Die russischen Raketenangriffe auf die Ukraine sorgen für immer neue Opfer und Schäden. Am Montagabend wurde die südukrainische Hafenstadt Odessa von einer Rakete getroffen, die drei Frauen verletzte, wie die regionale Militärverwaltung mitteilte. Zu den Schäden hieß es lediglich, »Objekte der zivilen Infrastruktur« seien getroffen worden. Später wurde gemeldet, dass in der Stadt der Strom für insgesamt 300.000 Menschen ausgefallen sei.
Auch in anderen Teilen der Ukraine herrschte am Abend Luftalarm. So wurde die Hauptstadt Kiew mit Raketen angegriffen, die laut Bürgermeister Vitali Klitschko sieben Menschen im zentralen Stadtbezirk Petschersk verletzten. Ein unbewohntes dreistöckiges Gebäude wurde beschädigt. Raketentrümmer fielen auch in drei anderen Stadtteilen herab.
Ukraine berichtet von abgewehrten Drohnenangriffen
Die Ukraine hat in der Nacht eigenen Angaben zufolge ein Dutzend russischer Kampfdrohnen abgewehrt. Alle zwölf Drohnen seien abgeschossen worden, schrieb Luftwaffenkommandeur Mykola Oleschtschuk auf Telegram. Laut dem Bürgermeister der ostukrainischen Großstadt Charkiw, Ihor Terechow, waren acht der Geschosse auf seine Region abgefeuert worden. Es gab zudem Berichte über nächtliche Raketenangriffe. Über mögliche Opfer oder Schäden war aber zunächst nichts bekannt.
Unterdessen meldete auch die russische Grenzregion Belgorod Beschuss. Laut Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow wurden drei Menschen verletzt. In den vergangenen Wochen haben sich die Angriffe auf Belgorod gehäuft. Trotzdem stehen Opferzahlen und Schäden auf russischer Seite weiter in keinem Verhältnis zu den Kriegsfolgen in der angegriffenen Ukraine.
Kiew: 2000 Raketen seit Kriegsbeginn abgeschossen
Die ukrainische Flugabwehr hat in den mehr als zwei Jahren seit Beginn des russischen Angriffskrieges nach eigenen Angaben 2000 Marschflugkörper und Raketen abgeschossen. Durch die von den Partnern der Ukraine bereitgestellten modernen Flugabwehrsysteme seien Tausende von Menschenleben gerettet worden, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew auf der Plattform X (vormals Twitter) mit.
Die Behörde machte jedoch keine Angaben, wie viele Raketen und Marschflugkörper nicht von der Flugabwehr abgefangen wurden. Auch die Abwehr von Drohnen wurde von dieser Statistik nicht erfasst. Das Ministerium schloss sich der bereits mehrfach von Präsident Wolodymyr Selenskyj geäußerten Bitte um weitere Flugabwehrsysteme an, um die Bevölkerung der Ukraine noch besser zu schützen. »Denn die zivile Infrastruktur bleibt das Hauptziel russischer Angriffe«, hieß es.
Beratungen über Gegenmaßnahmen
Die ukrainische Militärführung trat zu Beratungen über mögliche Maßnahmen gegen die verstärkten russischen Angriffe zusammen. »Wir haben erörtert, wie wir das terroristische Potenzial Russlands weiter reduzieren können«, sagte Präsident Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. »Wir planen ganz klar unsere Aktionen.« Details nannte Selenskyj jedoch nicht.
Selenskyj wechselt Sekretär des Sicherheitsrates aus
Nach einer Reihe von Personalwechseln in der Armeeführung hat Selenskyj auch den Sekretär des Nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, Olexij Danilow, entlassen. Ein entsprechender Erlass wurde am Dienstag veröffentlicht. An Danilows Stelle rückt der bisherige Chef des Auslandsgeheimdienstes, Olexander Lytwynenko. Selenskyj erwähnte den Wechsel auch in seiner abendlichen Videobotschaft, nannte aber keine Gründe. Danilow werde eine neue Aufgabe erhalten, kündigte der Präsident an.
Dem 21-köpfigen Sicherheitsrat gehören Regierungsmitglieder, die Geheimdienstchefs, aber auch der Generalstaatsanwalt, der Chef der Zentralbank und der Präsident der Akademie der Wissenschaften an. In dem Rat werden unter Vorsitz des Präsidenten Fragen der nationalen Sicherheit diskutiert. Der Sekretär erfüllt dabei vor allem organisatorische Aufgaben und untersteht direkt dem Staatschef.
Zum neuen Chef des Auslandsgeheimdienstes wurde Oleh Iwaschtschenko ernannt. Dieser war vorher Vizechef des Militärgeheimdienstes. Danilow hatte vor knapp einer Woche im ukrainischen Nachrichtenfernsehen den chinesischen Vermittler Li Hui öffentlich beleidigt. Hui war kürzlich nach Kiew und Moskau gereist, um Möglichkeiten für eine Friedenslösung zwischen den Kriegsgegnern auszuloten.
Verstimmung in Polen
Nach dem mutmaßlichen Eindringen einer russischen Rakete in den Luftraum Polens auf ihrem Weg in die Westukraine herrscht in Warschau weiter Verstimmung. Der russische Botschafter in Polen war trotz Einbestellung nicht im Außenministerium in Warschau erschienen, um die mutmaßliche Verletzung des polnischen Luftraums durch einen russischen Marschflugkörper zu erklären.
Der Diplomat sei nicht zum anberaumten Gespräch gekommen, deshalb werde die diplomatische Note mit der Aufforderung, den Vorfall aufzuklären, nun auf einen anderen Weg ans russische Außenministerium weitergeleitet, sagte ein Sprecher des polnischen Außenministeriums der Agentur PAP.
Russland hatte bei den Raketenangriffen auf die Westukraine nach polnischen Angaben am Sonntagmorgen kurzzeitig den Luftraum des Nato-Mitglieds Polen verletzt. Laut dem Generalstab der polnischen Streitkräfte gab es am 24. März um 4.23 Uhr eine Luftraumverletzung durch einen von einem russischen Langstreckenflugzeug abgeschossenen Marschflugkörper.
Polen und die Nato erörterten mögliche Schutzmaßnahmen gegen ein erneutes Eindringen russischer Raketen in polnischen Luftraum. Bei einem Gespräch zwischen Außenminister Radoslaw Sikorski und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sei es um Möglichkeiten zur Stärkung der Sicherheit des polnischen und alliierten Luftraums gegangen, teilte das Außenamt in Warschau mit. Stoltenberg sei über die Einzelheiten des Vorfalls und die eingeleiteten Verfahren informiert worden.
Weitere Kämpfe an den Fronten der Ukraine
An den Fronten der Ukraine lieferten sich russische und ukrainische Truppen erneut erbitterte Gefechte. Insgesamt seien im Laufe des Tages 45 Kampfhandlungen registriert worden, teilte der Generalstab in Kiew mit. Die russischen Einheiten seien dabei mit 56 Luftangriffen unterstützt worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.
In Charkiw im Osten des Landes wurden bei einem russischen Angriff vier Frauen verletzt, wie die Justizbehörden der Region mitteilten. Nach ersten Untersuchungen waren sie durch die Explosion einer Fliegerbombe verletzt worden.
Kremlsprecher: Müssen Russen im Osten der Ukraine schützen
Kremlsprecher Dmitri Peskow hat weitere russische Angriffe in der Ukraine angedeutet. Russland müsse alles unternehmen, um die Bewohner der besetzten und inzwischen annektierten Gebiete im Osten der Ukraine zu schützen, wurde Peskow von der Staatsagentur Tass zitiert.
Dabei müssten die zu diesen Gebieten gehörenden Abschnitte »befreit« werden, die noch von der ukrainischen Armee kontrolliert werden. Zudem müsse das russische Militär so handeln, »dass das militärische Potenzial des Kiewer Regimes die Sicherheit unseres Volkes, unserer Regionen nicht bedrohen kann«.
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