Die geplante Bezahlkarte für Asylbewerber sorgt für Krach in der Ampel-Koalition. Knackpunkt ist die Frage, ob für die Einführung der Karte eine bundesgesetzliche Regelung nötig oder zumindest sinnvoll ist.
Vertreter der Fraktionen von FDP und SPD sowie der Chef der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU), sprachen sich am Wochenende dafür aus. Hingegen halten die Grünen im Bundestag die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten für ausreichend.
Kubicki droht mit Aussetzen der Koaliton
FDP-Fraktionsvize Wolfgang Kubicki drohte mit dem Bruch der Koalition. Er sagte »Bild«: »Sollten die Grünen diesen minimalinvasiven Eingriff in das Asylbewerberleistungsgesetz tatsächlich torpedieren, stellt das die Fortsetzung der Koalition infrage.«
14 von 16 Bundesländern hatten sich Ende Januar auf ein gemeinsames Vergabeverfahren zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt, das bis zum Sommer abgeschlossen sein soll. Mit der Karte soll unter anderem verhindert werden, dass Flüchtlinge Geld an Schlepper oder an ihre Familie oder Freunde ins Ausland überweisen.
Der Vize-Fraktionschef der FDP, Konstantin Kuhle, sagte, der Bund solle die rechtliche Grundlage für den Einsatz von Bezahlkarten erweitern. »Dazu gehört etwa, dass der Vorrang von Geldleistungen bei der Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen gestrichen wird. Das macht Bezahlkarten in mehr Konstellationen nutzbar und erleichtert so die bundesweite Einführung«, sagte Kuhle der Deutschen Presse-Agentur und dem »Tagesspiegel«.
Kritik an den Grünen
Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann sagte, das Bundesarbeitsministerium habe bereits eine beschlussreife Formulierung geliefert. »Es geht hier um einen bundeseinheitlichen Rahmen. Der Verwaltungsaufwand muss bei den Kommunen durch kostengünstige, einheitliche Modelle reduziert werden«, erklärte er.
FDP-Chef Christian Lindner nannte den Widerstand der Grünen überraschend. »Die Grünen dürfen einen Konsens aller demokratischen Parteien nicht gefährden«, sagte er dem »Münchner Merkur«. Die Bezahlkarte könne dazu beitragen, dass eine erhebliche Zahl an Asylbewerbern ausreisen werde, »weil unser Sozialstaat plötzlich nicht mehr so attraktiv ist«.
Hingegen teilte der Vize-Fraktionschef der Grünen, Andreas Audretsch, mit: »Es war gemeinsame Haltung in der Koalition, dass die Länder die Bezahlkarte rechtssicher einführen können. Verschiedene Länder wie Hamburg oder Bayern tun dies auch bereits. Änderungen sind deshalb nicht nötig und nicht verabredet. Für Chaos, Ablenkungsdebatten und schlechtes Management aus dem Kanzleramt stehen wir nicht zur Verfügung.«
MPK-Chef fordert Machtwort von Scholz
Tatsächlich hatte Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) im Oktober einen Brief an Audretsch geschrieben, aus dem hervorgeht, dass »keine gesetzliche Änderung« notwendig sei. Das Schreiben liegt der dpa vor. Es bezieht sich auf eine Passage, in der es um die Nutzung von Sachleistungen anstelle von Geldleistungen für Asylbewerber geht.
Eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums bestätigte hingegen auf Anfrage der dpa, dass im Auftrag einer Arbeitsgruppe der Länder eine Formulierungshilfe erarbeitet worden sei. Sie sehe vor, »dass die Leistungsform der Bezahlkarte ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen wird«. Dem sei ein Austausch zwischen Hessen als Vorsitzland der MPK, dem Co-Vorsitzland Niedersachsen und dem Bundesarbeitsministerium vorausgegangen. Dabei sei es um erforderliche Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz gegangen, um einheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen.
MPK-Chef Rhein warf den Grünen nun eine »Blockade« vor und forderte ein Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD). »Der Bundeskanzler muss jetzt ein Machtwort sprechen für einen realpolitischen Kurs der Ampel bei der Migration«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Bezahlkarte sei ein wichtiger Schritt, »um Anreize für irreguläre Migration zu senken, Missbrauch von Asylleistungen zu verhindern und Schleuser zu bekämpfen«.
Die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, sprach von einer »populistisch aufgeladenen Scheindebatte, die vom eigentlichen Problem ablenkt«. »Anstrengungen müssen vor allem auf die schnelle Arbeitsmarktintegration gerichtet sein«, teilte sie mit. »Das hilft bei der Bewältigung unseres Arbeitskräftemangels und führt dazu, dass Menschen ihren Lebensunterhalt selbst erwirtschaften können.«
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