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Lindner: Kein Anlass für Vertrauensfrage

Auch wenn viele Fragen offen sind: Der FDP-Chef sieht die Ampel angesichts der schwierigen Haushaltskompromisse nicht wackeln. Bei CDU und CSU steht die Frage im Raum: Ist Merz der geborene Kanzlerkandidat?

Lindner und Scholz
Kanzler Olaf Scholz (2.v.l) und Finanzminister Christian Lindner (2.v.r) schauen sich tief in die Augen. Foto: Kay Nietfeld/DPA
Kanzler Olaf Scholz (2.v.l) und Finanzminister Christian Lindner (2.v.r) schauen sich tief in die Augen.
Foto: Kay Nietfeld/DPA

FDP-Chef Christian Lindner sieht nach dem Kompromiss in der Haushaltskrise keinen Anlass für Zweifel am Rückhalt der Ampel für Kanzler Olaf Scholz (SPD) - trotz der Mitgliederbefragung seiner Partei zum Verbleib in der Regierung. »Der Haushalt 2024 steht, und der Kanzler muss keinen Zweifel an der Mehrheit für seine Regierung im Parlament haben«, sagte der Bundesfinanzminister dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Eine Vertrauensfrage, wie von Unionsfraktionschef Friedrich Merz gefordert, müsse ein Kanzler nur stellen, wenn er sich seiner Mehrheit nicht mehr sicher wäre. Merz' Forderung gehöre »zum üblichen oppositionellen Bodenturnen«.

In der Union köchelt unterdessen die Diskussion über die K-Frage weiter. Sie wäre sofort relevant, sollte die Koalition zerbrechen. Regulär findet die nächste Bundestagswahl im Herbst 2025 statt.

FDP-Chef: Mitgliederbefragung zur Ampel stresst nicht

Lindner sagte, das FDP-Mitgliedervotum stresse ihn nicht. »Denn es ist eine Gelegenheit, deutlich zu machen, dass die FDP die Richtung der Regierung mitprägt.« Die anderen Möglichkeiten - Lindner sprach von einem Eintritt der Union in eine SPD-geführte große Koalition oder einem Weitermachen von SPD und Grünen als Minderheitsregierung - seien »für unser Land sicher nicht die besseren Alternativen«.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki rief die Parteimitglieder auf, bei der Befragung gegen ein Ende der Ampel zu stimmen. »Ich rechne damit, dass es keine Mehrheit für einen Ausstieg aus der Regierung geben wird«, sagte er der »Stuttgarter Zeitung« und den »Stuttgarter Nachrichten«. »Denn allen sollte klar sein, dass wir in einen kommenden Wahlkampf kaum mit der Parole gehen können: Wir sind gescheitert, wählen Sie uns trotzdem.« Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr zeigte sich in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe zuversichtlich. Die FDP habe mit SPD und Grünen »vieles vorangebracht, was in einer Jamaika-Konstellation an der Union gescheitert wäre«.

Die Online-Befragung der FDP-Mitglieder soll demnächst starten, wie ein Sprecher am Sonntag sagte. Das Ergebnis könnte die Diskussionen anheizen, hat aber keine unmittelbaren Konsequenzen: Laut Satzung sind die Parteiorgane nicht gezwungen, es umzusetzen.

2017 hatte FDP-Chef Lindner die Gespräche über eine sogenannte Jamaika-Koalition mit CDU und Grünen abgebrochen. Sein Satz »Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren« ging in die Geschichte ein. Auf die Frage, ob er in den vergangenen Tagen an diesen Spruch habe denken müssen, sagte Lindner am Sonntagabend in der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin«: »Nein.« 2017 sei die FDP nicht in eine Regierung eingetreten, weil sie viele ihrer politischen Inhalte nicht habe umsetzen können. »Jetzt sind wir in eine Regierung eingetreten. Das ist ein fundamentaler Unterschied«, erklärte Lindner. »Da geht man nicht einfach dann wieder, wenn man eingetreten ist, weil man ja die Konsequenzen bedenken muss für das Land, im Übrigen auch für Europa.« Die FDP präge zudem mehr politische Inhalte, als einer 11-Prozent-Partei zugetraut werden könne.

Sachsen-Regierungschef Kretschmer: Merz logischer Kanzlerkandidat

In der Unionsdiskussion sagte der sächsische Ministerpräsident und CDU-Vize Kretschmer der »Bild am Sonntag«, Merz leiste als Parteichef »seit zwei Jahren hervorragende Arbeit, er hat die CDU wieder geeint und ist damit der logische Kanzlerkandidat«. Er fügte hinzu: »Ich kenne ihn lange und traue ihm zu, das Amt des Bundeskanzlers deutlich erfolgreicher auszufüllen als derzeit Olaf Scholz.«

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der »Rheinischen Post« auf die Frage, ob CDU und CSU die Personalie im nächsten Jahr Hand in Hand klären würden: »Wir sind bereit, gemeinsam die Verantwortung als Bundesregierung zu übernehmen. Dazu wird es einen Kanzlerkandidaten geben, und Friedrich Merz ist dafür der klare Favorit.«

CSU-Chef Markus Söder, dem viele nicht glauben, dass er keine Ambitionen auf die Kandidatur mehr hat, hatte Merz kürzlich eine Favoritenrolle lediglich für den Fall einer vorgezogenen Wahl zugestanden. Ansonsten hatte er dem Magazin »Stern« gesagt: »Die Kernfrage bei der Kanzlerkandidatur lautet: Wer kann die Stimmen der Union am stärksten bündeln? Danach muss die CDU sich entscheiden.«

Kieler Ministerpräsident Günther: Bei K-Frage Gremien einbeziehen

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte dem »Spiegel«, zwar seien CDU und CSU mit mehr als 30 Prozent in den Umfragen so stark wie SPD, Grüne und FDP zusammen. »Aber natürlich sind wir uns in der Union auch alle einig, dass bei dieser desaströsen Ampel-Regierung noch deutlich mehr als 30 Prozent möglich sein können.« Erneut mahnte Günther, es müssten »alle relevanten Leute« von CDU und CSU in die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur einbezogen werden - »es gibt ja auch gewählte Parteigremien«.

Vor der Bundestagswahl 2021 hatte sich der damalige CDU-Chef Armin Laschet in einem harten Ringen um die Kandidatur gegen Söder durchgesetzt. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst hat offene Ambitionen auf die Kandidatur bisher nicht geäußert, aber auch nicht dementiert. Merz und Söder hatten besprochen, dass die K-Frage im Spätsommer 2024 geklärt werden soll. Vor wenigen Monaten hatte sich Söder dann dafür stark gemacht, die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September abzuwarten.

© dpa-infocom, dpa:231217-99-327940/5