Logo
Aktuell Ausland

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Russland dreht im Ukraine-Krieg weiter an der Eskalationsschraube. Moskau droht mit dem Abschuss westlicher Satelliten. Im Propagandakrieg kommt es aber auch zu einem Rohrkrepierer. Die News im Überblick.

Ukraine-Krieg - Kramatorsk
Ein Anwohner geht im Hof eines kleinen Geschäfts in Kramatorsk spazieren, das nach einem russischen Angriff beschädigt wurde. Foto: Andriy Andriyenko
Ein Anwohner geht im Hof eines kleinen Geschäfts in Kramatorsk spazieren, das nach einem russischen Angriff beschädigt wurde.
Foto: Andriy Andriyenko

Russland hat mit dem Angriff auf kommerzielle US-Satelliten gedroht, sollten diese im Ukraine-Krieg weiter zur Datenweitergabe an Kiew genutzt werden.

Es sei eine gefährliche Tendenz, dass die USA zivile Satelliten für militärische Konflikte nutzten, sagte Konstantin Woronzow, ein Vertreter des russischen Außenministeriums bei den Vereinten Nationen, nach einer Meldung der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass.

Die US-Regierung warnte Moskau vor solchen Angriffen. »Ich möchte nur sagen, dass es auf jeden Angriff auf die US-Infrastruktur eine Reaktion geben wird, und zwar eine, die der Bedrohung unserer Infrastruktur angemessen ist«, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby.

Russlands Versuch nachzuweisen, die Ukraine arbeite an einer »schmutzigen« - also atomar verseuchten - Bombe, ging derweil schief. Ein vom Außenministerium veröffentlichtes angebliches Foto ukrainischen Nuklearmaterials war offenbar zwölf Jahre alt und zeigt Medienberichten zufolge alte Rauchmelder in Slowenien. Rund um Kiew gab es nach ukrainischen Angaben wieder russische Luftangriffe.

Moskau: Satelliten könnten zu einem legitimen Ziel werden

Der russische Diplomat Woronzow begründete die Drohung, Satelliten abzuschießen, mit deren Nutzen für die ukrainische Armee. »Die quasi-zivile Infrastruktur kann damit zum legitimen Ziel eines Gegenschlags werden«, warnte er. Der Westen setze die zivile Raumfahrt, aber auch viele soziale und wirtschaftliche Projekte auf der Erde einem Risiko aus.

Beim ukrainischen Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren spielen Satellitenbilder für die Aufklärung eine bedeutende Rolle. Westliche Staaten stellen Kiew dabei Daten für die Verteidigung zur Verfügung. Ein möglicher Abschuss von Satelliten ist keine leere Drohung. Im vergangenen November hatte Russland einen eigenen Satelliten in der Umlaufbahn mit einer Laserwaffe zerstört.

Selenskyj klagt über Terror gegen Energiesektor

Wegen neuer Schäden an der Energieversorgung drohen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew noch drastischere Stromabschaltungen. Bei einem russischen Angriff auf eine Anlage im Umland seien »ernsthafte Schäden« entstanden, teilte der Versorger Yasno mit. Dadurch fehle für die Millionen-Metropole etwa ein Drittel der notwendigen Leistung. »Es könnte passieren, dass halb Kiew ohne Licht dasitzt«, hieß es.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland Terror vor. »Russische Terroristen haben so schwierige Bedingungen für unsere Energiearbeiter geschaffen, dass niemand in Europa jemals zuvor so etwas gesehen oder erlebt hat«, sagte er am Mittwoch in seiner täglichen Videoansprache. Im Süden im Gebiet Odessa fingen die Ukrainer nach eigenen Angaben 19 von 20 russischen Drohnen ab. Diese Militärangaben waren nicht unabhängig überprüfbar.

Drohnenangriff auf Kraftwerk in Sewastopol auf der Krim

Ein Kraftwerk in Sewastopol auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim ist nach Behördenangaben von einer Drohne angegriffen worden. Bei dem Angriff in der Nacht zu Donnerstag sei ein Transformator in Brand gesetzt worden, der zu der Zeit aber nicht am Netz gewesen sei, teilte Stadtchef Michail Raswoschajew mit. Niemand sei verletzt worden, Auswirkungen auf die Stromversorgung der Hafenstadt gebe es nicht. Die Drohne sei noch beim Anflug auf das Kraftwerk abgefangen worden, schrieb Raswoschajew auf Telegram. Sewastopol ist wichtig als Basis der russischen Schwarzmeerflotte.

Kreml dementiert Gesprächsangebot

Russland hat Äußerungen des Präsidenten des westafrikanischen Landes Guinea-Bissau, Umaro Sissoco Embaló, zu einem Gesprächsangebot von Kremlchef Wladimir Putin an Selenskyj zurückgewiesen. »Es gab in diesem Fall keine bestimmte Botschaft - davon war keine Rede«, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Bei einer Pressekonferenz am Mittwochabend mit Selenskyj in Kiew hatte Embaló nach seinem vorangegangenen Moskau-Besuch davon gesprochen, Putin habe sich zu Gesprächen bereit gezeigt.

Embaló wollte sich in Moskau und Kiew vor allem für weitere ukrainische Getreideexporte einsetzen. Russland droht, das UN-Programm nicht zu verlängern. Die Ukraine wirft Moskau vor, 175 Getreidefrachter zu blockieren.

Russland zeigt offenbar falsche Belege für Atomvorwürfe

Eines der Bilder, das auf dem englischsprachigen Twitter-Account des russischen Außenministeriums auftauchte, gehöre der slowenischen Agentur für radioaktive Abfälle und stamme aus dem Jahr 2010, berichtete die Internetzeitung »Ukrajinska Prawda«. »Entwicklung der 'schmutzigen Bombe'« ist das Foto überschrieben.

Darin sind Elemente in Plastikbeuteln zu sehen, die mit dem Warnsymbol für Radioaktivität gekennzeichnet sind. Atomexperten der slowenischen Regierung hatten das Bild wiedererkannt: Auf dem Foto seien Rauchdetektoren zu sehen, hieß es. Der russische Vorwurf eines geplanten Einsatzes einer radioaktiven Bombe durch Kiew wird im Westen als möglicher Vorwand für eine weitere Eskalation des Kriegs gedeutet.

Ukraine stockt Militärausgaben um zehn Milliarden Euro auf

Die Ukraine stockt ihre Militärausgaben bis zum Jahresende um umgerechnet etwa zehn Milliarden Euro auf. Präsident Wolodymyr Selenskyj unterzeichnete dazu eine entsprechende Änderung des Staatshaushalts. Dem neuen Etat zufolge sind bis Jahresende 386,9 Milliarden Hrywnja (knapp 10,5 Milliarden Euro) an zusätzlichen Ausgaben vorgesehen. Den Löwenanteil (knapp zehn Milliarden Euro) erhält das Verteidigungsministerium. Der Rest wird auf die übrigen Sicherheitsorgane aufgeteilt.

Ministerpräsident Denys Schmyhal bezifferte im Juli die monatlichen Ausgaben auf 130 Milliarden Hrywnja (3,5 Milliarden Euro). Zudem erhält Kiew Waffenhilfe aus dem Westen in Milliardenhöhe. Im kommenden Jahr sind bislang vom Staat umgerechnet rund 30 Milliarden Euro eingeplant.

Neues Selenskyj-Profilbild für soziale Netzwerke

Vom Anzugträger zum Feldherrn mit Bart und im olivgrünen Militärhemd - Selenskyj hat acht Monate nach Kriegsbeginn sein Profilbild für soziale Medien ausgewechselt. Das Foto löste am Donnerstag ein Foto ab, das der 44-Jährige in Abwandlungen seit 2020 genutzt hatte. Darauf lächelte der frühere TV-Entertainer in Schlips und Anzug noch direkt in die Kamera. Um seinen Landsleute Mut zu machen und internationale Unterstützung zu mobilisieren, nutzt Selenskyj geschickt soziale Netzwerke.

© dpa-infocom, dpa:221027-99-277371/13