Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert schärfere Techniksanktionen. »Die Sanktionen gegen Russland müssen ausgeweitet und verstärkt werden«, sagte Selenskyj in einer Videoansprache.
In den Kampfdrohnen und Raketen, die Russland gegen die Ukraine einsetze, seien viele Teile aus anderen Ländern verbaut, auch von westlichen Firmen, sagte Selenskyj. Moskau könne die Sanktionen zu leicht umgehen. Jeder russische Angriff auf die ukrainische Infrastruktur sei »ein Beleg dafür, dass der Druck auf den Terrorstaat nicht ausreicht«.
Der russische Präsident Wladimir Putin befahl vor mehr als 20 Monaten eine großangelegte Invasion in das Nachbarland. Die Ukraine verteidigt sich nach Kräften und erhält Militärhilfe vieler westlicher Länder. Die ukrainischen Streitkräfte zählen am Donnerstag den 610. Tag des Krieges.
USA kündigen 150 Millionen Dollar Militärhilfe an
Die USA stellen der Ukraine weitere Militärhilfe zur Verfügung. Das neue Paket in Höhe von 150 Millionen US-Dollar (rund 142 Millionen Euro) umfasse unter anderem AIM-9-Raketen für ein Luftverteidigungssystem, Stinger-Raketen und Munition für Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars, kündigte die US-Regierung an. Das Pentagon forderte den Kongress gleichzeitig auf, neue Mittel für die Unterstützung der Ukraine zu genehmigen.
US-Präsident Joe Biden hatte dort zuletzt mehr als 60 Milliarden US-Dollar für das von Russland angegriffene Land beantragt. Es ist aber mehr als offen, ob der Kongress dieser Bitte nachkommen wird. Die Zusagen der USA für Militärhilfen seit dem Beginn des Kriegs liegen dem Pentagon zufolge bei rund 44 Milliarden US-Dollar.
US-Regierung: Russland tötet Soldaten bei Befehlsverweigerung
Die US-Regierung wirft Russland vor, im Krieg gegen die Ukraine eigene Soldaten im Fall der Befehlsverweigerung zu exekutieren. »Wir haben Informationen, dass das russische Militär tatsächlich Soldaten exekutiert, die sich weigern, Befehle zu befolgen«, sagte der Kommunikationsberater des nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, in Washington.
Außerdem gehe man davon aus, dass russische Kommandeure damit drohen würden, ganze Einheiten zu exekutieren, sollten diese versuchen, sich vor ukrainischem Beschuss zurückzuziehen, sagte Kirby weiter. »Russlands mobilisierte Streitkräfte sind nach wie vor unzureichend ausgebildet, unzureichend ausgerüstet.«
Kiew dementiert angebliche Sperrung des Schwarzmeer-Korridors
Die ukrainische Regierung hat Berichte über eine angebliche Sperrung des Schiffskorridors im Schwarzen Meer offiziell dementiert. »Alle bestehenden Routen, die von der ukrainischen Marine eingerichtet wurden, sind gültig und werden von zivilen Schiffen genutzt«, teilte das Infrastrukturministerium in Kiew mit. In den drei Schwarzmeerhäfen Odessa, Tschornomorsk und Piwdennyj würden derzeit 23 Schiffe beladen.
Mit dem Schiffskorridor trotzt die Ukraine einer russischen Seeblockade. Moskau will seit dem Ende des Getreideabkommens im Juli Schiffsverkehr in und aus der Ukraine über das Schwarze Meer verhindern. Allerdings hat die Ukraine in den letzten Monaten durch Beschuss der besetzten Halbinsel Krim die russischen Kräfte so weit abgedrängt, dass deren Flugzeuge und Schiffe kaum noch im westlichen Schwarzen Meer operieren können. Ein ukrainischer Drohnenangriff auf einen russischen Tanker zeigte Moskau auch, wie verletzlich seine eigene Ölexportroute über das Schwarze Meer ist.
Selenskyj: Russische Luftwaffe zieht sich zurück
Nach erfolgreichen ukrainischen Angriffe auf russische Fliegerhorste in Luhansk und Berdjansk beobachtet die Ukraine nach Angaben Selenskyjs, dass die russische Luftwaffe Fluggerät auch von der Halbinsel Krim abzieht. Bei den Attacken setzte Kiew mutmaßlich die von den USA gelieferten ATACMS-Raketen ein und viele russische Hubschrauber und Flugzeuge außer Gefecht.
»Erst flieht die russische Marine, und jetzt flieht die russische Luftwaffe«, sagte Selenskyj zur Lage auf der Krim. Die Ukraine werde alle besetzten Gebiete ohne Ausnahme befreien, versprach er. Er dankte den Partnern, die seinem Land Waffen mit größerer Reichweite geliefert hätten.
Kaum Veränderungen an der Front
An der fast 1000 Kilometer langen Front im Osten und Süden der Ukraine gab es nach Angaben des ukrainischen Generalstabs zwar schwere Gefechte, aber kaum Veränderungen. Die ukrainische Armee habe russische Sturmangriffe bei den Orten Kupjansk, Lyman, Bachmut und Awdijiwka zurückgeschlagen, hieß es im Lagebericht.
Ihrerseits setze die Ukraine Angriffe bei Bachmut im Osten und Werbowe im Süden fort. Die Militärangaben waren nicht unabhängig überprüfbar. Der Kiewer Generalstab äußerte sich nicht zu angeblichen ukrainischen Vorstößen auf dem russisch besetzten Dnipro-Ufer im südlichen Gebiet Cherson. Davon berichteten Militärblogger.
Orban verteidigt Treffen mit Putin
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat am Rande des EU-Gipfels sein Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin verteidigt. Ungarn habe eine Friedensstrategie und man wolle alles tun, um Frieden zu schaffen, sagte Orban. Man halte alle Kommunikationskanäle zu den Russen offen, sonst gebe es keine Chance auf Frieden. Orban ergänzte: »Wir sind stolz darauf.«
Putin hatte vergangene Woche in Peking Orban zu einem längeren Gespräch getroffen. Dies war sein erstes persönliches Treffen mit einem EU-Regierungschef in diesem Jahr gewesen. In Brüssel hatte der Austausch für Verärgerung gesorgt, weil er Putin die Gelegenheit gab, die EU als gespalten darzustellen.
Teenager in Südukraine durch russischen Beschuss getötet
In der südukrainischen Region Cherson wurde offiziellen Angaben zufolge ein 13 Jahre alter Teenager durch russischen Beschuss getötet. Nach Angaben der ukrainischen Behörden vom Donnerstag seien zudem mindestens vier weitere Menschen durch die Angriffe verletzt worden.
Der regionale Militärgouverneur Olexander Prokudin rief vor diesem Hintergrund Eltern dazu auf, ihre Kinder aus der Region zu evakuieren. »Sorgen Sie für ihre Sicherheit! Ihr seht, wie intensiv der Beschuss ist«, schrieb er auf Telegram. Am Mittwoch hatten die Chersoner Behörden bereits über den Tod eines 42 Jahre alten Mannes berichtet.
Neue slowakische Regierung will keine Waffen mehr liefern
Der slowakische Regierungschef Robert Fico erneuerte indes kurz nach seinem Amtsantritt seine Absicht aus dem Wahlkampf, die Ukraine nicht mehr mit Waffen zu unterstützen. Die Slowakei werde weiter zivile Güter ins Nachbarland liefern und ihm »allseitige« Hilfe leisten, geht aus einer Erklärung Ficos hervor, die der Europa-Ausschuss des neu gewählten Parlaments in Bratislava annahm. Die Lieferung von Waffen gehöre nicht dazu. Der Beschluss ist rechtlich nicht bindend.
»Als Regierungschef stehe ich für eine Null-Waffenhilfe an die Ukraine«, zitierte die Nachrichtenagentur TASR den Ministerpräsidenten. Slowakische Firmen sollen nach früheren Ankündigungen jedoch weiterhin Waffen an die von Russland angegriffene Ukraine verkaufen können.
Arbeiten an finnischem Zaun an Grenze zu Russland kommen voran
In Finnland schreiten die Arbeiten an einem geplanten Zaun an der Grenze zu Russland voran. Der Bau eines schätzungsweise drei Kilometer langen Testmodells in der Nähe des Grenzübergangs Imatra sei mit leichter Verzögerung mittlerweile abgeschlossen worden, die Pilotphase geglückt und die Umsetzung der nächsten Phase bereits im Gange, teilte der finnische Grenzschutz mit.
Die gesammelten Erfahrungen könnten nun in den weiteren Phasen des Zaunbaus genutzt werden. Derzeit werde an einem vier Kilometer langen Zaunabschnitt am Grenzübergang Salla gebaut.
Der geplante Grenzzaun soll keinen neuen Eisernen Vorhang darstellen, sondern den Grenzschützern vielmehr die Überwachung der Grenze an strategisch wichtigen Punkten etwa in der Nähe der Übergänge erleichtern, vor allem in Südostfinnland. Als Nächstes sollen zwölf Streckenabschnitte mit einer Gesamtlänge von rund 70 Kilometern errichtet werden. Ziel ist nach Angaben des Grenzschutzes, mit dem Bau der längsten Abschnitte im Laufe des kommenden Winters zu beginnen.
Russland lässt seine Atomstreitkräfte üben
Russland hat nach Kreml-Angaben bei einer Übung der Nuklearstreitkräfte zwei Interkontinentalraketen und mehrere Marschflugkörper abgefeuert. Das Manöver fand demnach unter Leitung des Oberkommandierenden, also Präsident Wladimir Putin, statt. Eine Interkontinentalrakete sei von einem Atom-U-Boot abgeschossen worden, eine zweite von einer mobilen Abschussrampe auf dem Gelände des nordrussischen Weltraumbahnhofs Plessezk. Die Marschflugkörper seien von strategischen Langstreckenbombern des Typs Tupolew Tu-95MS aus gestartet worden.
Unterdessen kündigte der russische Sicherheitsrat eine Vergrößerung der Armee an. Anlass seien die Kämpfe in der Ukraine und die Erweiterung des militärischen Potenzials der Nato. Das sagte Ex-Präsident Dmitri Medwedew, jetzt Vizesekretär des Sicherheitsrates. Seinen Angaben nach sollen 2024 ein neues Armeekorps, 7 Divisionen, 19 Brigaden, 49 Regimenter und eine Marineflotille aufgestellt werden.
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