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Aktuell Ausland

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Viele ukrainische Soldaten sind seit zwei Jahren im Ausland trainiert und an Waffen ausgebildet worden. Doch die Rückverlegung der Ausbildung ins eigene Land wird noch geplant. Die News im Überblick.

Ukraine-Krieg - Charkiw
Die russische Armee hat ein Industriegebiet in Charkiw bombadiert. Foto: Nicolas Cleuet/DPA
Die russische Armee hat ein Industriegebiet in Charkiw bombadiert.
Foto: Nicolas Cleuet/DPA

Die von Russland angegriffene Ukraine verhandelt nach Angaben ihres Verteidigungsministeriums noch mit Frankreich und anderen Ländern über die Entsendung ausländischer Militärausbilder in ihr Land. Verteidigungsminister Rustem Umerow rückte damit am Montagabend Aussagen des ukrainischen Oberbefehlshabers Olexander Syrskyj zurecht, wonach eine Mission französischer Ausbilder bereits beschlossene Sache sei.

Kiew schlage seit Februar vor, ukrainische Soldaten nicht mehr zum Training ins Ausland zu schicken, sondern im eigenen Land ausbilden zu lassen, teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit. »Derzeit befinden wir uns noch in Gesprächen mit Frankreich und anderen Ländern zu diesem Thema.«

Syrskyj hatte zuvor nach einem Gespräch mit dem französischen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu die angebliche Initiative Frankreichs begrüßt, Ausbilder in die Ukraine zu entsenden. Syrskyj sagte, er habe bereits Dokumente unterzeichnet, »die es den ersten französischen Ausbildern ermöglichen, bald unsere Schulungszentren zu besuchen und sich mit deren Infrastruktur und Personal vertraut zu machen«. Von Pariser Seite gab es dafür keine Bestätigung.

Zu den angeblich bereits unterzeichneten Dokumenten hieß es aus dem ukrainischen Verteidigungsministerium, sie würden vorbereitet: »Das Verteidigungsministerium hat zusammen mit dem Generalstab mit der internen Ausarbeitung der einschlägigen Dokumente begonnen, um keine Zeit mit der Koordinierung bürokratischer Fragen zu verlieren, sobald eine Entscheidung getroffen ist.«

Scholz: Wollen zusätzliche Milliarden-Unterstützung

Deutschland und Frankreich setzen sich dafür ein, dass die großen westlichen Industriestaaten die Ukraine mit zusätzlichen Milliardenhilfen unterstützen. Es werde geprüft, wie Zinseinnahmen aus eingefrorenem Vermögen der russischen Zentralbank genutzt werden könnten, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem deutsch-französischen Regierungstreffen auf Schloss Meseberg bei Berlin. »Wir wollen der Ukraine den Zugang zu zusätzlichen Finanzmitteln in Milliardendimension ermöglichen, damit sie ihre Verteidigung verlässlich leisten und damit die Sicherheit ganz Europas weiter erhöht werden kann.« Ziel sei es, die Bemühungen der G7-Staaten und der EU zu bündeln und zu verstärken. 

Die Finanzminister der G7-Staaten hatten Ende vergangener Woche in Norditalien bereits Wege zur Nutzung der Zinserträge beraten. Noch gibt es aber keine Einigung über den idealen Weg. Die USA hatten zuletzt vorgeschlagen, die G7 könnten der Ukraine einen großen Kredit geben, der durch die Zinserträge aus den eingefrorenen russischen Zentralbankgelder abgesichert würde. Dieser Kredit könnte ein Volumen von rund 50 Milliarden Dollar haben. 

Macron: Angriffe auf Abschussbasen in Russland erlauben

Macron hat sich für eine Erlaubnis für die Ukraine ausgesprochen, russische Stellungen auf russischem Territorium mit westlichen Waffen anzugreifen. »Wir denken, dass wir ihnen erlauben sollten, die Militärstandorte, von denen aus die Raketen abgefeuert werden, und im Grunde genommen die militärischen Standorte, von denen aus die Ukraine angegriffen wird, zu neutralisieren«, sagte Macron nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Scholz in Meseberg. Er stellte jedoch klar: »Wir sollten nicht erlauben, andere Ziele in Russland zu treffen, zivile Kapazitäten natürlich oder andere militärische Ziele.«

»Ukrainischer Boden wird de facto von Stützpunkten aus angegriffen, die sich in Russland befinden. Wie erklärt man den Ukrainern, dass sie ihre Städte schützen müssen?«, sagte Macron »Wenn man ihnen sagt: «Ihr dürft den Punkt, von dem aus die Raketen abgefeuert werden, nicht erreichen», dann sagt man ihnen im Grunde: «Wir liefern euch Waffen, aber ihr dürft euch nicht verteidigen».« Macron zeigte dabei eine Karte mit dem aktuellen Frontverlauf in der Ukraine und betonte, dass Frankreich keine weitere Eskalation wolle.

Spanien sichert Ukraine Milliardenhilfe zu

Spanien hat beim ersten offiziellen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Madrid ein bilaterales Sicherheitsabkommen mit der Ukraine unterzeichnet. Die Vereinbarung sehe unter anderem spanische Militärhilfe im laufenden Jahr in Höhe von einer Milliarde Euro vor, sagte Ministerpräsident Pedro Sánchez nach dem Treffen mit Selenskyj im Regierungspalast Moncloa. Details wollte Sánchez trotz Nachfragen von Journalisten nicht nennen. Er sagte nur, man werde weiter Flugabwehrraketen, Leopard-Panzer und Munition liefern. Selenskyj bezeichnete das Abkommen als »lebensrettende Hilfe in dieser schwierigen Zeit«.

Auch Portugal sagt Militärhilfe zu

Portugal hat der Ukraine für ihren Kampf gegen die russischen Angreifer für dieses Jahr Militärhilfe in Höhe von 126 Millionen Euro zugesichert. Das sei Teil des bilateralen Kooperations- und Sicherheitsabkommens, das er in Lissabon mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj unterzeichnet habe, sagte der portugiesische Ministerpräsident Luís Montenegro auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. Das Abkommen habe eine zehnjährige Laufzeit. Portugal werde die Ukraine »so lange wie nötig unterstützen«, sagte der Ministerpräsident.

Belgien sagt 30 Kampfjets vom Typ F-16 zu

Belgien hat der Ukraine weitreichende Zusagen über die Lieferung von F-16-Kampfjets und anderen Militärhilfen gemacht. Eine in Brüssel unterzeichnete Vereinbarung über bilaterale Sicherheitszusammenarbeit sieht nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor, bereits in diesem Jahr mit der Übergabe von F-16 zu beginnen und bis 2028 insgesamt 30 Maschinen zur Verfügung zu stellen. Allein im laufenden Jahr wolle Belgien Militärhilfe im Wert von mindestens 977 Millionen Euro leisten, erklärte Selenskyj am Rande eines Treffens mit dem belgischen Premierminister Alexander De Croo in Brüssel.

Erneut Opfer durch russische Angriffe auf Charkiw

Bei neuen russischen Angriffen auf die ostukrainische Stadt Charkiw ist offiziellen Angaben zufolge mindestens ein Mensch getötet worden. Weitere elf Einwohner der Metropole seien durch den Beschuss verletzt worden, schrieb Bürgermeister Ihor Terechow auf Telegram. Unterdessen stieg die Zahl der Todesopfer nach dem verheerenden russischen Angriff auf einen Baumarkt in Charkiw am vergangenen Samstag auf 18.

Stoltenberg: Einige Beschränkungen für Ukraine überdenken

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief die Mitgliedsstaaten unterdessen auf, einige Beschränkungen für den Einsatz der bereitgestellten Waffen für die Ukraine aufzuheben. »Nach internationalem Recht schließt das Recht auf Selbstverteidigung das Recht ein, legitime militärische Ziele außerhalb der Ukraine anzugreifen. Das ist ein Teil der Selbstverteidigung«, sagte Stoltenberg in Bulgarien. Von russischer Seite kam prompt eine verbale Reaktion: Stoltenberg verfalle in »kriegerische Ekstase«, schimpfte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Tschechien unterstützt Stoltenbergs Forderung

Die tschechische Regierung hat zustimmend auf die Forderung des Nato-Generalsekretärs Jens Stoltenberg reagiert, der Ukraine den Einsatz westlicher Waffen gegen russisches Territorium zu erlauben. »Als angegriffenes Land hat die Ukraine mit Sicherheit alles Recht, alle Möglichkeiten zu ihrer Verteidigung zu nutzen«, sagte der liberalkonservative Ministerpräsident Petr Fiala in Prag. Er halte das »schlicht für logisch«.

Niederlande wollen Patriot-System für Ukraine sammeln

Die Niederlande wollen gemeinsam mit anderen Ländern ein Patriot-Flugabwehrsystem für die Ukraine zusammenstellen. Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren kündigte in Den Haag an, dass die Niederlande selbst zentrale »Kernelemente« des Systems zur Verfügung stellen würden. Sie rief zugleich europäische Partnerländer auf, ebenfalls Teile oder Munition zu liefern. Auf diese Weise könnte bereits sehr schnell zumindest ein komplettes Abwehrsystem der Ukraine übergeben werden.

Die Ministerin räumte ein, dass diese Luftabwehrsysteme in Europa knapp seien. »Aber die Ukraine kämpft auch für Europa«, sagte die Ministerin in Brüssel vor einem Treffen der EU-Verteidigungsminister. »Jeden Tag werden unschuldige Bürger durch Luftangriffe auf zivile Ziele getötet. Sie brauchen diese Patriots sehr dringend.«

© dpa-infocom, dpa:240528-99-185461/11