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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Nach russischen Angriffen ist Odessa voraussichtlich für Wochen ohne Strom. Im Donbass gibt es heftige Kämpfe. Die Ukraine setzt auf deutsche Waffenlieferungen. Die Nachrichten im Überblick.

Ukraine-Krieg - Kiew
Arbeiter des Stromversorgungsunternehmens DTEK entfernen Äste von Stromleitungen. Foto: Andrew Kravchenko
Arbeiter des Stromversorgungsunternehmens DTEK entfernen Äste von Stromleitungen.
Foto: Andrew Kravchenko

Mit schweren Angriffen auf die Infrastruktur setzt Russland die Ukraine immer mehr unter Druck. Die Stromversorgung in der Großstadt Odessa am Schwarzen Meer brach am Wochenende zusammen - voraussichtlich für Wochen. Im Osten lieferten sich beide Seiten schwere Gefechte. Mit Deutschland gibt es nach ukrainischen Angaben Gespräche über die Lieferung von Kampfpanzern. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan telefonierte mit Kremlchef Wladimir Putin über die Ausweitung eines Getreideabkommens. Russlands Krieg gegen das Nachbarland dauert schon seit Ende Februar.

Stromversorgung in Odessa fällt für Wochen aus

Nach neuen Drohnenangriffen auf Odessa im Süden brach die Stromversorgung in der Hafenstadt praktisch zusammen. »Odessa und fast die gesamte Oblast bleiben ohne Licht«, hieß es am Samstagabend in einer Mitteilung des dortigen Stromversorgers. Die Reparatur des schwer beschädigten Netzes könnte länger dauern. »Es geht nicht um Tage oder Wochen, vielmehr werden zwei bis drei Monate nicht ausgeschlossen.« Bewohnern wurde empfohlen, die Stadt vorübergehend zu verlassen. Früher hatte Odessa fast eine Million Einwohner.

Schwere Kämpfe in der Ostukraine

Schwere Kämpfe gab es im Osten. »Der Donbass ist die Hauptfront im Kampf um die Unabhängigkeit der Ukraine«, sagte Serhij Tscherewatyj, Sprecher der Heeresgruppe Ost der ukrainischen Streitkräfte, am Samstag im Fernsehen. Im Mittelpunkt der Kämpfe standen demnach der Verkehrsknotenpunkt Bachmut und die Kleinstadt Awdijiwka. Russland habe seine Taktik geändert. Anstelle von Angriffen größerer Einheiten erfolgten nunmehr Attacken kleinerer Gruppen, vor allem der Söldnertruppe »Wagner«, unterstützt von Rohr- und Raketenartillerie. Der Sprecher versicherte aber auch: »Wir analysieren diese Taktik und finden für jedes militärische Gift ein Gegengift.« Zuvor hatte bereits das russische Militär von einer Offensive berichtet.

Ukrainische Angriffe auf Donezk und weitere Städte

Die ukrainischen Streitkräfte beschossen Donezk nach Angaben der russischen Behörden mehrfach aus Raketenwerfern. Dabei seien auch der Busbahnhof im Zentrum sowie eine Schule getroffen worden, berichtete die russische Staatsagentur Tass. Sowohl aus Simferopol auf der von Russland annektierten Krim als auch aus Melitopol im Südosten gab es Berichte über den Einsatz der Luftverteidigung. Anwohner berichteten von zahlreichen Detonationen am Himmel.

Bericht: Tote nach Raketentreffer in Melitopol

Bei einem Angriff ukrainischer Artillerie auf das besetzte Melitopol kamen Berichten zufolge zwei Menschen ums Leben. Wie der Vertreter der Besatzungsverwaltung, Wladimir Rogow, mitteilte, wurden auch eine Gaststätte und ein Erholungsheim getroffen. Nach seiner Darstellung wurden mehrere Projektile aus einem Himars-Raketenwerfer gefeuert.

Der ukrainische Bürgermeister von Melitopol, Iwan Fedorow, berichtete, dass etwa 200 russische Besatzer getötet worden seien. Fedorow ist selbst nicht in der Stadt, stützte sich im Nachrichtendienst Telegram aber auf Kontakte. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Der ukrainische Generalstab bestätigte am Sonntag eine Reihe von Luftangriffen. Zeitgleich seien seit Samstagabend eine Reihe von Kommandostellen, Unterkünften und Nachschublagern mit Rohr- und Raketenartillerie beschossen worden. Die genauen Ziele wurden jedoch nicht genannt. Allerdings habe auch die russische Luftwaffe am Sonntag mehrere Angriffe geflogen.

Ukraine spricht mit Deutschland über Kampfpanzer

Die Ukraine geht davon aus, dass demnächst weitere deutsche Waffenlieferungen verkündet werden. »Im direkten Gespräch wurden uns mehr Waffen und weitere Munition zugesichert. Welche, werden wir zu gegebener Zeit gemeinsam bekanntgeben«, sagte Botschafter Oleksii Makeiev der »Welt am Sonntag«. An der Front würden Flugabwehrsysteme, Panzerhaubitzen, Geparde und Munition gebraucht. »Außerdem sind wir weiter im Gespräch über die Lieferung von Marder- und Leopard-Panzern«, sagte der Botschafter. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Lieferung von Leopard-2 bislang abgelehnt, da auch kein anderes Nato-Land solche Panzer zur Verfügung stellt. Der wichtigste Bündnispartner USA hat allerdings grünes Licht gegeben.

Nach Angaben des ukrainischen Außenministers Dmytro Kuleba gibt es derzeit keine deutschen Zusagen für Panzerlieferungen an die Ukraine. »Eine solche Entscheidung ist noch nicht gefallen. Es gibt da keine Zusagen. Aber wir arbeiten daran, ganz offen«, sagte Kuleba am Sonntag in der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin« laut Übersetzung. Die Ukraine verstehe nicht, warum Deutschland Artillerie liefere, aber keine Panzer.

Erdogan will Getreideabkommen auf andere Waren ausweiten

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach mit Putin über eine Ausweitung des Abkommens zum Export ukrainischen Getreides übers Schwarze Meer auf andere Waren. In dem Telefonat sagte Erdogan nach Angaben seines Büros, man könne schrittweise mit Vorbereitungen beginnen. Der Kreml bezeichnete das Abkommen als komplex. Vor allem müssten auch Einschränkungen für den Export von russischem Getreide und Dünger aufgehoben werden. Erdogan habe am Abend auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert und über eine mögliche Ausweitung des Abkommens gesprochen, teilte das türkische Präsidialamt mit.

Unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen hatten Russland und die Ukraine im Juli ein Abkommen geschlossen. Die Vereinbarung beendete eine monatelange Blockade. Russland beklagt im Zuge der westlichen Sanktionen, Einschränkungen für seinen eigenen Export von Getreide und Dünger.

18-Milliarden-Paket für Ukraine

Die EU-Staaten verständigten sich auf ein Milliardenpaket für die Ukraine. Allerdings wurde der Beschluss am Samstag gegen die Stimme Ungarns gefasst, wie die Deutsche Presse-Agentur aus EU-Kreisen erfuhr. Der Entscheidung zufolge sollen im Laufe des kommenden Jahres 18 Milliarden Euro als Kredit gezahlt werden.

Ukrainischer Bürgermeister von Melitopol

© dpa-infocom, dpa:221211-99-859641/5