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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Russland hat erneut Ziele in der Ukraine angegriffen und dabei mehrere Zivilisten getötet. Bei der ukrainischen Gegenoffensive kommt es nach Angaben aus Kiew zu teils schweren Kämpfen. Die News im Überblick.

Kostjantyniwka
Das von der Regionalverwaltung von Donezk via AP veröffentlichte Foto zeigt einen ukrainischen Polizisten bei der Inspektion des Schauplatzes eines tödlichen Raketenangriffs in Kostjantyniwka. Foto: Ukrainian Donetsk Regional Administration
Das von der Regionalverwaltung von Donezk via AP veröffentlichte Foto zeigt einen ukrainischen Polizisten bei der Inspektion des Schauplatzes eines tödlichen Raketenangriffs in Kostjantyniwka.
Foto: Ukrainian Donetsk Regional Administration

Bei erneuten russischen Luftangriffen auf zivile Ziele in der Ukraine sind nach Angaben Kiews mindestens sechs Menschen getötet und viele verletzt worden. An den Fronten im Süden und Osten des Landes kam es unterdessen nach ukrainischen Angaben im Rahmen der Gegenoffensive zu schweren Gefechten mit den russischen Besatzern. Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew drohte mit der Zerstörung eines Unterseekabels zwischen Europa und den USA als Vergeltung für die Sprengungen an den Nord-Stream-Pipelines. Russland kenne da keine »moralischen Grenzen« mehr, schrieb er auf Telegram.

Tote und Verletzte bei russischen Luftangriffen

In der südukrainischen Hafenstadt Odessa seien mindestens drei Zivilisten getötet worden, als ein russischer Kalibr-Marschflugkörper in ein Lagerhaus einschlug, hieß es. In der stark umkämpften Region Donezk im Osten starben in den Städten Kramatorsk und Kostjantyniwka sowie in der Umgebung drei weitere Menschen durch russische Raketen, wie der Leiter der lokalen Militärverwaltung, Pawlo Kyrylenko, auf Facebook mitteilte. Weitere sechs Menschen seien verletzt worden.

Zudem teilte Kiew mit, am Vortag seien in der nordöstlichen Grenzregion Sumy sechs Menschen durch russischen Artilleriebeschuss getötet worden, darunter vier Forstarbeiter. Die Zahl der Todesopfer eines russischen Angriffs am Vortag auf die Großstadt Krywyj Rih stieg unterdessen auf zwölf.

Russland hat vor mehr als 15 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen und beschießt das Nachbarland derzeit täglich mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern. Zwar behauptet Moskau stets, nur militärische Ziele zu beschießen. Tatsächlich aber treffen die Geschosse oder Trümmer der am Himmel von der Flugabwehr zerstörten Flugobjekte immer wieder zivile Infrastruktur und töten Anwohner.

Kiew: Ukrainische Armee rückt trotz schwerer Gefechte weiter vor

Die ukrainischen Streitkräfte setzten unterdessen nach Angaben des Verteidigungsministeriums ihre Offensiven im Süden und Osten des Landes fort. Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar berichtete auf Telegram über heftige Gefechte bei gleichzeitiger Luft- und Artillerieüberlegenheit des Gegners. Das Dorf Makariwka, südwestlich von Donezk, soll besonders schwer umkämpft sein. Am Mittwoch rückte die Armee nach Angaben Maljars um weitere 200 bis 500 Meter vor.

Auch das russische Verteidigungsministerium meldete Angriffe der Ukraine in den Regionen um Saporischschja im Süden und Donezk im Osten des Landes. Die Angaben der Kriegsparteien ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Allerdings haben internationale Experten der Ukraine bereits lokale Erfolge bei ihrer Offensive bescheinigt.

Nato sieht Fortschritte Kiews bei Kämpfen

Der Ausgang der ukrainischen Offensive ist nach Einschätzung von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg noch völlig offen. »Es ist noch früh und wir wissen nicht, ob das ein Wendepunkt im Krieg sein wird«, sagte der Norweger in Brüssel. Man sehe aber, dass die Ukrainer Fortschritte machten und mehr Land befreiten. »Wir wissen: Je mehr Gewinne die Ukraine macht, desto stärker wird ihre Position am Verhandlungstisch sein«, ergänzte Stoltenberg. Je mehr Gewinne die Ukraine mache, desto wahrscheinlicher werde es auch, dass Russlands Präsident Wladimir Putin begreife, dass er auf dem Schlachtfeld nicht gewinnen könne, sondern einen gerechten Frieden aushandeln müsse.

Besuch von IAEA-Chef im Atomkraftwerk Saporischschja verzögert sich

Wegen der Kämpfe verzögerte sich auch der für Mittwoch geplante Besuch des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, in dem von Russland besetzten Atomkraftwerk Saporischschja. Die russische Seite habe der IAEA-Delegation keine Erlaubnis erteilt, die Kampflinie zu überqueren, sagte der ukrainische Chefinspektor für die Atomaufsicht, Oleh Korikow, der Deutschen Presse-Agentur. Eine offizielle Mitteilung der IAEA in Wien dazu gab es zunächst nicht.

Am Vortag hatte Grossi in Kiew vor einem steigenden Risiko für das größte Atomkraftwerk Europas gewarnt. »Ich bin sehr besorgt. Ziemlich in der Nähe des Kraftwerks finden Kampfhandlungen statt«, sagte er vor Journalisten. Dadurch erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit, dass die ukrainische Anlage getroffen werden könnte. Grossi und sein Team wollten in Saporischschja unter anderem Klarheit über die Wasserversorgung des Kühlsystems in dem AKW gewinnen, nachdem durch die Zerstörung des Staudamms am Dnipro-Fluss der Pegelstand des aufgestauten Reservoirs gesunken ist.

Medwedew: Russland könnte Kabel zwischen USA und Europa zerstören

Ex-Präsident Medwedew reagierte mit seiner Drohung, die Kabelverbindung zwischen Europa und den USA zu zerstören, auf Medienberichte, nach denen eine Spur für die Attacken auf die Nord-Stream-Pipelines vor einigen Monaten in die Ukraine führt und westliche Geheimdienste vorab über die Anschlagspläne informiert gewesen sein sollen. Die Ukraine weist eine Beteiligung zurück.

»Wenn man von der erwiesenen Komplizenschaft westlicher Länder bei der Sprengung der Nord-Stream-Leitungen ausgeht, dann haben wir gar keine - auch moralischen - Hindernisse mehr, die Vernichtung der am Ozeanboden verlegten Kabelverbindung unserer Feinde zu unterlassen«, schrieb der Vize-Chef des russischen nationalen Sicherheitsrates in seinem Telegram-Kanal. Medwedew versucht immer wieder, mit Drohungen bei russischen Ultranationalisten und Kriegstreibern zu punkten.

© dpa-infocom, dpa:230614-99-46419/3