Logo
Aktuell Ausland

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew und Moskau berichten erneut von gegenseitigem Raketenbeschuss. Derweil beraten die G7-Staaten über die Lieferung von weiteren Luftabwehrsystemen; denn die Ukraine benötigt dringend Unterstützung. Die News.

Lukiantsi
Frauen stehen in Lukiantsi in der Region Charkiw vor einem Haus, das durch einen russischen Luftangriff schwer beschädigt wurde. Foto: Evgeniy Maloletka/DPA
Frauen stehen in Lukiantsi in der Region Charkiw vor einem Haus, das durch einen russischen Luftangriff schwer beschädigt wurde.
Foto: Evgeniy Maloletka/DPA

Die Ukraine und Russland haben erneut die Abwehr gegnerischer Luftangriffe mit Drohnen und Raketen gemeldet. Die ukrainische Flugabwehr vernichtete in der vergangenen Nacht alle 13 angreifenden russischen Drohnen, wie die Luftstreitkräfte in Kiew mitteilten. Sieben Regionen seien beschossen worden. Über Schäden ist bisher nichts bekannt.

Über die Lage ließ sich auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) informieren, der in Kiew zu einem Besuch eintraf. Am Morgen wurde auch in Kiew erneut Luftalarm ausgelöst. Angaben der ukrainischen Luftwaffe zufolge drohte ein Raketenangriff.

Das russische Verteidigungsministerium berichtete in Moskau indes, es seien mehr als 45 Luftziele, darunter Drohnen und Raketenwaffen, aus der Ukraine abgefangen oder zerstört worden. Laut russischen Behörden gab es Verletzte und Schäden.

In der russischen Grenzregion Belgorod sei eine Frau verletzt worden, als herabstürzende Trümmer eines Geschosses in ein Haus stürzten, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow mit. Das Dach des Hauses und eine Wand seien beschädigt worden. Im Gebiet Rostow schlugen Trümmer einer abgeschossenen Drohne Behörden zufolge in ein Industriegebäude ein. Ein Mitarbeiter sei dort verletzt worden. In Woronesch berichteten die Behörden von einer Verletzten und vier beschädigten Häusern nach dem Abschuss einer Drohne. Überprüfbar sind die Angaben nicht.

Borrell fordert Europäer zu mehr Luftabwehr auf

Beim Treffen der Außenminister der G7-Gruppe auf Capri forderte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell die europäischen Staaten zur schnellen Lieferung von weiteren Luftabwehrsystemen für die Ukraine auf. »In den nächsten Tagen müssen konkrete Entscheidungen getroffen werden, um der Ukraine mehr Luftabwehr zu schicken«, sagte der Spanier. »Andernfalls wird das Elektrizitätssystem der Ukraine zerstört.«

Dabei dürfe sich die EU nicht allein auf die Vereinigten Staaten verlassen, mahnte Borrell. »Wir müssen selbst Verantwortung übernehmen.« Deutschland hatte am Wochenende die Lieferung eines dritten Patriot-Flugabwehrraketensystems angekündigt. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius appellierten zudem an Verbündete, dem von Russland angegriffenen Land ebenfalls schnell Systeme zu liefern.

Borrell sagte dazu: »Wir haben Patriots. Wir haben Anti-Raketen-Systeme. Wir müssen sie aus unseren Kasernen holen, wo sie sich befinden und sie in die Ukraine schicken, wo der Krieg tobt. Ich bin sicher, dass wir das tun werden. Aber wir müssen schnell handeln.« Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine gehört zu den wichtigsten Themen des Treffens der Siebenergruppe aus wichtigen Industrienationen (G7). Dazu werden heute auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erwartet.

Baerbock betont Rolle der USA bei weiterer Unterstützung

Außenministerin Baerbock setzt auf eine rasche Zustimmung der USA zur Unterstützung der Ukraine mit Luftabwehr und finanzieller Hilfe. »In diesen stürmischen Zeiten ist es ein hoffnungsvolles Zeichen, dass es jetzt aus den USA Signale gibt von den Republikanern, dass die Unterstützung für die Ukraine weiter intensiv fortgesetzt werden kann. Dafür haben wir intensiv geworben«, sagte die Grünen-Politikerin auf Capri.

In den USA wird das Repräsentantenhaus voraussichtlich am Samstag über ein lange verzögertes Hilfspaket abstimmen. Für die Ukraine sind 61 Milliarden US-Dollar vorgesehen. Zudem hieß es in Washington, Präsident Joe Biden solle der Ukraine »so bald wie machbar« weittragende Raketensysteme vom Typ ATACMS zur Verfügung stellen.

Beim Nato-Treffen vor zwei Wochen in Brüssel habe man sehr intensiv darüber gesprochen, »wie wir jetzt unsere Stärke zeigen können, indem wir die Ukraine mit allem unterstützen, was wir haben«, sagte Baerbock. »Dazu spielen natürlich die USA eine wichtige Rolle.« Deswegen habe die Bundesregierung »gegenüber den Amerikanern - und vor allen Dingen denjenigen, die das bisher noch nicht unterstützt hatten in Amerika - so stark dafür geworben, dass es weiterhin die so wichtige und intensive Unterstützung der Amerikaner gibt, mit Systemen und genau ebenso auch mit finanziellen Mitteln«.

Kreml redet mögliche neue US-Militärhilfen für Ukraine klein

Nach Darstellung des Kremls werden mögliche neue US-Waffenlieferungen an die Ukraine die militärische Lage nicht verändern. »Das ist nicht dazu angetan, die Entwicklung an der Front zu beeinflussen«, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Es sei für alle sichtbar, dass die Situation für die Ukraine ungünstig sei, sagte er russischen Nachrichtenagenturen zufolge.

Abfällig kommentierte Peskow die vom republikanischen Parlamentsvorsitzenden Mike Johnson formulierten Grundprinzipien des Hilfspakets. Ein Großteil des Geldes fließe in die US-Rüstungsindustrie, »denn die Amerikaner vergessen sich nicht«, sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin. Zudem solle ein Teil der Hilfe nur noch auf Kredit gewährt werden. Die Ukraine werde gezwungen, »bis zum letzten Ukrainer zu kämpfen«, und dafür verschulde sie sich auch noch. »Das ist die bevorzugte Kolonialpolitik der USA«, sagte Peskow.

Nato-Ukraine-Rat tagt

Auf Bitten der Ukraine berief Nato-Generalsekretär Stoltenberg für Freitag eine Sitzung des Nato-Ukraine-Rats ein. Es werde um den dringenden Bedarf der Ukraine an mehr Luftverteidigungssystemen und Artilleriegeschossen gehen, sagte Stoltenberg am Mittwoch in Brüssel. An der Tagung sollen der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und die Verteidigungsminister der Mitgliedsstaaten teilnehmen.

© dpa-infocom, dpa:240418-99-716683/7