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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Die Gefechte im Ukraine-Krieg sind weiter heftig. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht von einer »Hölle«. Unterdessen wächst die Sorge, dass ein russischer Rückzug in der Nähe eines Staudamms ein schlimmer Vorbote sein könnte.

Cherson
Ukrainer versammeln sich in der Innenstadt von Cherson, um die Rückeroberung ihrer Stadt zu feiern. Foto: Yevhenii Zavhorodnii
Ukrainer versammeln sich in der Innenstadt von Cherson, um die Rückeroberung ihrer Stadt zu feiern.
Foto: Yevhenii Zavhorodnii

Die Rückeroberung der südukrainischen Gebietshauptstadt Cherson hat in der Ukraine Jubel und Hoffnungen auf weitere Vorstöße ausgelöst. »Wir vergessen niemanden, wir werden niemanden zurücklassen«, versprach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft in der Nacht zu Sonntag. Russland hatte seine Truppen aus allen am Nordwestufer des Dnipro gelegene Teilen des zuvor von ihm annektierten Gebiets Chersons abgezogen - darunter auch der Hauptstadt des Gebiets. Auf der anderen Seite des Dnipro kündigten die russischen Besatzer die Evakuierung der Staudamm-Stadt Nowa Kachowka an. Allerdings verzeichnen auch die russischen Truppen nach eigenen Angaben einen Erfolg in Donezk.

Unterdessen richtet sich der Blick auf das am kommenden Samstag (19. November auslaufende Getreideabkommen, das seit Juli ukrainische Exporte durch das Schwarze Meer ermöglichte. Moskau hatte die Exporte seit Beginn seines Angriffskriegs gegen die Ukraine blockiert. Russland moniert, dass es wegen westlicher Sanktionen kaum in der Lage ist, eigene Exporte von Nahrungs- und Düngemitteln auf den Weltmarkt zu bringen. Die Vereinten Nationen riefen Länder weltweit auf, Hindernisse für den Export von Düngemitteln aus Russland aus dem Weg zu räumen.

Ukrainische Polizei und Behörden zurück in befreiter Stadt Cherson

Wenige Tage nach dem Rückzug der russischen Truppen sind Vertreter der ukrainischen Gebietsverwaltung und von Sicherheitsorganen in die befreite Stadt Cherson im Süden des Landes zurückgekehrt. So hätten etwa Polizei und Geheimdienst ihre Arbeit in Cherson schon wieder aufgenommen, sagte Gouverneur Jaroslaw Januschewytsch in einem Video, das ihn im Zentrum der Gebietshauptstadt zeigte. Eine der Hauptaufgaben bestehe derzeit darin, die Region von Minen zu räumen, so Januschewytsch. Russlands Truppen berichteten unterdessen von der Eroberung eines Orts im ostukrainischen Gebiet Donezk. Die Kämpfe in diesem Gebiet seien die »reine Hölle«, hatte Selenskyj erklärt.

Russische Besatzer räumen ukrainische Staudamm-Stadt Nowa Kachowka

Die Verwaltung der Stadt Nowa Kachowka in Cherson ziehe sich zusammen mit den Bürgern der Stadt an einen sicheren Ort zurück, teilte der örtliche Besatzungschef Pawel Filiptschuk nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass mit. Befürchtet wird, dass der Staudamm durch Beschuss zerstört und das Gebiet überflutet werden könnte. Russen und Ukrainer werfen sich seit Wochen gegenseitig vor, eine solche Provokation zu planen.

Russland berichtet über Vorrücken in ukrainischem Gebiet Donezk

Russlands Verteidigungsministerium hat über einen kleineren Erfolg im ostukrainischen Gebiet Donezk berichtet. Russische Soldaten hätten den Ort Majorsk bei der Stadt Horliwka erobert, sagte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow am Sonntag. Von ukrainischer Seite gab es dazu zunächst keine Angaben. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte allerdings bereits in seiner Videoansprache am Samstagabend von derzeit besonders heftigen russischen Angriffen in Donezk gesprochen. »Dort ist es die reine Hölle«, sagte er.

Putin spricht mit Raisi über Ausbau von Wirtschaftsbeziehungen

Kremlchef Putin und Irans Präsident Raisi haben über den weiteren Ausbau der Beziehungen ihrer beiden von westlichen Sanktionen betroffenen Länder gesprochen. In dem Telefonat habe der Fokus auf der »Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, Handel und Wirtschaft« gelegen, teilte der Kreml anschließend mit. Der Iran unterhält gute Beziehungen zu Moskau und war zuletzt für die Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in die Kritik geraten. Vor rund einer Woche hatte Teheran erstmals zugegeben, an Russland auch Kampfdrohnen geliefert zu haben.

London: Militärunterricht an Schulen soll Wehrbereitschaft steigern

Der geplante verpflichtende Militärunterricht an russischen Schulen soll nach britischer Einschätzung die Bereitschaft zu Mobilisierung und Wehrdienst bei jungen Menschen erhöhen. Das Training ziele darauf ab, Schüler, die sich dem Wehrpflichtalter nähern, mit militärischen Fähigkeiten auszustatten, teilte das Verteidigungsministerium in London am Sonntag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. »Diese Initiative ist wahrscheinlich auch Teil eines umfassenderen Projekts, um der russischen Bevölkerung eine Ideologie des Patriotismus und des Vertrauens in öffentliche Institutionen einzuflößen«.

UN verlangen Ende der Hindernisse für Düngemittelexporte aus Russland

»Die Welt kann es sich nicht leisten, dass die weltweiten Probleme bei der Verfügbarkeit von Düngemitteln zu einer weltweiten Nahrungsmittelknappheit führen«, teilten die UN am Freitagabend nach Gesprächen mit dem russischen Vizeaußenminister Sergej Werschinin und seiner Delegation in Genf mit.

Russland hatte die Fortsetzung des im Juli geschlossenen Getreideabkommens infrage gestellt, das ukrainische Exporte durch das Schwarze Meer ermöglichte. Die ungehinderte Ausfuhr von Lebensmitteln und Düngemitteln aus Russland war neben einer Verlängerung des Getreideabkommens Schwerpunkt der Gespräche.

Rekruten-Gelöbnis im Zeichen des Ukraine-Kriegs

Zum 67. Jahrestag der Bundeswehr-Gründung sind am Samstag im Verteidigungsministerium rund 400 neue Soldaten feierlich in die Truppe aufgenommen worden. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte bei der Veranstaltung in Berlin zu den Rekrutinnen und Rekruten, sie legten ihr Gelöbnis in einer Zeit ab, »die von einer überwunden geglaubten Unsicherheit gezeichnet ist, geprägt auch von der Sorge vor einem Flächenbrand in Europa«. Krieg in Europa sei heute wieder eine relevante, vielleicht sogar die größte Bedrohung für Freiheit und Demokratie. »Dringender denn je brauchen wir eine einsatzbereite Bundeswehr«, sagte Lambrecht.

Scholz: Vietnam soll russische Invasion verurteilen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Vietnam während seiner Asien-Reise aufgefordert, sich eindeutig gegen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu stellen. Er wünsche sich eine »klare Positionierung« der Regierung in Hanoi in dieser Frage, sagte Scholz am Sonntag nach einem Gespräch mit Ministerpräsident Pham Minh Chinh in der vietnamesischen Hauptstadt. »Es handelt sich bei dem russischen Angriffskrieg um einen Bruch des Völkerrechts mit gefährlicher Präzedenzwirkung. Kleine Länder können nicht mehr sicher sein vor dem Verhalten ihrer größeren, mächtigeren Nachbarn.«

© dpa-infocom, dpa:221113-99-496979/5