Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hat von Christinnen und Christen mehr Anstrengungen im Kampf gegen Antisemitismus gefordert. Jüdische Menschen dürften »nicht den Hauch eines Zweifels haben, dass sie auf die Kirchen zählen können«, sagte die Theologin am Sonntag in Ulm. Dort tagt bis Mittwoch das Kirchenparlament, die so genannte Synode.
»Auf allen Ebenen gibt es vertrauensvolle Kontakte, wir stehen Jüdinnen und Juden zur Seite und fragen sie, wie wir ihnen helfen können. Darin dürfen wir nicht nachlassen, mehr noch, wir müssen nachlegen darin«, sagte Kurschus, die auch Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen ist, in ihrem Ratsbericht vor der EKD-Synode.
Die EKD-Ratsvorsitzende wies darauf hin, dass es Antisemitismus nicht nur in kleinen extremen Gruppen gebe. »Er kommt aus unserer christlichen Geschichte, er keimt auch in unserer Mitte, unter unseren Kirchenmitgliedern.« Dies sei nicht ernst genug genommen worden, lasse sich aber verändern. Kurschus warnte zugleich vor antimuslimischen Ressentiments.
Die Theologin bekräftigte das kirchliche Engagement für Geflüchtete. Wie neuerdings über Geflüchtete geredet werde, erschüttere sie zutiefst, sagte sie. Beispielsweise tauche beinahe unisono das Wort »Migrant*in« mit dem Adjektiv illegal oder irregulär auf, obwohl fast 80 Prozent der Asylsuchenden einen legalen Schutzstatus erhielten.
»Da wird - unbedacht oder bewusst grob - suggeriert, Geflüchtete machten Einheimischen die Gesundheitsvorsorge streitig.« All dies geschehe nicht nur vom rechten Rand, sondern aus der Mitte der Gesellschaft heraus, kritisierte die EKD-Ratsvorsitzende. Weitere Themen ihres Berichtes waren unter anderem der Klimawandel und soziale Gerechtigkeit. Als Dachorganisation von 20 Landeskirchen vertritt die EKD 19,2 Millionen evangelische Christinnen und Christen.
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