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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Die gegenseitigen Attacken Russlands und der Ukraine mit Drohnen gehen intensiv weiter. Moskau will ukrainische Schnellboote zerstört haben. Die News im Überblick.

Angriff auf Pskow
Rauchschwaden steigen über Pskow auf. Foto: Ostorozhno Novosti/DPA
Rauchschwaden steigen über Pskow auf.
Foto: Ostorozhno Novosti/DPA

Die Ukraine hat ihre Drohnenangriffe auf russische Ziele fortgesetzt. Zugleich war die Ukraine im Visier feindlicher Marschflugkörper, Drohnen und Artillerie. Im ganzen Land wurden nach offiziellen Angaben sechs Menschen getötet und mehr als 15 verletzt.

Nach dem Tod von Söldnerchef Jewgeni Prigoschin lehnt Russland eine Untersuchung zum Absturz des Privatflugzeugs durch ausländische Spezialisten ab. Nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes zeigen die vielen Urteile gegen russische Deserteure die schlechte Moral der Truppe. Das EU-Programm zur Lieferung von einer Million Artilleriegeschossen an die Ukraine kommt indes nur langsam voran.

Drohnenangriffe auf weitere russische Regionen

Neben dem Großangriff auf Pskow sind in der Nacht und am frühen Mittwochmorgen weitere russische Regionen von Drohnen angegriffen worden. In der westrussischen Stadt Brjansk nahe der ukrainischen Grenze sei dabei durch Trümmer das Gebäude der Ermittlungsbehörde beschädigt worden, meldete die Stadtverwaltung. Nach Angaben des Gouverneurs wurden sechs Drohnen abgeschossen.

Im benachbarten Gebiet Orlow soll eine Drohne auf ein leeres Tanklager gestürzt und dort explodiert sein. Medien berichteten zudem unter Berufung auf Augenzeugen über Explosionen im Bereich eines Betriebs in der für ihre Rüstungsindustrie bekannten Region Tula südlich von Moskau.

Sechs Tote bei Attacken mit Marschflugkörpern

Laut dem ukrainischen Oberkommandierenden Walerij Saluschnyj feuerte Russland in der Nacht 28 Marschflugkörper und 16 Drohnen auf die Ukraine ab. Der Großteil der Geschosse konnte laut der Militärführung jedoch abgefangen werden. In Kiew brachen mehrere Feuer aus, darunter in einem Verwaltungsgebäude und in einem Gewerbebetrieb. In der Hauptstadt wurden mindestens zwei Menschen getötet und sechs weitere verletzt.

Opfer gab es auch in der Region Donezk, wo drei Menschen starben und mindestens acht verletzt wurden. Im Nordosten der Ukraine starb eine Frau bei russischem Artilleriebeschuss, im Gebiet Saporischschja gab es drei Verletzte durch Angriffe.

Sechs Tote bei Hubschrauber-Absturz

Beim Absturz zweier ukrainischer Militärhubschrauber sind nach Armeeangaben alle sechs Männer an Bord getötet worden. Die Helikopter vom Typ Mi-8 seien aus ungeklärte Ursache nahe Kramatorsk in der Ostukraine verunglückt, sagte ein Sprecher der ukrainischen Heeresflieger im Fernsehen. Die Leichen seien in den Wracks der völlig zerstörten Maschinen gefunden worden. Wegen der Absturzursache werde ermittelt. Nach Angaben aus militärnahen Kreisen waren die Hubschrauber am Dienstag auf einem Einsatzflug gewesen. Es war aber nicht von einem Abschuss die Rede.

Moskau: Ukrainische Schnellboote zerstört

Russische Kampfjets haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau mehrere ukrainische Schnellboote im Schwarzen Meer zerstört. Am Mittwochnachmittag meldete das Ministerium innerhalb eines Tages den Abschuss eines sechsten Bootes im Raum der Schlangeninsel durch einen Kampfjet vom Typ Suchoi Su-24.

Am Morgen hatten die russischen Militärs von der Zerstörung eines ukrainischen Bootes durch ein Su-30-Flugzeug berichtet. Kurz davor war davon die Rede, dass ein Marineflugzeug der russischen Schwarzmeerflotte vier ukrainische Militär-Schnellboote zerstört habe. An Bord sollen sich nach Angaben aus Moskau bis zu 50 Angehörige ukrainischer Spezialeinheiten befunden haben.

Prigoschin-Tod: Keine internationale Untersuchung

Nach dem Absturz des Privatflugzeugs von Söldnerchef Prigoschin lehnt Russland eine internationale Untersuchung ab. Eine Beteiligung ausländischer Strukturen an der Aufklärung der Katastrophe sei nicht möglich, weil unter anderem auch wegen einer gezielten Tat ermittelt werde, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Er reagierte damit auf Berichte, nach denen Russland Brasilien eine Absage erteilt habe, an den Ermittlungen teilzunehmen.

In Brasilien sitzt der Hersteller Embraer, dessen Maschine am Mittwoch vor einer Woche abgestützt war. Gemutmaßt wird, dass an Bord der Maschine ein Sprengsatz detonierte oder eine Flugabwehrrakete das Flugzeug zum Absturz brachte. »Es ist unsere Ermittlung«, sagte Peskow. Er hatte zuvor zurückgewiesen, dass Kremlchef Wladimir Putin etwas mit dem Tod seines früheren Vertrauten Prigoschin zu tun haben könnte.

Anhänger von Prigoschin besuchen dessen Grab

Nach der Beerdigung Prigoschins pilgerten am Mittwoch dessen Anhänger zum Grab. Obwohl der Söldnerchef den Ehrentitel »Held Russlands« getragen habe, sei niemand von Staatsseite aus bei der Trauerfeier gewesen, sagte die Politologin Tatjana Stanowaja. Die Expertin sieht darin eine Bestätigung für die in Russland verbreitete These, dass es sich bei dem gezielten Absturz um einen Racheakt des Machtapparates gehandelt habe, nachdem Prigoschin im Juni einen Aufstand gegen die Moskauer Militärführung angezettelt hatte und gescheitert war.

London: Schlechte Moral in russischer Truppe

Zahlreiche Urteile gegen Deserteure zeigen nach britischer Einschätzung eine schlechte Moral der russischen Armee. »Die Verweigerung zu kämpfen, spiegelt wahrscheinlich den Mangel an Ausbildung und Motivation sowie die hohen Stresssituationen wider, mit denen die russischen Streitkräfte entlang der gesamten Front in der Ukraine konfrontiert sind«, teilte das britische Verteidigungsministerium mit.

Laut einem Bericht des unabhängigen russischen Internetportals »Mediazona« vom 18. Juli würden jede Woche etwa 100 Soldaten wegen Fahnenflucht verurteilt. Auf die Gesamtstärke der Truppe habe dies aber kaum Auswirkungen. Russland gleiche seine Verluste aus, indem es viele schlecht ausgebildete Soldaten an die Front schicke.

Zunächst viel weniger Munition aus der EU

Aus den EU-Staaten, die der Ukraine im März innerhalb von zwölf Monaten eine Million neue Artilleriegeschosse und Raketen versprochen hatten, liegen nach Angaben des estnischen Verteidigungsministers Hanno Pevkur aktuell nur Zusagen für etwa 226.000 Geschosse vor. Es müsse noch viel getan werden, mahnte er am Rande eines EU-Verteidigungsministertreffens im spanischen Toledo.

Den Angaben Pevkurs zufolge verschießt die Ukraine derzeit etwa 6000 Geschosse pro Tag, während Russland an Spitzentagen auf 60.000 bis 70.000 kommt. Zur ukrainischen Gegenoffensive sagte Pevkur, man sehe, dass die ukrainischen Streitkräfte Fortschritte bei der noch von Russland besetzten Stadt Tokmak machten, die derzeit ein »Hotspot« sei.

© dpa-infocom, dpa:230830-99-07505/8