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Lucha zur Klinikreform: »Leistungen werden nicht wegfallen«

Am Bodensee reden die Gesundheitsminister von Bund und Ländern über den Aufbau einer völlig neuen Krankenhauslandschaft in Deutschland. Doch bei wesentlichen Punkten gibt es noch Streit. Vor der Tür wird lautstark demonstriert.

Manne Lucha
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha gibt zum Auftakt der Gesundheitsministerkonferenz ein Interview. Foto: Felix Kästle/DPA
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha gibt zum Auftakt der Gesundheitsministerkonferenz ein Interview.
Foto: Felix Kästle/DPA

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern wollen bei ihrer Konferenz am Bodensee wesentliche Streitpunkte aus dem Weg räumen. Es geht um die Qualität der Versorgung vor Ort und um die Finanzierung wirtschaftlich teils sehr gebeutelter Kliniken.

Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Manne Lucha, sagte zum Auftakt der Konferenz, dass er guten Mutes sei, dass man eine Einigung hinbekomme. Der Streit um die vom Bund geforderte Einteilung von Kliniken in Level werde aber »nicht mehr so ganz groß nach vorne gezogen werden«, sagte Lucha. Es gehe darum, dass die Krankenhäuser, auf die man sich dann am Ende verständige, gut arbeiten könnten.

Krankenhausreform überschattet alle anderen Themen

Die Konferenz in Friedrichshafen geht über zwei Tage. Die Krankenhausreform überschattet dabei alle anderen Themen. Lucha nannte als wesentlichen offenen Punkt die Gestaltung der sogenannten Leistungsgruppen, die für die Qualität an den Kliniken verantwortlich seien. Zudem sei den Ländern wichtig, dass die Krankenhausplanung in ihrer Verantwortung bleibe und dass ausreichend finanzieller Spielraum geschaffen werde, damit Kliniken nicht vor der Umsetzung der Reform pleitegingen. Das Gesetz soll den Plänen nach am 1. Januar 2024 in Kraft treten.

Im Rahmen der Reform werde sich nach Worten des GMK-Chefs die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger aber keinesfalls verschlechtern. »Leistungen sollen nicht wegfallen, sondern sie sollen weiterhin für die Bevölkerung zur Verfügung stehen«, sagte Lucha. »An welchen Standorten die dann angeboten werden, das ist jetzt die Aufgabe der Umsetzung.«

Abkehr vom Fallpauschalen-Prinzip geplant

Der Bund pocht bei der Reform auf einheitliche Qualitätsvorgaben, das Leistungsniveau der Kliniken soll transparenter werden, nicht mehr jede Klinik soll alles anbieten. Die Klinikreform soll nicht nur zu einer Spezialisierung von Krankenhäusern führen, sondern auch zu einer partiellen Abkehr vom Fallpauschalen-Prinzip. Das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle soll geändert werden, um die Krankenhäuser von wirtschaftlichem Druck zu befreien. Lucha sagte, für diesen Bereich sehe er momentan das größte Einigungspotenzial.

Gegen diese geplanten Vorhaltebudgets protestierte der Verband der Privaten Krankenversicherung. »Diese Krankenhausreform unter Zeitdruck birgt ein großes Gefahrenpotenzial«, sagte Verbandsdirektor Florian Reuther. »Es drohen massive Mehrkosten, somit steigende GKV-Beitragssätze und Lohnzusatzkosten. Und es gibt keinerlei Gewähr, dass die Qualitätsziele der Reform durch Vorhaltebudgets überhaupt zu erreichen sind.« Eine Vorhaltefinanzierung sollte nur dort gezahlt werden, wo sie bedarfsnotwendige Strukturen sichere, die sich nicht aus dem regulären Betrieb finanzieren könnten.

GKV-Spitzenverband kritisiert Länder

Der GKV-Spitzenverband wirft den Ländern vor, Transparenz zu blockieren. »Für Patientinnen und Patienten wäre es eine echte Verbesserung, wenn die gleiche Versorgungsqualität in Krankenhäusern von Nord bis Süd schnell und einfach zugänglich und zu erkennen wäre«, sagte Stefanie Stoff-Ahnis aus dem Verbandsvorstand. »Es ist verwunderlich, dass sich die Länder gegen die vom Bund geplante Qualitätstransparenz so massiv wehren, statt die Versorgung zu verbessern.«

Vor dem Kongresszentrum demonstrierten Hunderte Menschen für einen Kurswechsel in der Gesundheitspolitik. Auf ihren Bannern stand etwa »Gemeinwohl statt Profit«, »Jugend verdient gute Ausbildung« oder »Genug gespart«. Die Gewerkschaft Verdi hatte dazu aufgerufen - zum Teil sollten auch Protestierende mit dem Fahrrad aus Dresden anreisen.

Gesundheitsministerkonferenz

© dpa-infocom, dpa:230705-99-293300/2