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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Die USA stellen der Ukraine Militärhilfe über 250 Millionen Dollar bereit. Mit mehr Hilfe kann Kiew vorerst nicht rechnen. Die Führung dort baut die eigene Rüstungsindustrie auf. Die News im Überblick.

Ukraine-Krieg
Im Osten und im Süden der Ukraine gehen die Kämpfe unvermindert weiter. Foto: Efrem Lukatsky/DPA
Im Osten und im Süden der Ukraine gehen die Kämpfe unvermindert weiter.
Foto: Efrem Lukatsky/DPA

Die US-Regierung stellt der Ukraine weitere Militärhilfe in Höhe von 250 Millionen US-Dollar (rund 225 Millionen Euro) zur Verfügung. Damit dürften die bisher bewilligten US-Mittel nun weitgehend ausgeschöpft sein. Es handle sich um das letzte Paket in diesem Jahr, teilte US-Außenminister Antony Blinken mit.

Die Hilfe beinhalte vor allem Munition - darunter 15 Millionen Schuss für kleinere Waffen sowie Munition für die Luftabwehr oder den US-Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars. »Unsere Hilfe war entscheidend für die Unterstützung unserer ukrainischen Partner bei der Verteidigung ihres Landes und ihrer Freiheit gegen die russische Aggression«, so Blinken.

Unterdessen wehrte das russische Militär in der Nacht nach Angaben aus Moskau mehrere ukrainische Drohnenangriffe auf die seit 2014 von Russland besetzte Schwarzmeerhalbinsel Krim ab. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig prüfen. Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als 22 Monaten gegen den russischen Angriffskrieg.

Zukunft von US-Hilfen für Ukraine ungewiss

Wie es künftig mit der US-Unterstützung für die Ukraine weitergeht, ist völlig offen. Das Weiße Haus hatte Mitte Dezember bereits erklärt, nur noch Mittel für ein weiteres Militärhilfepaket für die Ukraine in diesem Jahr zu haben. Es hieß außerdem, dass mit Ende des Jahres die bisher bewilligten Mittel aufgebraucht sein werden.

Die Freigabe weiterer Mittel wird derzeit von einem Streit im US-Parlament zwischen Republikanern und Demokraten blockiert. Die Republikaner stehen der Bewilligung neuer Hilfen im Weg, weil sie von US-Präsident Joe Biden im Gegenzug eine Verschärfung der Asylpolitik in den USA fordern.

Ob, wie und wann sich beide Parteien im kommenden Jahr auf neue Mittel einigen werden, ist unklar. Biden hatte die Aussichten auf eine schnelle Bewilligung weiterer US-Hilfen bei einem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington vor zwei Wochen gedämpft. Er räumte ein, dass er »keine Versprechungen« machen könne, aber hoffnungsvoll sei, dass es eine Einigung im Kongress geben werde.

Der Demokrat kann in der Zwischenzeit versuchen, Gelder aus anderen Bereichen für die Ukraine umzuwidmen. Damit kann er aber nicht die Summen bereitstellen, die nötig wären, um die Ukraine im großen Stil dauerhaft zu unterstützen.

Nouripour: Könnten US-Unterstützung nicht kompensieren

Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour wies auf die zentrale Rolle der USA bei der westlichen Unterstützung für die Ukraine hin. Deutschland und die EU könnten eine wegbrechende US-amerikanische Unterstützung nicht auffangen, sagte Nouripour der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. »Es ist kaum möglich, einfach zu kompensieren, was die Amerikaner bisher leisten, weder beim Material noch beim Geld. Aber natürlich werden wir Europäer in diesem Falle die Hilfe für die Ukraine verstärkt angehen müssen.«

Selenskyj: Ukraine kann großer Rüstungsproduzent werden

Präsident Selenskyj demonstrierte derweil Optimismus bezüglich der Waffenproduktion des eigenen Landes: Die Ukraine kann seiner Ansicht nach künftig zu einem der größten Rüstungsproduzenten der Welt werden. Er sei sicher, dass die ukrainische Rüstungsindustrie »im Laufe der Zeit definitiv in die Top 10 der produktivsten und stärksten Rüstungskomplexe der Welt aufsteigen kann«, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. Schon jetzt trage der Industriezweig nicht nur zur Stärkung der eigenen Verteidigungsfähigkeit gegen den russischen Angriffskrieg, sondern auch wesentlich zu Wirtschaftswachstum und Beschäftigung bei.

Selenskyj lobte die Vereinbarung mit westlichen Partnern, allen voran den USA, über eine gemeinsame Waffenproduktion als »eine unserer größten politischen Errungenschaften in diesem Jahr«. So sei es möglich, modernes Militärgerät zu bauen. Die Herstellung westlicher Waffentypen soll weiter lokalisiert werden.

Ukraine: Rüstungsproduktion verdreifacht

Zuvor hatte der ukrainische Minister für strategische Industrien, Olexander Kamyschin, bei einer Pressekonferenz in Kiew erklärt, dass die Ukraine ihre Rüstungsproduktion im laufenden Jahr verdreifacht habe. Knapp ein Drittel des Wirtschaftswachstums von 4,9 Prozent sei durch Rüstungsbetriebe generiert worden. Insgesamt seien in den gut 500 zumeist privaten Unternehmen derzeit rund 300.000 Arbeiter beschäftigt.

Kiew hat laut den Angaben des Ministers unter anderem die Herstellung von Mörsergranaten um das 42-fache gesteigert. Bei Artilleriegranaten sei die Produktion fast verdreifacht worden. Bei Granaten mit Nato-Kaliber von 155 Millimetern bestehe weiter Abhängigkeit von westlichen Lieferungen. Kiew arbeite aber am Aufbau einer eigenen Produktion. Sogar selbstfahrende Haubitzen, Schützenpanzer und gepanzerte Fahrzeuge stellt Kiew eigenen Angaben nach inzwischen selbst her - wenn auch in kleinen Stückzahlen. Zumindest die Reparatur westlicher Kampfpanzer soll im kommenden Jahr ebenfalls im eigenen Land gelingen. Bei Drohnen im Fronteinsatz kommt bereits jetzt der Löwenanteil aus eigener Produktion.

Ukraine lehnt Kretschmers Idee ab

Die Idee von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) zu einem Waffenstillstand mit Russland unter eventuell vorübergehendem Gebietsverzicht hat Kiew abgelehnt. »Wenn die Ukraine sich mit dem zeitweisen Gebietsverlust abfindet, dann rücken die russischen Truppen näher an Deutschland und dabei Sachsen heran«, schrieb der Sprecher des Außenministeriums in Kiew, Oleh Nikolenko, am Mittwoch bei Facebook. Russlands Präsident Wladimir Putin sei aus seiner Dienstzeit in Dresden auch gut mit Sachsen vertraut.

Nikolenko erinnerte daran, dass sowohl Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) versucht haben, auf Putin einzuwirken. »Zugeständnisse bei Gebieten führen unweigerlich zu einer größeren Aggression durch Russland, die fraglos über die Grenzen der Ukraine hinausgehen wird«, betonte Nikolenko. Frieden in Europa sei nur über eine Niederlage Moskaus erreichbar.

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