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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Seit mehr als drei Wochen greift Russland zivile Infrastruktur in der Ukraine an. Kiew sieht dahinter einen perfiden Plan: Menschen gen Westen treiben, um so die EU zu destabilisieren. Die News im Überblick.

Probleme mit Wasserversorgung in Kiew
Anstehen für Trinkwasser: In Kiew warten Menschen an einer Wasserpumpe - an 40 Prozent der Verbrauchsstellen gibt es derzeit kein Wasser. Foto: Sam Mednick
Anstehen für Trinkwasser: In Kiew warten Menschen an einer Wasserpumpe - an 40 Prozent der Verbrauchsstellen gibt es derzeit kein Wasser.
Foto: Sam Mednick

Nach russischen Raketenangriffen auf die Energie-Infrastruktur der Ukraine ist es in der Hauptstadt Kiew und sechs weiteren Regionen zu Einschränkungen bei der Stromversorgung gekommen. Der Strom werde für Kunden zeitlich gestaffelt abgeschaltet, teilte der Energieversorger Ukrenerho am Dienstag in Kiew mit. Betroffen seien auch die Regionen Tschernihiw, Tscherkassy, Schytomyr sowie Sumy, Charkiw und Poltawa.

Die Ukraine wirft Russland »Energieterror« vor mit dem Ziel, die Menschen in Dunkelheit, Kälte und Angst zu stürzen. Kremlchef Wladimir Putin wolle so Menschen in die EU treiben, um dort die Lage durch eine Vielzahl an Flüchtlingen zu destabilisieren, heißt es in Kiew.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte angesichts der massiven Schäden am Energie-Netz Hilfen der EU beim Wiederaufbau. 40 Prozent des Energiesystems seien zerstört. Bei einem Besuch der EU-Energiekommissarin Kadri Simson bat Selenskyj sie, Hilfen für den Wiederaufbau zerstörten Anlagen zu koordinieren.

Unterdessen gingen die ukrainischen Getreideexporte über das Schwarze Meer gegen den Willen Russlands am Dienstag zunächst weiter - wurden aber für Mittwoch überraschend ausgesetzt.

Moskau will Schläge gegen ukrainische Infrastruktur fortsetzen

Russland werde die Raketenangriffe auf die ukrainische Infrastruktur fortsetzen, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Damit würden »effektiv« Objekte zerstört und es werde das militärische Potenzial der Ukraine reduziert. Schoigu teilte zudem mit, die Teilmobilmachung von 300.000 Reservisten für den Kriegsdienst in der Ukraine sei abgeschlossen. 87.000 von ihnen seien inzwischen im Kampfgebiet. Die anderen würden weiter ausgebildet.

Immer mehr Einschränkungen für Ukrainer

Die Bevölkerung der Ukraine muss schon seit Wochen mit Beschränkungen leben: Die Menschen sind aufgerufen, besonders während der Spitzenzeiten morgens und abends Strom zu sparen. Waschmaschinen und Heizungen sollen möglichst nur nachts laufen, unnötige Lichtquellen ausgeschaltet bleiben. In dem seit mehr als acht Monaten andauernden russischen Angriffskrieg gegen das Nachbarland ist die lebenswichtige Energie-Infrastruktur seit gut drei Wochen Hauptziel der Attacken.

Deutschland hat mehr als eine Million Ukrainer aufgenommen

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, gab die Zahl der bisher von Deutschland aufgenommenen Flüchtlinge aus der Ukraine am Dienstag mit mehr als einer Million an. Hinzu kämen noch 160.000 Schutzsuchende aus anderen Staaten, sagte sie im ZDF-»Morgenmagazin«. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte vor kurzem gewarnt, die Kommunen seien angesichts steigender Zahlen von Kriegsflüchtlingen und Asylbewerbern stark belastet und kämen an die Grenzen ihrer Kapazität.

Ukraine will Russland aus G20 ausschließen

Kiew forderte wegen der Angriffe erneut einen Ausschluss Russlands aus der G20. Putin müsse auch vom Gipfeltreffen großer Industrie- und Schwellenländer Mitte November auf Bali in Indonesien ausgeladen werden, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Oleh Nikolenko. »Putin hat öffentlich zugegeben, Raketenangriffe auf ukrainische Zivilisten und die Energie-Infrastruktur befohlen zu haben«, schrieb Nikolenko auf Twitter. »Mit diesem Blut an den Händen darf er nicht mit den Führern der Welt am Tisch sitzen.« Putin hatte auf die Frage, ob die Angriffe eine Vergeltung für den Drohnenbeschuss der russischen Schwarzmeerflotte auf deren Stützpunkt in Sewastopol auf der Halbinsel Krim gewesen seien: »Teils ist das so. Aber das ist auch nicht alles, was wir hätten tun können.«

Moskau beschuldigt weiter London wegen Nord-Stream-Explosionen

Die Regierung in Moskau beschuldigte erneut Großbritannien, an der Zerstörung der Ostseepipelines Nord Stream 1 und 2 beteiligt gewesen zu sein. Die russischen Geheimdienste hätten entsprechende Informationen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Moskau hatte Großbritannien auch vorgeworfen, an den Drohnenangriffen auf russische Kriegsschiffe in Sewastopol beteiligt gewesen zu sein. Großbritannien wies beide Anschuldigungen empört zurück.

Trotz russischen Verbots: Frachter verlassen ukrainische Häfen

Die Ukraine, die Türkei und die UN setzten den Seetransport ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer gegen den Willen Russlands fort. Drei weitere Frachter liefen aus ukrainischen Häfen aus. Darauf hätten sich die ukrainische, türkische und die UN-Delegation geeinigt, die laut Getreideabkommen in einem speziell eingerichteten Zentrum zusammenarbeiten, teilte eine UN-Sprecherin in Istanbul mit. Russland unternahm zunächst nichts gegen die Frachter. Die Lieferungen aus der Ukraine sind vor allem für Länder Afrikas und Asiens extrem wichtig.

Lob Selenskyjs für die Luftabwehr

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj unterstrich nach den russischen Raketenangriffen vom Montag die Erfolge der Flugabwehr. Von etwa 50 russischen Marschflugkörpern und Raketen seien 45 abgeschossen worden, sagte er in seiner Videobotschaft. Sein Land brauche weitere Waffen zur Abwehr der Angriffe aus der Luft, forderte er. Schon jetzt müsse Russland für einen Treffer mehr Raketen einsetzen als früher. Das von Deutschland gelieferte Luftabwehrsystem Iris-T wurde von den Ukrainern als sehr treffsicher gelobt. Kommendes Jahr sollen drei weitere solcher Abfangwaffen folgen.

Bomben-Vorwurf: IAEA beginnt Inspektionen in der Ukraine

Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hat nach russischen Vorwürfen, Kiew wolle eine »schmutzige Bombe« einsetzen, mit ihren geplanten Inspektionen in der Ukraine begonnen, wie Behördenchef Rafael Grossi mitteilte. Überprüft werden demnach zwei Standorte, um mögliche nicht deklarierte nukleare Aktivitäten und Materialien aufzuspüren. Kiew hatte die russischen Vorwürfe dementiert und um eine IAEA-Mission gebeten.

© dpa-infocom, dpa:221101-99-336144/14