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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Das Ringen um die Lieferung deutscher Kampfpanzer geht weiter. Derweil wird in der Ukraine unvermindert gekämpft. Russland reklamiert neue Geländegewinne. Präsident Selenskyj sendet eine emotionale Abschiedsbotschaft. Die News im Überblick.

Trauerfeier in Kiew
Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt in Kiew an der Trauerzeremonie zu Ehren der Verstorbenen des Hubschrauberabsturzes um Innenminister Monastyrskyj teil. Foto: Efrem Lukatsky
Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt in Kiew an der Trauerzeremonie zu Ehren der Verstorbenen des Hubschrauberabsturzes um Innenminister Monastyrskyj teil.
Foto: Efrem Lukatsky

Während weiter um die Lieferung deutscher Kampfpanzer gerungen wird, hat das russische Militär hat nach eigenen Angaben bei einer neuen Offensive im Süden der Ukraine Geländegewinne erzielt.

»Im Gebiet Saporischschja konnten durch Angriffe von Einheiten des Wehrkreises Ost günstigere Linien und Positionen eingenommen werden«, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow in Moskau. Seinen Angaben nach haben die Russen bei den Angriffen 30 Ukrainer getötet und mehrere Militärfahrzeuge außer Gefecht gesetzt. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Zuvor hatten bereits russische Militärblogger über eine Offensive im Raum Orichiw und Huljajpolje berichtet. Die ersten Verteidigungslinien seien dabei überrannt worden. Laut dem Blog »Rybar«, der dem russischen Verteidigungsministerium nahestehen soll, wurden dabei auch mehrere Ortschaften eingenommen. Offiziell hat das Ministerium dies bislang nicht bestätigt. Der ukrainische Generalstab hatte am Morgen lediglich von Beschuss in der Region gesprochen, aber keine Angaben über einen Vormarsch russischer Truppen gemacht.

Die Region Saporischschja gilt als strategisch wichtig. Beide Seiten haben dort große Truppenkontingente stationiert. Aus ukrainischer Sicht wäre ein russischer Vormarsch gefährlich, weil dann die eigenen im Osten stationierten Truppen zur Verteidigung des Donbass in Gefahr geraten könnten, eingekesselt zu werden. Auf russischer Seite befürchtet man, dass die Ukrainer mit einem Vorstoß Richtung Meer einen Keil zwischen die russischen Truppen treiben könnten, womit die Versorgung der Einheiten in der Region praktisch unmöglich würde.

Selenskyj fordert Ende von Behinderungen für Nahrungsexporte

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert ein Ende anhaltender Behinderungen von Nahrungsexporten aus seinem Land über den Seeweg gefordert. Mehr als 100 Schiffe mit Lebensmitteln reihten sich gerade in der Nähe des Bosporus aneinander, sagte er in einer Videobotschaft bei einer internationalen Agrarministerkonferenz am Samstag in Berlin. Sie säßen wochenlang fest, weil russische Vertreter vorgesehene Inspektionen blockierten.

Dies bedeute höhere Preise für Europa, machte Selenskyj in seiner Botschaft für die Konferenz unter Vorsitz von Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) deutlich. Für Asien bedeute es eine wachsende Gefahr sozialer Instabilität und für Länder in Afrika wie Äthiopien oder Sudan leere Esstische für Tausende Familien. Der Präsident unterstrich, dass die Ukraine trotz des russischen Angriffskriegs weiter Lebensmittel für die Welt bereit stellen wolle. Trotz fortgesetzter russischer Raketenangriffe auf die Infrastruktur und brutaler Kämpfe in Regionen, die extrem wichtig für die Landwirtschaft seien, bestellten die Bauern weiter die Felder.

Russland hat derweil dementiert, ukrainische Getreideschiffe zu blockieren. »Derzeit stehen 64 Schiffe auf Reede in den ukrainischen Häfen und den Inspektionszonen. Die Reihenfolge ihrer Überprüfung wird von der ukrainischen Seite festgelegt, russische Vertreter haben darauf gar keinen Einfluss«, teilte das russische Außenministerium in einer Pressemitteilung mit. Dass bei Istanbul noch Dutzende Schiffe auf eine Zulassung für eine Einfahrt in die ukrainischen Häfen warten, nennt Moskau einen »künstlichen Stau«.

Präsident bei Trauerfeier für tödlich verunglückten Minister

Selenskyj nahm in KIew hat an der Trauerfeier für den jüngst bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommenen Innenminister Denys Monastyrskyj teil. Der 44-Jährige sei in Begleitung seiner Frau Olena zur Veranstaltung im Ukrainischen Haus in Kiew gekommen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Ukrinform. Bei der Zeremonie waren alle Särge der neun bei dem Absturz am Mittwoch ums Leben gekommenen Helikopterinsassen aufgebahrt.

Insgesamt waren bei dem Unglück in der Kiewer Vorstadt Browary 14 Menschen getötet worden, darunter ein kleines Kind. Der Hubschrauber war neben einem Kindergarten abgestürzt. Die Trauerfeier für die Opfer am Boden fand in Browary zeitgleich mit der Gedenkveranstaltung in Kiew statt. Die Absturzursache gilt weiterhin als unklar. Der Geheimdienst SBU untersucht, ob es sich um ein technisches Versagen, einen Pilotenfehler oder aber Sabotage handelte.

Monastyrskyj war offiziellen Angaben nach auf dem Weg zur Front, als der Hubschrauber abstürzte. Mit an Bord waren auch ein Vizeminister und ein Staatssekretär, die ebenfalls beide ums Leben gekommen sind.

Emotionale Abschiedsbotschaft

Auch später in seiner täglichen Videoansprache verabschiedete sich Selenskyj emotional von Monastyrskyj. »Wir verlieren jeden Tag Menschen, an die wir uns immer erinnern werden und wo wir bedauern, dass wir sie nicht zurückbringen können«, sagte Selenskyj am Samstagabend.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Videobotschaften, die er seit Beginn des russischen Angriffskriegs verbreitet hatte, nahm Selenskyj weder Bezug auf das aktuelle Geschehen an der Front noch auf die Forderungen an den Westen.

Stattdessen erinnerte Selenskyj an die vielen Opfer, die der Krieg bisher schon gefordert hat, und er richtete eine emotionale Botschaft an seine Landsleute. Er wünsche sich, dass alle Ukrainer den Verlust empfinden. Er wünsche, »dass wir fühlen, wie viele Leben, wie viele kluge Menschen der Krieg kostet. Ich möchte, dass wir alle heute ihr Andenken ehren…«, sagte der Präsident.

Selenskyj kämpft weiter um Leopard-Panzer

Nach der Ukraine-Konferenz im deutschen Ramstein will Selenskyj weiter für eine rasche Lieferung von deutschen Leopard-2-Panzern an sein Land kämpfen. Er habe bei den Gesprächen viel Verständnis für die Erfordernisse der von Russland angegriffenen Ukraine gehört, sagte Selenskyj. »Ja, wir werden noch kämpfen müssen um die Lieferung moderner Panzer, aber mit jedem Tag machen wir es noch offenkundiger, dass es keine Alternative gibt zu der Entscheidung für Panzer.«

Bei der Konferenz auf dem US-Luftwaffenstützpunkt fiel am Freitag noch keine Entscheidung für die Lieferung von Kampfpanzern, weil Deutschland weiter zögert. Inzwischen tobt sogar innerhalb der deutschen Ampel-Koalition ein Streit darüber. Trotzdem zeigte sich Selenskyj in seiner in Kiew verbreiteten allabendlichen Videobotschaft optimistisch, dass er die Panzer erhalten wird.

© dpa-infocom, dpa:230121-99-300964/7