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Längere AKW-Laufzeiten - keine Prüfung geplant

Angesichts von Krisen, »die biblische Ausmaße annehmen können«, müsse die Laufzeit der Atommeiler verlängert werden, findet Wolfgang Kubicki. Die Regierung sieht das anders.

Wolfgang Kubicki
»Die Angst der Grünen vor einem Gesichtsverlust überwiegt offensichtlich die Verantwortung für die ökonomische Überlebensfähigkeit dieses Landes«: Wolfgang Kubicki. Foto: Frank Molter
»Die Angst der Grünen vor einem Gesichtsverlust überwiegt offensichtlich die Verantwortung für die ökonomische Überlebensfähigkeit dieses Landes«: Wolfgang Kubicki.
Foto: Frank Molter

Die FDP erhöht den Druck auf die Koalitionspartner SPD und Grüne, angesichts der rasant steigenden Energiepreise die drei letzten Atomkraftwerke weiter laufen zu lassen.

»Es ist dringend an der Zeit, den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke für mindestens fünf Jahre zu gewährleisten«, sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. »Zudem sollten wir schnellstmöglich die heimischen Ressourcen an Öl und Gas nutzen, statt dies teuer im Ausland einzukaufen.«

Angesichts einer ökonomischen und Energie-Krise, »die biblische Ausmaße annehmen können«, sei es vor allem von den Grünen vollkommen unverantwortlich, die Atomkraft zur Energieerzeugung nicht einmal ansatzweise in Betracht zu ziehen, sagte Kubicki weiter. »Die Angst der Grünen vor einem Gesichtsverlust überwiegt offensichtlich die Verantwortung für die ökonomische Überlebensfähigkeit dieses Landes.«

Es sei aber inakzeptabel, die eigene Ideologie zum Maßstab zu nehmen, wenn es darum geht, in der Ausnahmesituation Pragmatismus walten zu lassen, betonte der Bundestag-Vizepräsident. »Es geht nicht um das Wohlgefühl der Grünen, sondern um eine Perspektive für Millionen Menschen in diesem Land.«

Die Diskussionen um die AKW-Laufzeiten waren zuletzt auch wegen stockender Gaslieferungen im Zusammenhang mit dem russischen Krieg in der Ukraine intensiver geworden. Neben CDU-Chef Friedrich Merz brachte auch FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner längere Laufzeiten ins Spiel und forderte eine »offene Debatte« darüber. In einer Notsituation gehe es darum, »physikalisch zu jeder Zeit und an jeder Stelle unsere Energieversorgung zu sichern«.

Die Regierung widerspricht

Die Bundesregierung plant derzeit keine erneute Prüfung möglicher Laufzeitverlängerungen für die drei noch aktiven Atomkraftwerke in Deutschland. Zu einer erneuten Überprüfung sei dem Umweltministerium nichts bekannt, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Mittwoch in Berlin. Diese sei »aufgrund der letzten Prüfung auch nicht erforderlich«. Auch ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums verwies auf die Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), wonach ein Weiterbetrieb der Kraftwerke über das Ausstiegsdatum 31. Dezember 2022 hinaus auch aus Sicherheitsgründen nicht verantwortbar wäre.

Der Sprecher des Wirtschaftsministeriums verwies darauf, dass Deutschland im Falle einer Gasknappheit ein Problem mit der Bereitstellung von Wärme hätte und nicht von Strom, den AKW liefern würden. »Atomkraftwerke liefern keine Wärme. Atomkraftwerke liefern Strom - permanent. Und deswegen leistet Atomkraft in dieser Situation, wo wir Gas einsparen müssen (...), gar keinen Beitrag«, erklärte er.

Umwelt- und Wirtschaftsministerium hatten Anfang des Jahres einen möglichen Weiterbetrieb der drei verbliebenen AKW in Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg geprüft und waren zu dem Schluss gekommen, »dass eine Verlängerung der Laufzeiten nur einen sehr begrenzten Beitrag« zur Lösung des Problems von Energieversorgungsengpässen leisten würde. Ein AKW-Weiterbetrieb wäre demnach mit »sehr hohen wirtschaftlichen, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken« verbunden, heißt es in dem Prüfvermerk vom 8. März.

© dpa-infocom, dpa:220622-99-755448/3