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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Die Ukraine kämpft sich nach eigenen Angaben voran - auch rund um Bachmut geben. Außerdem sorgt die Kritik eines entlassenen russischen Offiziers für Aufsehen. Die News im Überblick.

Ukraine-Krieg - Bachmut
Ein Mehrfachraketenwerfer der ukrainischen Armee feuert Raketen auf russische Stellungen in der Nähe von Bachmut. Foto: Roman Chop/DPA
Ein Mehrfachraketenwerfer der ukrainischen Armee feuert Raketen auf russische Stellungen in der Nähe von Bachmut.
Foto: Roman Chop/DPA

Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben bei ihrer Gegenoffensive weitere Teilerfolge erzielt. So habe sie sich im südlichen Gebiet Saporischschja auf den neuen Positionen festgesetzt, teilte der Sprecher des Generalstabs, Andrij Kowaljow, mit.

Der russische Gegner leiste jedoch weiter »starken Widerstand« und ziehe Reserven heran. Bei Drohnenangriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew und andere Orte sind laut Behörden etwa 25 Menschen verletzt worden. Moskau setzt nach britischen Erkenntnissen inzwischen auch Fahrzeuge als rollende Bomben ein. Russlands Militärführung hat den Oberbefehlshaber der russischen 58. Armee, Iwan Popow, dessen Angaben zufolge entlassen.

Ukrainische Armee kommt auch bei Bachmut voran

In der Ostukraine setzen die ukrainischen Truppen Kowaljow zufolge ihren Vormarsch südlich der von Russland kontrollierten Stadt Bachmut fort. Zugleich seien Angriffe der russischen Truppen im Donezker Gebiet in den Abschnitten Lyman, Awdijiwka und Marjinka sowie bei Kupjansk im Gebiet Charkiw abgewehrt worden. Zudem habe die russische Luftwaffe Dutzende Angriffe ausgeführt. Informationen der Kriegsparteien lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Mehr als 20 Verletzte allein in Saporischschja

In der südostukrainischen Großstadt Saporischschja sind mutmaßlich durch Raketenbeschuss mehr als 20 Menschen verletzt worden. 13 Verletzte mussten ins Krankenhaus gebracht werden, wie der Militärgouverneur Jurij Malaschko bei Telegram mitteilte.

Unter den Opfern seien acht Minderjährige. Innerhalb eines Tages seien im Gebiet Saporischschja 14 Ortschaften insgesamt 80 mal beschossen worden. Mehr als 40 Gebäude seien dabei beschädigt worden. Im Gebiet Cherson seien am Mittwoch und am Donnerstag mindestens drei Zivilisten getötet und drei verletzt worden, hieß es weiter. Auch Kiew war erneut Ziel russischer Drohnen. Trümmer abgeschossener Drohnen verletzten mehrere Menschen.

Entlassener Oberbefehlshaber übt scharfe Kritik

Der russische General Popow wandte sich in einer Sprachnachricht auf Telegram an die Soldaten. »Ich habe die Aufmerksamkeit auf die größte Tragödie des modernen Kriegs gelenkt - auf das Fehlen der Artillerieaufklärung und -bekämpfung und die vielfachen Toten und Verletzten durch die feindliche Artillerie.« Danach habe sich das Verteidigungsministerium seiner entledigt.

Popow, dessen Einheiten im Gebiet Saporischschja kämpften, übte harte Kritik an seinen Vorgesetzten: »Die Soldaten der ukrainischen Streitkräfte konnten unsere Front nicht durchbrechen, aber von hinten hat uns der Oberbefehlshaber einen verräterischen Schlag versetzt, indem er die Armee im schwersten Moment der höchsten Anspannung enthauptet hat.« Zuvor hatten andere Telegram-Kanäle berichtet, Generalstabschef Waleri Gerassimow habe Popow als »Panikmacher« bezeichnet und ihn seines Postens enthoben.

Putin: Kiew hat Recht auf Sicherheit

Der russische Präsident Wladimir Putin sprach der Ukraine prinzipiell das Recht auf die Wahrung seiner Sicherheit zu. Dies dürfe aber die Sicherheit Russlands nicht gefährden, schränkte er in einem Interview des russischen Staatsfernsehens ein, das der kremlnahe Berichterstatter Pawel Sarubin auf seinem Telegram-Kanal veröffentlichte. »Die Mitgliedschaft der Ukraine in der Nato schafft eine Bedrohung für die Sicherheit Russlands«, behauptete Putin, der dies als einen Grund für den Beginn des Kriegs anführte.

Die Mitgliedschaft in der Nato mache auch die Ukraine nicht sicherer, sondern führe nur zu weiteren Spannungen in der Welt, sagte der Kremlchef weiter. Die Ukraine strebt den Beitritt zur westlichen Militärallianz vor allem an, um sich vor der Bedrohung aus Russland zu schützen.

Biden: »Nato stärker denn je«

US-Präsident Joe Biden hat den Nato-Beitritt Finnlands als einen »unglaublichen Gewinn« für das westliche Militärbündnis bezeichnet. »Ich glaube nicht, dass die Nato jemals stärker gewesen ist«, sagte Biden bei einem Treffen mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö in Helsinki. Die USA und Finnland teilten die gleichen Wertvorstellungen. Er habe ungefähr »drei Sekunden gebraucht«, um dem Beitrittsgesuch Finnlands zuzustimmen.

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte Finnland im Mai 2022 gemeinsam mit Schweden die Nato-Mitgliedschaft beantragt. Finnland wurde Anfang April als 31. Mitglied im Bündnis willkommen geheißen, Schweden fehlt dagegen weiterhin die Zustimmung aus der Türkei und Ungarn.

USA: Ukraine nach Kriegsende Nato-Mitglied

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin äußerte sich überzeugt, dass die Ukraine nach Ende des russischen Angriffskriegs in die Nato aufgenommen wird. »Ich habe keinen Zweifel daran, dass das geschehen wird«, sagte Austin in einem ausgestrahlten Interview mit dem Sender CNN.

Bis dahin gebe es aber noch »eine Reihe von Dingen, die getan werden müssen« wie eine Justizreform. Es müsse sichergestellt werden, dass die »Demokratie in gutem Zustand« sei. Auf einen Zeitraum bis zur Aufnahme des Landes ins westliche Verteidigungsbündnis ließ er sich nicht festlegen.

London: Russisches Militär setzt auch auf rollende Bomben

Nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes nutzt Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine auch improvisierte Fahrzeugbomben. Im Juni habe es Berichte gegeben, dass russische Streitkräfte veraltete, gepanzerte Fahrzeuge mit mehreren Tonnen Sprengstoff als rollende Bomben eingesetzt hätten, teilte das Verteidigungsministerium in London mit.

Die Besatzung springe wahrscheinlich nach dem Start aus dem Fahrzeug. Der Großteil derartiger Vorfälle sei rund um Marjinka in der Nähe der Stadt Donezk gemeldet worden, hieß es. Die meisten dieser Fahrzeuge seien durch Panzerabwehrminen und Beschuss mit ziemlicher Sicherheit vor Erreichen des Ziels zerstört worden.

Russland weist geplante AKW-Sprengung zurück

Der Chef der russischen Atombehörde Rosatom, Alexej Lichatschow, wies Vorwürfe einer angeblich von Moskau geplanten Sprengung des Atomkraftwerks Saporischschja zurück. »Man müsste ein völliger Idiot sein, um die Sprengung eines Kraftwerks vorzubereiten, wo direkt täglich 3500 deiner Leute arbeiten«, sagte Lichatschow in einem Interview für das russische Staatsfernsehen. Ausschnitte davon veröffentlichte der kremlnahe Berichterstatter Pawel Sarubin auf seinem Telegram-Kanal.

Seit Monaten verdächtigen sich Moskau und Kiew gegenseitig, gezielt ein Unglück an der Nuklearanlage zu provozieren, entweder durch Beschuss oder durch Verminung. Anfang Juli spitzten sich die Vorwürfe zu. Es hieß, dass ein Anschlag unmittelbar bevorstehe. Laut Lichatschow hat sich die Lage inzwischen auch deswegen wieder beruhigt, weil die seinen Angaben nach verleumderischen Anschuldigungen Kiews mithilfe der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA widerlegt worden seien.

Russland denkt über Verlängerung des Getreideabkommens nach

Die Verlängerung des Getreideabkommens mit der Ukraine ist nach Angaben von Kremlchef Wladimir Putin von der Erfüllung der Russland gegebenen Versprechen abhängig. »Wir denken darüber nach, wie wir vorgehen, es sind ja noch einige Tage«, sagte Putin in einem Interview des Staatsfernsehens, das der kremlnahe Berichterstatter Pawel Sarubin auf seinem Telegram-Kanal veröffentlichte.

Er sagte, es gebe die Möglichkeit, die Beteiligung Russlands an dem Abkommen so lange auszusetzen, bis die Versprechungen, die Moskau im Rahmen der Vereinbarung gegeben worden seien, auch tatsächlich erfüllt würden.

Ukrainischer Brigadegeneral: Streumunition ist angekommen

Die von den USA zugesagte Streumunition traf nach Angaben eines ukrainischen Brigadegenerals bereits in der Ukraine ein. »Wir haben sie gerade erst bekommen. Wir setzen sie bisher noch nicht ein«, sagte der ukrainische Brigadegeneral Olexander Tarnawskyj in einem Interview dem US-Sender CNN.

Die Munition könne das Kampfgeschehen im Krieg gegen Russland wesentlich verändern. Auch der Gegner begreife, dass die Ukraine damit einen Vorteil habe. Die ukrainische Führung werde nun entscheiden, wo sie eingesetzt werden könne.

Rheinmetall erhält Milliardenauftrag für Munition

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat nach eigenen Angaben von der Bundeswehr einen Milliardenauftrag für die Lieferung von Panzermunition erhalten. Ein bestehender Rahmenvertrag über Munitionslieferungen in Höhe von bis zu 556 Millionen Euro aus dem Jahr 2020 sei auf ein Volumen von rund 4 Milliarden Euro aufgestockt worden, berichtete das Unternehmen.

»Die Bestellung bringt das Bestreben der Streitkräfte zum Ausdruck, entstandene Lücken in den Beständen zu schließen und die Munitionsvorräte angesichts der sicherheitspolitischen Lage insgesamt zu erhöhen«, hieß es von Rheinmetall. Der Rahmenvertrag sehe auch die Lieferung einer signifikanten Menge an Panzermunition für die ukrainischen Streitkräfte vor.

Kiewer Stadtrat verbietet russischsprachige »Kulturprodukte«

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew verhängte der Stadtrat ein Moratorium auf die öffentliche Nutzung russischsprachiger »Kulturprodukte«. »Es muss endgültig ein für alle mal das russischsprachige Kulturprodukt auf dem Gebiet der Hauptstadt der Ukraine eingeschränkt werden«, sagte der Stadtratsabgeordnete Wadym Wassyltschuk von der nationalliberalen Partei Holos (Stimme) gemäß einer Mitteilung. Dem Verbot unterliegen demnach Bücher, Musik, Filme, Theater- und Zirkusveranstaltungen.

Russisch sei die Sprache des »Aggressorstaates« und habe in Kiew nichts zu suchen, hieß es von Wassyltschuk. Für die Neuerung stimmten 71 der 120 Abgeordneten. Betroffen sind auch historische Werke von hohem künstlerischen Wert wie von Michail Bulgakow, einem der berühmtesten russischsprachigen Schriftsteller aus Kiew. Nicht mitgeteilt wurde, welche Strafen auf Verstöße stehen.

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