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Aktuell Dreikönigstreffen

Lindner: »Wir stehen vor Neugründung unseres Landes«

Das diesjährige Dreikönigstreffen der FDP wird ganz anders sein als alle bisherigen. Parteichef Lindner wird in der leeren Stuttgarter Oper sprechen - seine Anhänger werden am Bildschirm zuschauen. Lindner hat schon vorab eine Botschaft für das Wahljahr 2021.

STUTTGART. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sieht einen grundlegenden Erneuerungsbedarf in Deutschland in der nächsten Wahlperiode.

»Bei der Bundestagswahl geht es um die Neu-Verhandlung der Grundlagen unseres Landes in den zwanziger Jahren«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur vor dem Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart. »Wir haben sehr viele Grundsatzfragen, die sich neu stellen. Wir stehen vor einer Neugründung unseres Landes.«

Lindner verwies darauf, dass Deutschland die Quellen seines Wohlstandes erneuern und aufgrund der Alterung der Gesellschaft seine Sozialsysteme reformieren müsse. »Wir müssen uns auch neu der inneren Liberalität unserer Gesellschaft nach einer Pandemie mit einer starken Polarisierung der Gesellschaft vergewissern.«

Knapp neun Monate vor der Bundestagswahl nimmt die FDP an diesem Mittwoch beim traditionellen Dreikönigstreffen eine politische Standortbestimmung vor. Lindner will dabei auch die aus FDP-Sicht wichtigsten Themenfelder für das Wahljahr abstecken. In den kommenden Monaten werden neben dem Bundestag voraussichtlich auch sechs Landtage neu gewählt.

Bedingt durch die Corona-Pandemie werden die Anhänger der FDP an dem Treffen in diesem Jahr nur digital teilnehmen können. Normalerweise kommen am Dreikönigstag rund 1400 Liberale aus ganz Deutschland im Opernhaus in Stuttgart zusammen. Dort wird nun zwar Lindner auf der Bühne stehen und seine Rede halten - aber vor leeren Rängen.

Mit dem Ausscheiden von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus dem Amt nach der Bundestagswahl beginne für Deutschland »eine neue Ära«, sagte Lindner der dpa. »Das ist in jeder Hinsicht eine Zäsur.« Die Politikergenerationen nach Merkel müssten »Aufbauarbeit« leisten.

»Durch die Pandemie und leider auch durch einen gewissen Reformstau, der aufgetreten ist, stehen wir wirklich vor einer solch tiefgreifenden Zäsur«, betonte der FDP-Vorsitzende. »Und deshalb ist die Bundestagswahl nicht eine Schicksalswahl für die FDP, sondern es ist eine Schicksalswahl für Deutschland.«

Die FDP hatte bei der Bundestagswahl 2017 mit 10,7 Prozent abgeschnitten. Lindner strebt für die Wahl am 26. September ein zweistelliges Ergebnis und eine Rückkehr in Regierungsbeteiligung an. In den Umfragen liegen die Liberalen neuerdings bei 7 bis 8 Prozent, nachdem sie im vergangenen Jahr fast durchgehend auf 5 bis 6 Prozent gekommen waren.

Lindner sieht den Wahlausgang als völlig offen an und sagt für das Jahr »eine erhebliche Umwälzung der politischen Stimmung« voraus. So werde die Frage der Freiheitseinschränkungen immer dringlicher und die Frage der wirtschaftlichen Erholung immer aktueller. Beides sind traditionelle Themen der FDP. Außerdem geht Lindner davon aus, dass die momentan guten Umfragewerte der Union sinken werden, wenn sich die Bürger erst einmal bewusst machen, dass Merkel im Herbst nicht mehr zu Wahl stehen wird. (dpa)