BERLIN. Die Pläne der Bundesregierung, den Abschuss von auffälligen Wölfen zu vereinfachen, stoßen bei Berufsschäfern auf Zustimmung.
»Das ist für uns eine enorme Erleichterung«, sagte Vorsitzende des Bundesverbands Berufsschäfer, Günther Czerkus, der Deutschen Presse-Agentur. »Das wird den Abschuss von Problemwölfen deutlich nach vorne bringen.« Die Politik schöpfe mit dem Gesetzentwurf aus, was rechtlich derzeit möglich sei.
Der Entwurf soll vom Bundeskabinett beraten werden. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) hatten darüber monatelang gestritten, zuletzt hatte das Kanzleramt vermittelt. Wölfe breiten sich seit der Jahrtausendwende wieder in Deutschland aus und greifen immer wieder auch Schafe und andere Nutztiere an.
»Wir Schäfer begreifen uns nicht als Jäger des Wolfes, sondern als Hüter unserer Schafe«, betonte Czerkus. Zum Schutz der Tiere gehöre nun mal auch, dass Wölfe, »die sich nicht an die Spielregeln halten«, geschossen werden müssten.
Nach Wolfsrissen sollen den Plänen der Bundesregierung zufolge Einzeltiere so lange abgeschossen werden, bis es keine weiteren Schäden mehr gibt - auch wenn nicht klar ist, welcher Wolf genau die Nutztiere angegriffen hat. Allerdings muss jeder Abschuss zuvor genehmigt werden. Wölfe stehen unter Schutz. Mischlinge zwischen Wolf und Hund in der freien Natur sollen aber abgeschossen werden.
Auch bei der Vorbeugung von Schäden sieht Czerkus Fortschritte, wünscht sich aber mehr Tempo bei der politischen Umsetzung. Die EU habe erlaubt, dass Schäfer Schutzmaßnahmen wie etwa Elektrozäune, die wegen der Rückkehr der Wölfe notwendig würden, komplett bezahlt bekämen, sagte er. Das müsse jetzt in nationales Recht umgesetzt werden. »Wir sind mit der Gesamtentwicklung zufrieden, wir sind nur ungeduldig mit Blick auf unsere Tiere.«
Um das Nebeneinander von Wolf und Mensch möglichst konfliktfrei zu gestalten, sprechen sich Wissenschaftler dafür aus, die Tiere abzuschrecken. Der Wildtierbiologe Marco Heurich von der Universität Freiburg war an einer Studie dazu beteiligt. Eine Möglichkeit sind demnach Halsbänder, die den Tieren Elektroschocks verpassen, sobald sie in die Nähe von Herden kommen, oder Gummigeschosse.
»Ziel dieser Methode ist es, den Tieren anzutrainieren, sich von Menschen und Nutztieren fernzuhalten«, sagt Heurich der Deutschen Presse-Agentur. Diese Methoden seien nicht abschließend untersucht, in den USA habe es aber bereits vielversprechende Erfahrungen gegeben.
Auch Menschen müsse klar gemacht werden, dass sie sich Wölfen nicht nähern sollten, damit sich die Tiere nicht an sie gewöhnen, sagte Heurich. Er lobte daher, dass es mit der geplanten Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes verboten werden soll, die Tiere zu füttern oder anzulocken.
Kritik kam von der Umweltschutzorganisation BUND. Mit der geplanten Änderung werde »quasi durch die Hintertür« auch der Schutz anderer Arten von Eisvogel bis Fischotter geschwächt, sagte Geschäftsführer Olaf Bandt. Nach Rissen »einfach auf Verdacht« das ganze Rudel abzuschießen, könne keine Lösung sein. Angriffe auf Nutztiere können sogar zunehmen, wenn die Rudelstruktur zerstört werde, fremde Wölfe einwanderten oder junge Wölfe ohne Elterntiere Nahrung jagen müssten.
Der Deutsche Jagdverband (DJV) begrüßte den Gesetzesentwurf als Schritt in die richtige Richtung, vermisst aber ein umfassendes Handlungskonzept. Der Deutsche Bauernverband, in dem auch Schafhalter organisiert sind, kritisierte den Entwurf ebenfalls - er will, dass sich in Regionen mit ausgeprägter Weidetierhaltung Wölfe gar nicht erst ansiedeln. Sogenannte wolfsfreie Zonen lehnt man im Umweltministerium aber ab - und hält sie auch für nicht machbar, da die Tiere weite Strecken zurücklegen. (dpa)