Kiew (dpa) - In der früheren sowjetischen Teilrepublik Ukraine wählen die Menschen heute ihren neuen Präsidenten. Aufgerufen sind rund 30 Millionen Wähler, zwischen insgesamt 39 Kandidaten ihr Staatsoberhaupt zu bestimmen.
Noch nie in der Geschichte des osteuropäischen Landes sind so viele Kandidaten zur Wahl zugelassen worden. Spannend wird sein, wie der politische Quereinsteiger, Schauspieler und Komiker, Wladimir Selenski, bei der Wahl in dem verarmten und kriegsgebeutelten Land abschneiden wird. Erste Nachwahlbefragungen werden unmittelbar nach Schließung der Wahllokale ab 19.00 Uhr MESZ erwartet.
Selenski führt die Umfragen seit Wochen deutlich an. Amtsinhaber Petro Poroschenko droht hingegen eine Niederlage, er liefert sich mit Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Am Ostersonntag dürfte es zu einem zweiten Wahlgang kommen, weil voraussichtlich keiner der 39 Bewerber auf Anhieb die absolute Mehrheit bekommt.
In der Europäischen Union wird die Abstimmung mit großem Interesse verfolgt. Das nach IWF-Statistiken ärmste Land Europas steuert einen Kurs Richtung EU und Nato an - in der Hoffnung auf ein besseres und sichereres Leben. Vor allem Korruption gilt in der Ukraine weiter als großes Problem. Auch Präsident Poroschenko wurde im Wahlkampf vermehrt Korruption vorgeworfen.
Herausforderer Selenski tritt vor allem mit dem Versprechen an, stärker gegen Vetternwirtschaft in der Machtelite vorzugehen. Der 41-Jährige wurde mit seiner TV-Serie »Diener des Volkes« beliebt, in der er bereits das Staatsoberhaupt spielt. Kritiker werfen dem Politneuling Populismus und einen Mangel an Erfahrung vor. Zudem soll Selenski Verbindungen zu dem einflussreichen Oligarchen Igor Kolomoiski haben. Selenski weist den Vorwurf zurück.
Auch Russland beobachte den Ausgang der Abstimmung sehr genau, kündigte der Kreml in Moskau bereits im Vorfeld an. Der ehemalige Bruderstaat wird in Kiew seit Jahren als Feind gesehen. Seit der Einverleibung der Schwarzmeerhalbinsel Krim durch Moskau und dem Krieg im Osten zwischen Regierungssoldaten und prorussischen Separatisten sind die Beziehungen zwischen den beiden Ländern schwer angeschlagen. Die Ukraine verweigerte Russland, Wahlbeobachter in das Land zu schicken. Das löste in Moskau große Empörung aus. Insgesamt werden mehr als 2300 internationale Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Wahl überwachen.