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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Die Notabschaltung verlief ohne ernste Folgen, doch die Lage rund ums ukrainische AKW Saporischschja bleibt gefährlich. Erneut wird das Kraftwerk beschossen. Die News im Überblick.

AKW Saporischschja
Satellitenbilder von Planet Labs PBC zeigen Rauch, der von Bränden im Kernkraftwerk Saporischschja aufsteigt. Foto: Planet Labs Pbc
Satellitenbilder von Planet Labs PBC zeigen Rauch, der von Bränden im Kernkraftwerk Saporischschja aufsteigt.
Foto: Planet Labs Pbc

Die Sorgen um das von russischen Truppen besetzte AKW Saporischschja im Süden der Ukraine ebben nicht ab. Beide Kriegsparteien warfen sich am Samstag zum wiederholten Male gegenseitig vor, hinter dem Beschuss des größten europäischen Atomkraftwerks zu stecken.

Nach Angaben des staatlichen ukrainischen Betreiberkonzerns Enerhoatom ist die Infrastruktur des AKW inzwischen beschädigt. Es bestehe die Gefahr, das radioaktive Stoffe und Wasserstoff freigesetzt würden. Auch die Gefahr eines Brandes sei hoch.

Unterdessen verstärkte Russland, das den Krieg vor mehr als einem Jahr begonnen hatte, nach britischen Erkenntnissen seine Angriffe im Osten des Nachbarlands. Auf Erlass von Präsident Wladimir Putin sollen Ukrainer, die wegen der Kämpfe nach Russland geflüchtet sind, monatliche Sozialleistungen erhalten. In Deutschland schaltete sich die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), in die Debatte um Waffenlieferungen für die Ukraine ein - mit Kritik an der SPD-geführten Bundesregierung.

AKW-Beschuss: Moskau und Kiew beschuldigen sich gegenseitig

Die ukrainischen Betreiber von Saporischschja warfen Russland vor, die Anlage innerhalb eines Tages mehrfach beschossen zu haben. Moskau wiederum bezichtigte Kiew, verantwortlich zu sein. Dem russischen Verteidigungsministerium zufolge wurde dass AKW binnen 24 Stunden dreimal mit Artillerie von ukrainischer Seite beschossen. Die Angaben ließen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen. Moskau zufolge schlugen Geschosse auch in der Nähe von Lagern mit Brennstäben und radioaktiven Abfällen ein. Die Strahlung liege aber im normalen Bereich.

Das Atomkraftwerk war am Donnerstag nach einer Notabschaltung zeitweilig vom ukrainischen Stromnetz getrennt. Inzwischen sind zwei Blöcke wieder am Netz, wie Enerhoatom mitteilte. Das AKW wird von russischen Truppen seit März besetzt. Das Personal kommt aus der Ukraine. Alle Appelle, unabhängige Experten aus dem Ausland in das Kraftwerk zu lassen, brachten bislang keinen Erfolg.

London: Russland will ukrainische Truppen im Osten binden

Der Krieg wütet auch in anderen Orten weiter. Nach britischen Erkenntnissen verstärkte Russland seine Angriffe nahe der Großstadt Donezk in den vergangenen Tagen wieder. Damit sollten vermutlich ukrainische Truppen gebunden werden, um eine Gegenoffensive im Süden zu erschweren, hieß es aus dem Verteidigungsministerium in London. Insgesamt hätten die russischen Einheiten aber nur wenig Gelände gewonnen.

Unterwasserdrohnen sollen Seeminen aufspüren

Großbritannien will der Ukraine sechs Unterwasserdrohnen besorgen, damit diese vor der Küste russische Seeminen aufspüren. Die ferngesteuerten Geräte sollen Minen bis zu 100 Meter Tiefe aufspüren. Zudem wird ukrainisches Personal in Großbritannien an den Geräten ausgebildet. Dies solle auch dazu beitragen, die Fahrt für Getreidefrachter sicherer zu machen, hieß es aus dem Ministerium.

Russland zahlt Flüchtlingen aus Ukraine Sozialleistungen

Putin unterzeichnete unterdessen ein Dekret, wonach geflüchtete Rentner aus der Ukraine vom russischen Staat monatlich 10 000 Rubel (rund 166 Euro) erhalten. Geflüchtete Frauen sollen bei der Geburt eines Kindes einmalig 20 000 Rubel bekommen. Millionen Menschen sind auf der Flucht - viele im Land selbst und besonders in der Europäischen Union, aber auch in Russland. Die russischen Behörden sprachen Anfang August von mehr als 3,2 Millionen Flüchtlingen.

Wehrbeauftragte verärgert

Die Wehrbeauftragte Högl kritisierte im Deutschlandfunk, dass die Bundesregierung den Export von Schützenpanzern an die Ukraine bisher nicht freigegeben habe. »Die «Marder», die jetzt bei der Industrie noch verfügbar sind, die stehen ja im Moment nicht der Truppe zur Verfügung, und deswegen wären die auch gut geeignet, um die Ukraine zu unterstützen.« Die Panzer werden derzeit vom Rüstungskonzern Rheinmetall instandgesetzt. Zuletzt wuchs auch in der Ampel-Koalition wieder der Druck, der Ukraine mehr schwere Waffen zu liefern.

Medwedew rechtfertigt Überfall auf die Ukraine

Mehr als ein halbes Jahr nach Beginn der Invasion verteidigte der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew das Vorgehen. »Es wird sogar eine militärische Spezialoperation durchgeführt, damit es nicht zum Dritten Weltkrieg kommt«, sagte Medwedew dem französischen Fernsehsender LCI. Ungeachtet der vielen zivilen Opfer nannte der jetzige Vizechef des nationalen Sicherheitsrats das Vorgehen in der Ukraine »maximal schonend und gemäßigt«.

Immer wieder stellt Russland den Krieg gegen die Ukraine, den es Ende Februar selbst begonnen hat, als angeblich notwendige Maßnahme zum Schutz der eigenen Bevölkerung dar. Medwedew betonte, Russland habe derzeit nicht vor, Atomwaffen einzusetzen. Der Vertraute von Kremlchef Putin war zwischen 2008 und 2012 selbst Präsident.

© dpa-infocom, dpa:220827-99-531299/10