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Lindner wirbt bei Ländern für 200-Milliarden-Topf

Mit einem Berg von Geld will die Bundesregierung Deutschland über die Krise hinweghelfen. Aber sie braucht dafür die Zustimmung der Länder - und die steht nun an.

Bundesfinanzminister Christian Lindner
Christian Lindner will die Zustimmung der Länder. Foto: Oliver Berg
Christian Lindner will die Zustimmung der Länder.
Foto: Oliver Berg

Finanzminister Christian Lindner hat bei den Bundesländern für Zustimmung zum 200 Milliarden Euro schweren Sondertopf zur Dämpfung der Gas- und Strompreise geworben.

»Damit federn wir die schwersten Belastungen für Verbraucher und Unternehmen ab«, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur vor der entscheidenden Abstimmung im Bundesrat am Freitag. Die aktuelle Ausnahmesituation erfordere außergewöhnliche Maßnahmen. »Würde dieser Schritt an den Ländern scheitern, so stünden Deutschlands wirtschaftliche Perspektiven auf dem Spiel«, warnte er und ergänzte: »Ich bin mir sicher, dass die Länder sich dieser Verantwortung bewusst sind.«

Entlastungsmaßnahmen

Die Bundesregierung will Kredite über bis zu 200 Milliarden Euro nutzen, um eine Gas- und eine Strompreisbremse sowie Hilfen für Unternehmen zu finanzieren. Die Schulden sollen außerhalb des normalen Bundeshaushalts über ein sogenanntes Sondervermögen aufgenommen werden. Dafür hat der Bundestag bereits erneut eine Ausnahme von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse genehmigt. Die Pläne können allerdings nur umgesetzt werden, wenn die Länder im Bundesrat am Freitag auch zustimmen. Für Kritik sorgt vor allem, dass die Kredite, die bis 2024 reichen sollen, am Bundeshaushalt vorbei aufgenommen werden sollen. 

Bei der Ausgestaltung der konkreten Entlastungsmaßnahmen steht die Bundesregierung unter enormem Druck: Von allen Seiten werden Hilfen für jeweils bestimmte Gruppen gefordert.

300-Euro-Einmalzahlung für Rentner gebilligt

Zum Ausgleich hoher Energiekosten erhalten Rentnerinnen und Rentner Anfang Dezember eine Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro. Den entsprechenden Gesetzentwurf hat der Bundesrat am Freitag gebilligt. Etwa 20 Millionen Renten- und Versorgungsbezieher werden von der Finanzspritze profitieren. Vorherige Maßnahmenpakete der Ampelregierung zur Entlastung angesichts der hohen Inflation berücksichtigten Rentnerinnen und Rentner nicht direkt. Berufstätige hatten im September eine Energiepreispauschale von 300 Euro bekommen.

Die nun gebilligte Energiepreispauschale erhält, wer zum Stichtag 1. Dezember 2022 Anspruch auf eine Alters-, Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Rentenversicherung hat. Voraussetzung ist ein Wohnsitz in Deutschland. Sie unterliegt nicht der Beitragspflicht in der Sozialversicherung und wird automatisch ausgezahlt.

Forderungen

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder forderte »spürbare Entlastungen auch für den ländlichen Raum«. Der bayerische Ministerpräsident nannte dabei in der »Augsburger Allgemeinen« (Freitag) Haushalte, die mit Öl und Pellets heizen und somit von der geplanten Gaspreisbremse nicht profitieren würden, und Autofahrer, die nur mit dem eigenen Wagen zur Arbeit kommen. »Eine Spritpreisbremse würde vor allem den Pendlerinnen und Pendlern helfen«, sagte er und verlangte Entlastungen auch für Mittelstandsfirmen.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft fordert, dass der Bund den Stadtwerken den geplanten Verzicht auf einen Dezember-Abschlag der Energiekunden bereits im Voraus erstattet. Dies müsse noch im November erfolgen, sagte Verbandschefin Kerstin Andreae der Düsseldorfer »Rheinischen Post« (Freitag). Im Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zur Einmalzahlung sei das »noch nicht ausreichend sichergestellt«.

Der Haushaltsexperte der Grünen im Bundestag,
Sven-Christian Kindler, wiederum appellierte an die Länder, sich finanziell stärker an der Krisenbewältigung zu beteiligen. Die am Donnerstag veröffentlichte Steuerschätzung habe ergeben, dass sie weiter mehr Steuereinnahmen als der Bund hätten und 2022 gleichzeitig deutlich weniger Notkredite aufnehmen würden, sagte er derselben Zeitung. »Ich gehe davon aus, dass die Bundesländer sich jetzt wie der Bund gemeinsam der gesamtstaatlichen Verantwortung inklusive der fairen Finanzierung in dieser Krise stellen.«

© dpa-infocom, dpa:221028-99-291538/4