat er die internationale Bühne gesucht, auf der er auf Augenhöhe mit den Mächtigen dieser Welt Frankreich als Grande Nation und diplomatischen Akteur ersten Rangs präsentiert. Umso überraschender ist es, dass er ausgerechnet in der US-Hauptstadt so scharf gegen seinen Gastgeber schießt. Dessen Entscheidungen würden den Westen zersplittern, warnte er mit Blick auf Bidens Gesetz bei einer Rede in der französischen Botschaft.
Tags drauf hingegen wirkt er fast kleinlaut neben dem US-Präsidenten, der sein Gesetz verteidigt. »Wir wollen gemeinsam Erfolg haben, nicht gegeneinander«, sagt Macron. Von Angriff keine Spur mehr. Für Biden ist das Vorhaben der größte Erfolg in seiner bisherigen Amtszeit. Erst nach zähen Verhandlungen im Kongress landete es auf seinem Schreibtisch. Für die Europäer hingegen verstößt das Gesetz à la »Made in America« gegen die Richtlinien der Welthandelsorganisation - ist Protektionismus pur.
Davon will Biden nichts hören - aber es ist auch nicht in seinem Sinne, die Europäer völlig zu düpieren. Das gilt gerade in Zeiten, in denen der Westen gegen Russland weiter geschlossen zusammenstehen soll. Allerdings schlägt Biden den Europäern vor, ein ähnliches Gesetz auf den Weg zu bringen, um ihre Wirtschaft zu fördern. Ähnlich hatte sich auch schon der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck geäußert und eine »robuste Antwort« der EU auf die Pläne angekündigt.
Kompromiss nicht ausgeschlossen
Biden gesteht nach einem langen Gespräch mit Macron im Oval Office auch ein, dass es da wohl ein paar Mängel in dem Gesetz gebe, die man korrigieren könne. Wie genau das aussehen soll, sagt er nicht. Der 80-Jährige macht aber deutlich, dass er nicht die Absicht gehabt habe, Partner zu verprellen. Ein Kompromiss ist nicht ausgeschlossen.
Es ist zumindest ein Zugeständnis, das Macron mit zurück nach Frankreich - und damit auch nach Europa bringen kann. Denn der Franzose sieht sich in dem Handelszoff auch als ein tatkräftiger Anführer und Fürsprecher der EU. Und, auch das wird bei seinem Besuch deutlich, er wird in den USA längst als Anführer des alten Kontinents gesehen. Eine Rolle, die ihm zu Zeiten von Angela Merkel wohl eher nicht zugestanden worden wäre. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war Anfang des Jahres zu Gast im Weißen Haus, der Trip war allerdings ein deutlich schnöderer Arbeitsbesuch ohne Pomp.
Der Glanz seiner USA-Reise steht für Macron in großem Kontrast zu innenpolitischen Problemen, mit denen er seit dem Start in seine zweite Amtszeit konfrontiert ist. Seit dem Verlust der absoluten Mehrheit im Parlament im Sommer kann der Liberale Reformvorhaben nur noch schwer voranbringen. Oft versucht die Opposition, das Macron-Lager zu blockieren, eine Kompromiss-Kultur ist in weiter Ferne. Die staatsmännischen Bilder aus den USA dürften ihm dabei wenig helfen.
Offen dürfte auch bleiben, wie gut Macron der amerikanische Käse geschmeckt hat, der beim festlichen Staatsbankett auf der Speisekarte stand. Eigentlich sind es die Franzosen, die sich für ihren Käse rühmen, der auch auf dem Weltmarkt eine herausragende Rolle spielt. Doch auch hier setzen die Bidens auf das Motto »Made in America«.
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