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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Monatelang war die ukrainische Stadt Awdijiwka umkämpft. Nun verkündet der Oberbefehlshaber den taktischen Rückzug. Die Ereignisse im Überblick.

Awdijiwka
Russische Truppen versuchen seit Oktober 2023 unter hohen Verlusten, Awdijiwka zu erobern. Foto: Libkos/DPA
Russische Truppen versuchen seit Oktober 2023 unter hohen Verlusten, Awdijiwka zu erobern.
Foto: Libkos/DPA

Mit ihrem Rückzug aus der monatelang umkämpften Stadt Awdijiwka hat die ukrainische Armee einen weiteren Rückschlag in ihrem Abwehrkampf gegen Russland erlitten. Die Einheiten wurden aus der Stadt abgezogen und zogen sich auf günstigere Verteidigungslinien zurück, um eine Einkreisung zu vermeiden und das Leben der Soldaten zu schützen, wie der neue Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj auf X und Facebook schrieb.

Am Rande der Sicherheitskonferenz in München bewertete Präsident Wolodymyr Selenskyj diese Entscheidung als »logische, gerechte und professionelle Lösung« zum Schutz der Soldaten. »Das war für uns die Hauptaufgabe: Wir schützen unsere Leute, unsere Soldaten«, sagte er.

Syrskyj betonte, die Armee wolle die Stadt mit einst etwa 30.000 Einwohnern aber nicht aufgeben. Man werde zurückkehren.

Putin gratuliert Russlands Armee

Das russische Militär äußerte sich zunächst nicht zu der veränderten Frontlage bei Awdijiwka. Russische Truppen hatten seit Oktober 2023 unter hohen Verlusten versucht, Awdijiwka zu erobern.

Russlands Präsident Wladimir Putin gratulierte später aber seiner Armee zur Eroberung. »Der Präsident hat unseren Soldaten und Kämpfern zu einem so wichtigen Sieg und einem solchen Erfolg gratuliert«, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut Agentur Interfax.

Die ehemalige Industriestadt war seit 2014 Vorposten der Ukraine in unmittelbarer Nähe zu Donezk, der russisch beherrschten Hauptstadt des Kohle- und Stahlreviers Donbass. In den vergangenen Tagen war die Lage der ukrainischen Verteidiger dort immer schwieriger geworden. Die erbitterten Kämpfe wurden von Militärs beider Seiten als »Fleischwolf« bezeichnet.

Kremlchef Wladimir Putin hatte vor fast zwei Jahren, am 24. Februar 2022, einen großangelegten Einmarsch in die Ukraine befohlen, um das Nachbarland unter Kontrolle zu bringen. Die Ukraine wehrt sich nach Kräften und ist dabei auf Rüstungs- und Finanzhilfe der europäischen Staaten, der USA und anderer demokratischer Länder weltweit angewiesen.

Ukrainer ziehen sich auf neue Verteidigungslinie zurück

Nach dem Rückzug aus Awdijiwka haben die ukrainischen Truppen nun eine neue Verteidigungslinie weiter westlich gebildet. Die Kampfhandlungen waren bis zum Morgen abgeebbt, wie der Militärsprecher für den Frontabschnitt, Dmytro Lychowij, im ukrainischen Fernsehen sagte. Nach dem Höhepunkt der russischen Angriffe am Vortag werde jetzt eine kürzere Ruhepause von russischer Seite erwartet.

US-Präsident Joe Biden prangert nach dem Rückzug erneut die Untätigkeit des Kongresses an. Biden sicherte Selenskyj dem Weißen Haus zufolge abermals die Unterstützung der USA zu und betonte, dass der Kongress dringend ein neues Hilfspaket für die Ukraine genehmigen müsse. 

In der Nacht hatte der Kommandeur der Dritten Sturmbrigade, Andrij Bilezkyj, ebenfalls den Rückzug seiner Einheit bestätigt. Diese hatte kurz zuvor noch Bilder ihrer Soldaten aus Bunkeranlagen in der stadtprägenden Kokerei verbreitet. Ob die bisher nicht von einer Einschließung bedrohte Fabrik ebenso aufgegeben wurde, war zunächst unklar.

Ukrainischer Befehlshaber: Russen erlitten hohe Verluste

Syrskyj schrieb weiter, die Soldaten erfüllten ihre militärische Pflicht mit Würde und machten alles, »um die besten russischen Militäreinheiten zu vernichten«; sie fügten dem Feind erhebliche Verluste an Personal und Ausrüstung zu.

Der kommandierende General für diesen Frontabschnitt, Olexander Tarnawskyj, schrieb auf Telegram, die Armee habe Awdijiwka gemäß Befehl verlassen und habe die vorbereiteten Stellungen erreicht. »In einer Situation, in der der Feind unter ständigem Bombardement über die Leichen seiner eigenen Soldaten vorrückt und dabei einen Vorteil von zehn zu eins hat, ist dies die einzig richtige Entscheidung«, schrieb er. Die Einkesselung sei verhindert worden, das Personal abgezogen.

Russland: Neun ukrainische Drohnen abgewehrt

Die russische Luftabwehr wehrte in der Nacht zu Samstag eigenen Angaben zufolge sieben ukrainische Drohnen über der Region Kaluga ab und zwei weitere in der südwestrussischen Region Belgorod nahe der Grenze zur Ukraine. Das teilte die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf Behörden der Regionen mit. Nach vorläufigen Informationen gebe es keine Verletzten oder Schäden.

Ukraine: Drei russische Kampfflugzeuge abgeschossen

Das ukrainische Militär schoss im Verlauf von Kämpfen im Osten des Landes nach eigener Darstellung drei russische Kampfflugzeuge ab. Zwei Jagdbomber des Typs Suchoi Su-34 und eine Su-35 seien am östlichen Frontabschnitt abgeschossen worden, teilte Luftwaffenchef Mykola Oleschtschuk am Samstag bei Telegram mit.

Russische Quellen bestätigten die Abschüsse zunächst nicht. Jedoch hatten russische Militärbeobachter zuvor von einer Verlegung ukrainischer Flugabwehrsysteme in die Nähe von Awdijiwka berichtet.

© dpa-infocom, dpa:240217-99-21502/13