Angesichts fast täglicher Hilferufe aus der Ukraine nach Waffenhilfe für den Kampf gegen den russischen Angriffskrieg hat nun Großbritanniens Außenminister David Cameron in den USA um Unterstützung für das Land geworben. »Wenn wir den Ukrainern die Unterstützung geben, die sie verdienen, können sie diesen Krieg gewinnen«, sagte er.
Cameron berichtete, er habe dazu auch diverse Treffen mit Abgeordneten und Senatoren aus dem US-Kongress geplant. Indes appellierte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut an den Westen, endlich Waffen und Munition zu schicken.
Cameron: Habe nicht die Absicht zu belehren
Cameron sagte, er komme als Freund der USA und sei der festen Überzeugung, dass die weitere Unterstützung Kiews im eigenen Sicherheitsinteresse Amerikas sei. »Ich komme hierher, ohne die Absicht, irgendjemanden zu belehren oder irgendjemandem zu sagen, was er zu tun hat, oder mich in den politischen Prozess und andere Dinge der Vereinigten Staaten einzumischen«, betonte der britische Außenminister.
Die USA galten in den vergangenen zwei Jahren seit dem Beginn des Krieges als wichtigster Verbündeter Kiews und lieferten in gewaltigem Umfang Waffen und Munition. Seit geraumer Zeit gibt es jedoch keinen Nachschub mehr aus den USA. Hintergrund ist eine innenpolitische Blockade im US-Kongress, wo Republikaner - angetrieben von dem früheren Präsidenten Donald Trump - weitere Hilfen für Kiew zurzeit verweigern. Cameron traf sich bei seinem USA-Besuch auch mit Trump.
Selenskyj kritisiert ausbleibende Waffenhilfe des Westens
Selenskyj beklagte erneut die ausbleibende Waffenhilfe des Westens. »Unsere Partner haben bestimmte Waffen, die wir heute brauchen, um zu überleben. Und ich verstehe einfach nicht, warum wir diese Waffen nicht bekommen«, sagte Selenskyj, der sich in Charkiw im Osten der Ukraine aufhielt, in einem Interview der »Bild«-Zeitung und weiterer Axel-Springer-Medien (»Welt«, »Politico«, »Business Insider« und »Onet«). Er hatte zuletzt immer wieder mehr Flugabwehrsysteme und Munition gefordert.
USA schicken Tausende beschlagnahmte Waffen in die Ukraine
Derweil schickte die US-Regierung der Ukraine eigenen Angaben nach Tausende beschlagnahmte Maschinengewehre aus dem Iran. Die Waffen seien vom US-Militär und den Streitkräften von Verbündeten auf vier Schiffen ohne Flagge zwischen 2021 und 2023 im Arabischen Meer beschlagnahmt worden, teilte das US-Justizministerium mit. Die Schiffe hätten sich auf dem Weg vom Iran in den Jemen befunden.
Es seien rund 5000 Sturmgewehre vom Typ AK-47, Scharfschützengewehre und Maschinengewehre sowie rund 500.000 Schuss Munition gesichert worden, hieß es weiter. Dem Justizministerium zufolge wollte der Iran die Waffen den Huthi-Rebellen im Jemen schicken - ein Verstoß gegen eine Resolution des UN-Sicherheitsrats. Die USA erklärten die Munition zu ihrem Eigentum.
Schweiz plant Ukraine-Friedenskonferenz Mitte Juni
Die Schweiz plant eine hochrangige internationale Ukraine-Friedenskonferenz im Juni. Russland werde allerdings nicht teilnehmen, sagte Außenminister Ignazio Cassis in Bern. Das Treffen soll voraussichtlich am 15. und 16. Juni in der Nähe von Luzern stattfinden. Aktuell gebe es zwar noch viele Unbekannte, doch nach Gesprächen mit verschiedenen Staaten habe sich gezeigt, dass eine hochrangig besetzte Konferenz als Start für einen Friedensprozess international genügend Zustimmung finde, hieß es vom Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern.
Die Konferenz soll laut EDA eine Dialog-Plattform über Wege zu einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine bieten. Grundlage der Gespräche seien das Völkerrecht und die UN-Charta. Konkret soll auch ein Fahrplan für die Beteiligung von Russland am Friedensprozess erarbeitet werden.
Die Planung für die Ukraine-Friedenskonferenz begann im vergangenen Januar beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Bern. Die Konferenz werde jedoch über einen von Selenskyj erarbeiteten Friedensplan hinausgehen und auch existierende Vorschläge von anderen Ländern, beispielsweise China, berücksichtigen, sagte Cassis.
Tote und Verletzte nach russischem Beschuss in der Ostukraine
Durch russischen Beschuss sind im ostukrainischen Gebiet Charkiw mindestens drei Zivilisten getötet worden. Zwei weitere Personen seien in dem Dorf Lypzi verletzt worden, teilte der Gouverneur des Gebiets, Oleh Synjehubow bei Telegram mit. Ein Geschäft und eine Apotheke seien in dem gut zehn Kilometer von der russischen Grenze entfernten Ort beschädigt worden. Bei einem weiteren Angriff wurde beim Abwurf von zwei Gleitbomben in der etwa 20 Kilometer östlich gelegenen Kleinstadt Wowtschansk mindestens ein Mensch verletzt.
Auch bei Angriffen auf die Hafenstadt Odessa sind nach offiziellen Angaben mindestens vier Menschen getötet und sieben weitere verletzt worden. Unter den Todesopfern sei auch ein zehnjähriges Mädchen, teilte der Militärgouverneur der Region, Oleh Kiper, am Mittwochabend auf seinem Telegram-Kanal mit. Der Beschuss erfolgte seinen Angaben nach mit ballistischen Raketen vom Typ Iskander.
Luftangriffe auf Energieanlagen in der Südukraine
Bei russischen Luftangriffen in der Nacht auf Mittwoch wurden nach Kiewer Militärangaben im Süden der Ukraine mehrere Anlagen der Energieversorgung beschädigt. In der Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer wurde demnach ein nicht näher bezeichnetes Objekt der Stromversorgung getroffen. In einer Energieanlage im Gebiet Mykolajiw sei ein Brand ausgebrochen, teilte die Militärpressestelle für den Süden der Ukraine auf ihrem Telegram-Kanal mit. Wie schwer dort der Schaden sei, müsse noch festgestellt werden.
Nach Zählung der ukrainischen Luftwaffe setzte die russische Armee 17 Kampfdrohnen iranischer Bauart ein, von denen 14 abgeschossen worden seien. Schon am Dienstagabend seien zwei Marschflugkörper Ch-59 abgefangen worden, die in Richtung Odessa flogen. Außerdem seien von der durch Russland annektierten Halbinsel Krim zwei Marschflugkörper des Typs Iskander-K und eine ballistische Rakete Iskander-M gestartet worden.
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