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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Im Osten der Ukraine wird weiter schwer gekämpft. In die Debatte um deutsche Leopard-2-Panzer für Kiew kommt Bewegung: Die USA haben keine Einwände. Die Nachrichten im Überblick.

Ukraine-Krieg - Awdijiwka
Ein Mann trägt Reisig für einen Holzofen zum Keller eines Wohnhauses, der als Bunker genutzt wird. Foto: Libkos
Ein Mann trägt Reisig für einen Holzofen zum Keller eines Wohnhauses, der als Bunker genutzt wird.
Foto: Libkos

Russland hat nach eigenen Angaben im Osten der Ukraine in den Gebieten Luhansk und Donezk mit einer neuen Offensive begonnen. »Im Raum Donezk haben die russischen Einheiten ihre Angriffe fortgesetzt und den Gegner aus seinen befestigten Stellungen vertrieben«, sagte Armeesprecher Igor Konaschenkow am Samstag in Moskau. Auch im Norden zwischen den Kleinstädten Kreminna und Lyman habe man Stellungen erobert. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben nicht.

Bereits seit Wochen gibt es Berichte, wonach die ukrainische Armee im Gebiet Donezk in der Defensive ist. Weiter im Norden hingegen haben die Ukrainer nach der Vertreibung der russischen Truppen aus dem Gebiet Charkiw die Initiative. Der russische Angriffskrieg gegen das Nachbarland dauert bald schon zehn Monate. Auf beiden Seiten gibt es hohe Verluste.

»Der Donbass ist die Hauptfront im Kampf um die Unabhängigkeit der Ukraine«, sagte am Samstag Serhij Tscherewatyj, Sprecher der Heeresgruppe Ost der ukrainischen Streitkräfte, im Fernsehen. Im Mittelpunkt der Kämpfe standen demnach die Orte Bachmut und Awdijiwka.

»Der Feind hat seine Taktik geändert«, sagte Tscherewatyj. Anstelle von Angriffen größerer Einheiten erfolgten nunmehr Attacken kleinerer Gruppen, dabei vor allem der Söldnertruppe »Wagner«, unterstützt von Rohr- und Raketenartillerie. »Wir analysieren diese Taktik und finden für jedes militärische Gift ein Gegengift.«

Tass: Flugabwehr in besetzten Gebieten aktiv

In den von russischen Truppen besetzten Gebieten der Ukraine ist am Samstagabend nach Militärangaben die Flugabwehr aktiv geworden. Sowohl aus Simferopol auf der Krim als auch aus Melitopol im Südosten der Ukraine gab es Berichte über den Einsatz der Luftverteidigung, wie die russische Staatsagentur Tass meldete. Die Bevölkerung sei aufgefordert worden, Ruhe zu bewahren.

Bei einem Angriff ukrainischer Artillerie auf die von russischen Truppen besetzte Stadt Melitopol gab es nach ersten Berichten mehrere Opfer. Wie der Vertreter der Besatzungsverwaltung, Wladimir Rogow, der russischen Staatsagentur Tass mitteilte, wurde bei dem Angriff unter anderem eine Gaststätte getroffen. »Infolge des Raketenangriffs aus einem Himars-System hat es im Restaurant «Jägereinkehr» unter friedlichen Menschen Tote und Verwundete gegeben«, wurde Rogow zitiert. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.

Die Ukraine hatte zuletzt Aufklärungs- und Kampfdrohnen über den russisch besetzten Gebieten eingesetzt. Zu einem möglichen Einsatz ukrainischer Kampfdrohnen gegen Militärflughäfen in Russland, bei dem Kampfflugzeuge beschädigt wurden, hat sich Kiew bisher nicht offiziell geäußert.

Warnung vor längeren Stromausfällen in Odessa

Nach weiteren russischen Raketenangriffen wird in der Hafenstadt Odessa im Süden nach Angaben der Behörden der Strom längere Zeit ausfallen. »Die Reparaturarbeiten nehmen mehr Zeit in Anspruch als sonst«, teilte der Vizechef des Präsidialamtes, Kyrylo Tymoschenko, mit. Ein Angriff in der Nacht habe die Stadt völlig lahmgelegt. Bisher sei nur möglich, wichtige Objekte wie Krankenhäuser, Pumpstationen und Wärmekraftwerke mit Strom zu versorgen.

»Odessa und fast die gesamte Oblast bleiben ohne Licht«, teilte der Stromversorger am Abend mit. Die Reparatur des schwer beschädigten Stromnetzes könnte länger dauern. »Es geht nicht um Tage oder Wochen, vielmehr werden zwei bis drei Monate nicht ausgeschlossen«, zitierte die Staatsagentur Unian weiter aus der Mitteilung. Den Bewohnern wurde empfohlen, nach Möglichkeit die Stadt vorübergehend zu verlassen.

Russland: Ukraine beschießt Donezk

Die ukrainischen Streitkräfte haben die Großstadt Donezk im Donbass am Samstag nach Angaben der russischen Behörden mehrfach mit Raketenwerfern beschossen. Dabei seien unter anderem der Busbahnhof im Stadtzentrum sowie eine Schule getroffen worden, berichtete die russische Staatsagentur Tass. Über eventuelle Opfer dieser Angriffe wurden keine Angaben gemacht.

Donezk ist die größte Stadt in der gleichnamigen Region, die von aus Moskau unterstützten Separatisten zur unabhängigen Volksrepublik erklärt wurde. Inzwischen hat Moskau das Gebiet völkerrechtswidrig annektiert.

USA: kein Problem mit deutschen Kampfpanzern für Ukraine

Angesichts der Lage an der Front kommt auch wieder Bewegung in die Debatte um weitere Rüstungslieferungen: Die USA signalisierten, keine Einwände gegen die Lieferung deutscher Kampfpanzer vom Typ Leopard-2 oder deutscher Patriot-Flugabwehrsysteme zu haben. »Unsere Position ist in beiden Fällen dieselbe: Es ist Deutschlands Entscheidung, was Deutschland tut«, sagte Vizeaußenministerin Wendy Sherman während eines Besuchs in Berlin.

Die Ukraine fordert seit Monaten Leopard-2-Panzer und Patriots. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat immer wieder betont, dass es dabei keine deutschen Alleingänge geben werde. Bisher hat kein Nato-Staat solche Panzer geliefert.

Waffenhändler But unterstützt Krieg

Der nach einem Gefangenenaustausch zwischen Moskau und Washington heimgekehrte russische Waffenhändler Viktor But hat seine Unterstützung für Russlands Angriffskrieg geäußert. »Hätte ich die Möglichkeit und die nötigen Fertigkeiten, würde ich als Freiwilliger (an die Front) gehen«, sagte der 55-Jährige in einem Stream beim russischen Staatssender RT (früher Russia Today). Er habe nie verstanden, warum Russland den Krieg nicht früher begonnen habe, sagte er.

But (auch Bout) wurde am Donnerstag trotz der wegen des Ukraine-Kriegs angespannten Beziehungen zwischen Moskau und Washington gegen die US-amerikanische Basketballspielerin Brittney Griner ausgetauscht. Während Griner vor einigen Monaten wegen eines Drogenvergehens in Russland zu neun Jahren Haft verurteilt worden war, hat But bereits 14 Jahre Gefängnis hinter sich. Der als »Händler des Todes« bekannte Russe war in den USA wegen Verschwörung zum Mord und Waffenhandels zu insgesamt 25 Jahren Haft verurteilt worden. Moskau hat immer wieder versucht, die Freilassung Buts, dem Verbindungen zum russischen Geheimdienst nachgesagt werden, zu erreichen.

Scholz will weiter mit Putin telefonieren

Trotz ernüchternder Erfahrungen setzt Scholz weiter auf Telefonate mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. »Wir sind völlig unterschiedlicher Meinung«, sagte Scholz in einer Fragerunde mit Bürgern in seinem Potsdamer Wahlkreis. »Trotzdem werde ich weiter mit ihm reden, weil ich ja den Moment erleben will, wo es möglich ist, rauszukommen aus der Situation. Und das geht nicht, wenn man sich nicht spricht.« Scholz hat seit Kriegsbeginn mehrfach mit Putin telefoniert. Das »wirklich Bedrückende« sei für ihn, dass Putin trotz massiver Verluste daran festhalte, ukrainisches Territorium gewaltsam erobern zu wollen.

Heusgen: Diplomatische Bemühungen »auf Sparflamme«

Diplomatische Bemühungen um ein Ende des Krieges sieht der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, derzeit nur wenige. »Es läuft etwas auf Sparflamme«, sagte Heusgen im Bayerischen Rundfunk. Telefonate seien richtig, damit nicht Sprachlosigkeit herrsche. Putin habe allerdings »keinen Zentimeter verändert an seiner grundsätzlichen Position, nämlich, dass er die Ukraine zerstören will, dass er die Ukraine in Russland einverleiben will«. Deswegen müsse man weiter auf Kiews militärischen Sieg setzen.

Menschenrechtler mit Friedensnobelpreis ausgezeichnet

Ein Signal an Kremlchef Putin sehen Beobachter in den Trägern des diesjährigen Friedensnobelpreises: Menschenrechtler aus Belarus, Russland und der Ukraine wurden am Samstag in Norwegens Hauptstadt Oslo ausgezeichnet. Die Vorsitzende des ukrainischen Zentrums für bürgerliche Freiheiten (CCL), Olexandra Matwijtschuk, und der Chef der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Jan Ratschinski, nahmen die Preise persönlich entgegen. Der inhaftierte Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki aus Belarus wurde von seiner Frau Natalja Pintschuk vertreten.

© dpa-infocom, dpa:221210-99-850222/9